Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
sodass ich lange in den Karten blättern und mühevoll die Krakel mit den Platten auf dem Boden vergleichen musste.
    Die anhaltende Dunkelheit würde mir noch den Verstand rauben! Für ein Stück gut gebratenen Fleisches, einen Krug Bier und einen Sonnenstrahl würde ich mittlerweile meine Seele verkaufen. Immerhin brauchte ich mich nicht um Wasser zu sorgen, davon gab es nämlich mehr als genug. Einmal führte mich mein Weg sogar über eine Brücke, die sich über einen kleinen See spannte.
    Doch irgendwann endete diese Höhle und wich erneut düsteren Sälen. Es wurde wieder wärmer, der muffige Geruch machte einem kaum wahrnehmbaren Leichengestank Platz.
    Und das behagte mir überhaupt nicht. Warum miefte es hier so? Hätte nicht alles, was verfaulen kann, längst verfault sein müssen? Schwer fassbare Ängste stiegen in mir auf.
    Außerdem wehte in den Sälen des Schlummernden Dunkels ein leichter Wind. Er sang irgendwo unter der Decke und gab ein finsteres Summen von sich. Als ich das Geräusch hörte, vermutete ich zunächst, die grauenvollen Stimmen seien zurückgekehrt. Mit schlotternden Knien und kalten Schweiß absondernd, blieb ich stehen und lauschte. Nein, das war nur Wind. Ein weiterer lieblicher Scherz der Baumeister.
    Ich marschierte weiter, bis ich gegen eine Wand stieß. Sie war aus irgendeinem Grund gewölbt, was mich so erstaunte, dass ich das »Feuer« mit ganzer Kraft aufleuchten ließ. Es entriss der Dunkelheit eine riesige Säule. Vierzig Mann wären nötig gewesen, um sie zu umspannen. Von diesen steinernen Monstren gab es gleich mehrere Hundert in diesem Saal. Zwischen ihnen fühlte ich mich klein wie ein Wicht.
    Die ganze Zeit wollte an diesem Ort mit seiner grauen Finsternis, dem Heulen des Windes und dem kaum wahrnehmbaren Leichengeruch eine gewisse Unruhe nicht von mir weichen. Als mir wieder einmal eine Gänsehaut über den Rücken rieselte, fuhr ich herum, vielleicht aus eigenem unerklärlichem Antrieb, vielleicht aber auch, weil Walder es so wollte. Ein flüchtiger Blick genügte, das »Feuer« erst mit der Jacke abzuschirmen und ihm dann zu befehlen, es möge verlöschen.
    Am Eingang des Säulensaals schwebten auf einer Linie kaum auszumachende orangefarbene Punkte. Fackeln. Einige Dutzend Lichter, die bald aufflackerten, bald hinter den Säulen verschwanden, nur um schließlich erneut aufzutauchen und sich langsam, aber unweigerlich in meine Richtung zu bewegen.
    Waren das Balistan Pargaides Männer? Ich konnte es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Die Schar um Lathressa musste längst beträchtlich geschrumpft sein – auf mich hielten jedoch mindestens fünfzig, sechzig Fackelträger zu. Es streifte also noch jemand anders durch den Saal.
    Wenn diese Unbekannten bloß mein »Feuer« nicht bemerkt hatten! Ich huschte hinter eine Säule, um in ihrem Schutz abzuwarten, bis die Gefahr gebannt war.
    Ob diese Kerle nach mir suchten? Oder machten die nur ihren täglichen Spaziergang, der auch eine Besichtigung der hiesigen Sehenswürdigkeiten einschloss? Für alle Fälle hielt ich meine Armbrust bereit und zog mir die Kapuze über den Kopf.
    Der Wind sang immer noch sein Wiegenlied für die Säle des Schlummernden Dunkels. Das Geräusch schmerzte mir in den Ohren, und nichts außer meinem verzweifelt hämmernden Herzen vermochte es zu ersticken. Lange Zeit lauschte ich ausschließlich meinem eigenen Herzschlag und dem Wiegenlied des Windes – bis dann die Figuren immer näher kamen.
    In dem donnernden Schritt ihrer Füße war die Sicherheit von Hausherren zu spüren, die im eigenen Anwesen keine Gefahr fürchteten. Da diese Gestalten heute Abend nicht auf meiner Gästeliste standen, kauerte ich mich zusammen wie eine Maus, die das Nahen einer hungrigen Katze spürt.
    Schon hörte ich das schwere Schnaufen dieser Unbekannten. Einerseits beruhigte mich das, denn wer schnaufte, der lebte. Andererseits …
    Noch ehe ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, konnte ich sie erkennen. Prompt wünschte ich mich zehn League weit weg von hier. Da hielten zum Leben erweckte Statuen, Zeichnungen und Mosaiken auf mich zu! Da zogen jene Zwitter aus Vogel und Bär heran, von denen (mit Sicherheit!) nicht einmal der Orden etwas wusste!
    Vom Wuchs konnten die Vogelbären es mit einem Oger aufnehmen. Ihr Körper war ausgesprochen massiv, fast quadratisch. Die dicken Arme mündeten in gewaltige Pranken, an den nackten Füßen saßen Krallen. Eine lockere veilchenblaue Kutte verhüllte nahezu den

Weitere Kostenlose Bücher