Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
und durch blauen Sirup zu schwimmen.
    Der Boden war mit weißen, golden geäderten Marmorfliesen ausgelegt. Zum Glück leuchtete er jedoch nicht. Das Trampeln meiner Verfolger war ebenso gut zu hören wie ihr Kampfgeschrei. Wussten diese Stumpfhirne denn nicht, wie abträglich es der Gesundheit sein konnte, an einem Ort wie Hrad Spine derart herumzubrüllen? Immerhin gestattete es mir mein Vorsprung, mich umzudrehen, um abzuschätzen, wie meine Aussichten standen, die heutige Hatz zu überleben.
    Im Gang wölkte dichter Nebel, die Sicht lag unter fünfzig Schritt. Da mich aber eine weit größere Entfernung von meinen Verfolgern trennte, vermochte ich niemanden zu entdecken.
    Ob ich Balistan Pargaide ein Schnippchen schlagen konnte? An beiden Seiten des Ganges zog sich ein breiter Sockel die Wand entlang, von dem mich zweimannshohe Gargoyles mit gebleckten Zähnen anstarrten.
    Der Bildhauer hatte sie als Monster mit menschlichem Schädel und überlangen, dreifingrigen Pfoten geschaffen. Sie neigten sich vor und schienen gleich lebendig werden und in den Gang springen zu wollen. Mein Plan konnte durchaus gelingen.
    Ich erklomm den Sockel, stützte mich mit einem Bein am Schenkel eines Wasserspeiers ab, legte einen Arm um den Hals der Statue, zog mich hoch und quetschte mich in den Hohlraum zwischen Rücken und Wand.
    Hervorragend. Selbst wenn meine Verfolger nach oben sähen, würden sie mich nicht entdecken, wohingegen ich alles prächtig im Auge behielte.
    Kurz vermeinte ich, der steinerne Rücken des Gargoyles zittere, doch war dies nur eine Täuschung. Ich nahm die Armbrust zur Hand und wartete auf meine Gäste.
    Zehn lange Sekunden später erschienen meine Häscher. Graf Balistan Pargaide hatte vier Soldaten nach mir ausgeschickt. Die Kerle unterschieden sich durch nichts von den beiden, die sich in der zweiten Terrasse verirrt hatten. Kettenhemden, Schwerter und der heiße Wunsch, einen gewissen Garrett in die Finger zu kriegen, der seelenruhig (ha! ha!) die Gefahr im Rücken eines Wasserspeiers unter sich vorüberziehen ließ.
    Wie ich angenommen hatte, sahen die Burschen weder nach links noch nach rechts, dazu waren sie viel zu sehr mit Schnaufen und dem Fuchteln mit ihren Schwertern beschäftigt. Das Quartett eilte an meinem Versteck vorbei und verschwand im blauen Rauch. Es sei ihnen gegönnt, dachte ich, denn angeblich fördert ein kleiner Dauerlauf ja das körperliche Wohlbefinden. Ich würde in aller Ruhe hier hocken bleiben, bis die Luft rein war.
    Wie gekonnt mich diese Lathressa doch an der Nase herumgeführt hatte! Und ich war ihr auch noch entgegengekommen, indem ich sie unterschätzt hatte! Als wenn ich nicht gewusst hätte, dass diese Dienerin des Herrn eine gefährliche Schamanin war, wie man so schnell keine zweite fand! Wer, wenn nicht sie, hätte den Weg zum Flügeltor finden können, ohne in eine einzige Falle zu tappen?
    Da sie das Tor ohne den Schlüssel jedoch niemals hätte öffnen können, musste Lathressa jenen gütigen Kerl abpassen, der ihr aufschloss. Sobald ich ihr diese Gefälligkeit erwiesen hatte, waren dann Balistan Pargaides Männer auf den Plan getreten. Wenn der Schlüssel selbst mich nicht gewarnt hätte, säße ich jetzt vermutlich nicht hinter einem Wasserspeier – sondern hübsch in der Tinte.
    Ein durchdringender Schmerzensschrei flutete durch den Gang und ließ mich erschrocken aufstöhnen. Es folgte ein flüchtiger Augenblick der Stille, dann erschallte ein zweiter Schrei. Und noch einer. Die Haare standen mir zu Berge. Ich schmiegte mich so eng wie möglich an den Gargoyle.
    »Rette mich, Sagra! Bitte!« Winselnd sprang ein Mann aus dem Rauch heran. Der Einzige von den vieren, die mir gerade eben noch gefolgt waren.
    Er warf sein Schwert fort und stürzte Hals über Kopf zum Flügeltor zurück. Die Kriegsgöttin, die er unablässig um Hilfe anflehte, stellte sich taub. Dafür fanden die Schreie bei jemand anders ein offenes Ohr. Der Gargoyle mir gegenüber drehte nämlich den Kopf in Richtung des kreischenden Soldaten.
    Zunächst glaubte ich an eine Sinnestäuschung, die durch das seltsame Licht im Gang hervorgerufen wurde, aber dann bewegte der Gargoyle die Finger und zuckte mit den Schultern. Und kaum hetzte der Mann unter dem zum Leben erwachenden Wasserspeier hindurch, da sprang das steinerne Monster leichtfüßig vom Sockel und landete mit vollem Gewicht auf dem Soldaten.
    Von dem Fliehenden blieb nicht mehr als ein feuchter Fleck zurück. Ehe er überhaupt

Weitere Kostenlose Bücher