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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Lanze ist alles andere als gewöhnlich. Du siehst sie nur selten, vor allem in den Nordlanden. Sie wurde in Mambara entwickelt, einem Land weit hinter dem Sultanat. Das Besondere an ihr sind der Schaft und das Metall der Klinge. Euch Menschen ist das vielleicht nicht aufgefallen, aber Egrassa und mir hat ein einziger Blick gereicht. Und Hallas dürfte es auch nicht entgangen sein, selbst wenn der verdammte Bartwicht keinen Ton gesagt hat.«
    »Und was ist mit dem Schaft und dem Metall?«
    »Am Schaft sind alte Runen, zugegeben, sie sind kaum zu erkennen. Das ist die erste Sprache der Gnome, noch aus der Zeit Grahels und Tschigsans, diesen beiden Großen Brüdern, dem ersten Zwerg und dem ersten Gnom. Frag mich nicht, was da steht, ich bin Soldat, kein Gelehrter. Jedenfalls durchbohrst du mit einer solchen Lanze jeden magischen Schild.«
    »Oh!«
    »Eben! Und die Klinge besteht aus einem Metall, das im Zeitalter der Vollendungen Rauchstahl hieß. Hast du davon schon mal gehört?«
    »Nein.«
    »Wundert mich nicht. Nach dem Purpurnen Zeitalter ist das Geheimnis dieser Legierung verloren gegangen. Für immer, wie ich fürchte. Aber früher … da haben Gnome und Zwerge zusammengearbeitet. Die einen haben Erz abgebaut und Stahl erzeugt, die anderen haben ihn geformt und magisch aufgeladen. Selbst der Singende Stahl war nie so gut wie der Rauchstahl. Der hat nämlich einfach alles durchschnitten, sei es nun ein Seidentuch, ein Stein oder eine solide Rüstung.«
    »Wie viel kostet Rauchstahl?«, fragte ich.
    »Viel«, antwortete Deler grinsend. »So viel, dass sich eine solche Klinge nur der König und die Grauen leisten können. Stell dir vor, du stehst Soldaten mit schwerem Harnisch und Schild gegenüber. Mit einem einfachen Schwert richtest du nichts gegen sie aus, aber mit dieser Lanze schlägst du nur einmal auf einen Helm ein, und die Klinge fährt durch deinen Gegner wie ein Messer durch Butter und teilt ihn samt Helm, Harnisch und Schild in zwei gleiche Hälften.«
    »Dann muss diese Lanze wirklich ein hübsches Sümmchen kosten.«
    »Pah!« Ich fing mir einen verächtlichen Blick von Deler ein. »Schenk sie dem König, und du kannst ihn um ein Herzogtum bitten, obendrein um hundert Schiffe, einen Sommerpalast und noch jede Menge …«
    »Bedauerst du, sie nicht an dich genommen zu haben?«, unterbrach ich ihn.
    »Ein wenig schon«, räumte Deler ein. »Aber wirklich nur ein wenig. Hallas und ich sind zu klein für eine solche Waffe. Außerdem bin ich an meine Streitaxt gewöhnt. Aber mir ist kurz der wahnwitzige Gedanke durch den Kopf geschossen, unsere Meister könnten diese Lanze untersuchen. Vielleicht kämen sie dann ja dahinter, wie man Rauchstahl herstellt. Aber gut, lassen wir das. Ohne die Gnome sind uns eh die Hände gebunden.«
    »Dann versöhnt euch doch wieder.«
    »Ist dir eigentlich klar, was du da vorschlägst?«, schnaubte Deler. »Eine Vase aus tiefländischem Porzellan, die in tausend kleine Stücke zersprungen ist, kittest du ja auch nicht wieder. Genauso wenig wie die Freundschaft zwischen Gnomen und Zwergen.«
    »Aber Hallas und du, ihr seid doch Freunde.«
    »Wir sind eine Ausnahme.« Der Zwerg schielte zu dem schlafenden Gnom hinüber. »Wir machen Ausfälle in die Öden Lande, ich muss ihm also vertrauen.«
    Hallas und Deler waren wirklich ein besonderer Fall. Einen Zwerg und einen Gnom, in trauter Freundschaft vereint, das sah man heute selten. Seit den Purpurnen Jahren herrschte bitterer Hass zwischen diesen beiden verwandten Völkern. Der Auszug der Gnome aus dem Zwergengebirge in die Stählernen Schächte Issyliens, die Schlacht auf dem Sornfeld – all das stand zwischen ihnen.
    »Geh jetzt schlafen, Garrett.« Deler warf einen weiteren Scheit ins Feuer. »Morgen steht uns ein harter Tag bevor, da willst du dich doch nicht wie ein gekochter Fisch fühlen. Oder eiferst du dem Elfen nach?«
    »Egrassa schläft auch nicht?«
    »Richtig. Er ist da drüben, etwas abseits.«
    »Dann geh ich noch kurz zu ihm.«
    Deler winkte nur ab, als wollte er sagen, ja, ja, nur zu.
    Es tagte schon fast, die Sterne verblassten allmählich, der Vollmond wurde fahler. Egrassa hockte gut zwanzig Yard vom Lager entfernt auf dem Boden. Er hob sich als dunkle Silhouette vor dem hellen Stamm einer Goldbirke ab. Seine Augen waren geschlossen.
    Als das Gras unter meinen Füßen raschelte, machte Egrassa eine kaum merkliche Bewegung – und schon lauerte ein Pfeil darauf, den Bogen zu verlassen. Ich blieb stehen,

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