Schattentänzer
weiter wartete eine Falle auf sie, die sie in blutigen Brei verwandeln würde – und ich spielte nicht mal mit dem Gedanken, sie zu warnen.
Eine weniger schöne Neuigkeit war, dass es offenbar auch Balistan Pargaide und Lathressa bis zur zweiten Terrasse geschafft hatten. Ich konnte nur hoffen, dass sie inzwischen jede Menge Männer eingebüßt hatten.
Kaum waren die beiden Soldaten außer Sichtweite, sprang ich nach unten und machte mich in den Gang davon, aus dem die beiden Kerle gekommen waren. Vor mir lag ein gerader Weg, die reinste Paradestraße. Und da die beiden Hohlköpfe alle Fallen in ihm hätten auslösen müssen, brauchte ich nicht mit einem Hinterhalt zu rechnen und durfte kühn ausschreiten. Die nächsten sechs Säle durchmaß ich im Laufschritt (auch um Abstand zwischen mich und die beiden Irrvögel zu bringen, sollten die womöglich kehrtmachen).
Der siebte Saal zeigte sich dann von schwarzen Schlünden durchlöchert. Die Gänge führten in alle Richtungen. Ich konsultierte die Karten und entschied mich für den vierten Gang von rechts. Der wirkte reichlich merkwürdig, knickte nach sieben Schritten scharf nach links ab, nach weiteren sieben noch einmal, anschließend nach rechts und so fort. Die reinste Schlange, geschaffen von einem wahnsinnigen Kind. Obendrein war er dermaßen eng, dass ich mich an einigen Stellen seitwärts hindurchquetschen musste.
Als ich endlich die nächste Treppe erreichte, sandte ich Sagoth ein Gebet. Hier warteten zwei Standbilder auf mich, jene Kreaturen, die ich bereits kannte, diese Zwitter aus Vogel und Bär. In wessen krankem Hirn wohl die Idee gekeimt war, solche Viecher zu schaffen? Mit Sicherheit nicht in einem menschlichen.
Je weiter ich die Stufen hinabstieg, desto höher lag die Decke. Und desto dunkler wurde es.
Die Treppe mündete in einen riesigen, finsteren Saal. Gerade als ich ein »Feuer« herauskramen wollte, erstrahlte im Boden ein greller Pfad, der auf die gegenüberliegende Wand zuschoss. Dann loderte auf dieser ein Rechteck auf. Aus der Entfernung begriff ich nicht gleich, um was es sich handelte. Und als ich es dann doch begriff … dankte ich Sagoth.
Vor mir schimmerte das Flügeltor.
Kapitel 5
Durch des Schlummernden Raunens Ruhestatt
Das Echo meiner Schritte hallte von dem mit weißen Marmorplatten ausgelegten Boden wider, schwirrte gleich einer Fledermaus, die das Fackellicht aufgeschreckt hatte, unter der Decke und vermehrte sich.
Am liebsten hätte ich diesen Pfad verlassen und mich ins Dunkel verkrochen – wenn er nicht eigens dazu geschaffen worden wäre, auf ihm zum Flügeltor zu gelangen. Sagoth allein wusste, was mir drohte, wenn ich ihn nicht nahm.
Das Flügeltor kam näher und näher, ich würdigte es jedoch keines Blickes. Meine ganze Aufmerksamkeit galt den Fliesen, die jeweils erloschen, sobald ich über sie gegangen war. Hinter mir ballte sich undurchdringliche Finsternis zusammen. Kein sonderlich angenehmes Gefühl.
Vorm Flügeltor bildeten zwei Dutzend Fliesen ein unregelmäßiges Halbrund mit einem Durchmesser von etwa zwanzig Yard. Rechts und links vom Flügeltor zweigte je ein Gang ab, in dem kleine Feuer brannten, die ein fahles blaues Licht spendeten, das sich in einen feinen Rauch von gleicher Farbe auflöste. Wohin diese Gänge führten, wusste ich nicht. In den Karten waren sie nicht eingezeichnet.
Ich zog die Handschuhe aus und berührte vorsichtig die Oberfläche des Flügeltors. Sie war so warm, als brannte in ihr eine schwache Flamme, gleichzeitig wirkte sie jedoch so kalt, als sei das Tor aus schwarzem Eis gehauen. Und sie war sehr glatt. Was das wohl für ein Material sein mochte, das so stark an mattes schwarzes Glas erinnerte? Im Übrigen war ich bereit, die Einkünfte der nächsten einhundert Kontrakte darauf zu verwetten, dass dieses Tor selbst dann nicht erzittern würde, wenn eine Horde Riesen oder eine Armee aus Magiern jeglicher Couleur es rammte.
Die Elfen hatten ganze Arbeit geleistet. Ohne Schlüssel wäre dies das Ende meiner Reise gewesen. (Ich stellte mir vor, wie die Orks gewütet hatten, als sie entdeckten, dass ihnen der einfachste Weg zu den Gräbern ihrer Ahnen bis ans Ende der Zeiten verschlossen sein sollte.)
Obwohl das Tor in einem dunkelblauen Licht schimmerte, vermochte ich nicht zu sagen, wo ein Flügel an den anderen stieß. Selbst als ich mit der Hand über das Tor fuhr, fand ich die Stelle nicht. Die Fläche wies keine einzige Unebenheit auf, von den meisterhaft
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