Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
ganzen Körper, nur Arme, Beine und der Kopf ragten aus Schlitzen heraus. Sie schienen mit rotem Fell bewachsen, vielleicht auch mit einem Federkleid bedeckt, das konnte ich nicht genau ausmachen.
    Kein Schmuck, keine Waffen. Die Geschöpfe verströmten Stärke, Sicherheit – und Alter. Nein, nicht einmal Alter, sondern Ewigkeit.
    Dies hier ist ihre Welt , flüsterte Walder plötzlich. Sie kamen nach Siala, als diese Welt entstand. Denn die ersten Lebewesen in Siala waren nicht die Oger und ganz gewiss nicht die Orks. Es waren diese Geschöpfe, die zu Beginn des Dunklen Zeitalters lebten. Einst war ihre Rasse groß. Mit den Ogern, die nun in diesen Tiefen leben, verbindet sie nichts. Ebensowenig mit uns. Sie sind von Grund auf anders. Sieh sie dir genau an, Garrett, denn das sind sie, die Erstgeborenen Kinder dieser Welt.
    Mir war schleierhaft, woher der Erzmagier etwas über diese Vogelbären wusste, doch ich beherzigte seinen Rat.
    Laut schnaufend und im Gänsemarsch zogen die Kreaturen an mir vorbei. Jede Dritte von ihnen hielt etwas in Händen, das ich irrtümlich als Fackel gedeutet hatte. Es waren jedoch knorrige und auf Hochglanz polierte schwarze Holzstäbe, auf die jeweils ein Schädel aufgepflanzt war. Schädel von Elfen und Orks, von Menschen und sogar von Ogern. Sie waren es, die das orangefarbene Licht spendeten, das einer gewöhnlichen Flamme zum Verwechseln ähnelte.
    Figur folgte auf Figur, die Prozession schien kein Ende nehmen zu wollen. Sie strömten dahin, diese Schiffe der Vergangenheit, die auf den Boden der Jahrhunderte gesunken waren, diese Denkmäler einstiger Kraft, und ihre gewaltigen Schatten glitten furchterregend über die Säulen. Schließlich defilierte der letzte, der sechsundachtzigste Wandersmann mit seiner schädelgespickten Fackel an mir vorbei. Danach breitete sich wieder Dunkelheit aus.
    Aus welchen Tiefen kamen diese Wesen? Wie hatten sie all die Jahrtausende in Siala überlebt? Wonach trachteten sie? Ich wusste zwar nicht, ob sie gefährlich waren, dankte aber Sagoth, dass sie mich nicht bemerkt hatten. Weiß das Dunkel, wie sie einen ungebetenen Gast aufgenommen hätten. Vielleicht hätten sie mich ja mit offenen Armen empfangen und mir sogar einen gefahrlosen Weg zu Groks Grab – und damit zum Horn des Regenbogens – gezeigt. Vielleicht hätten sie aber auch ohne lange Vorrede aus meinem Schädel eine neue Fackel angefertigt. Und meine innere Stimme behauptete, Letzteres sei weit wahrscheinlicher.
    Trotzdem durfte ich hier nicht versauern. Und selbst wenn die Vogelbären genau in jene Richtung zogen, in die auch ich musste, galt es, ihnen vorsichtig zu folgen.
    Ich wahrte einigen Abstand, damit meine Schritte nicht zu hören waren und ich nicht – schlimmer noch – in den Lichtkreis dieser Schädellaternen geriet. Von Säule zu Säule huschend, durchmaß ich den gigantischen Saal. Irgendwann zerfiel die Lichterkette vor mir in drei Teile und verschwand in drei Gänge. Erneut triumphierte die Dunkelheit.
    Während der ganzen Zeit hatte ich von diesen Wesen nicht ein Wort gehört. Wohin gingen die Vogelbären nun? Und wozu? Natürlich eilte ich ihnen nicht nach, um sie mit diesen Fragen zu behelligen. Wohin sie auch gegangen sein mochten, unsere Wege trennten sich. Im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne. Mein Weg führte mich in einen unscheinbaren schmalen Gang, der zwischen den beiden letzten Säulen des Saals abzweigte, während die in drei Gruppen aufgeteilten Vogelbären anderen Pfaden folgten.
    Ich war stark versucht, die Karten herauszuholen und mir ein Bild davon zu machen, wohin sich diese Wesen begeben könnten, verbot mir diese gefährliche Neugier jedoch strikt. Je weniger du weißt, desto länger lebst du.
    »Was wollten sie, Walder?«, entfuhr es mir.
    Erstaunlicherweise ließ sich der Erzmagier zu einer Antwort herab. Sie warten, Garrett .
    »Aber auf was denn?!«
    Er schwieg lange. Sehr lange. Ich fand mich schon damit ab, mal wieder keine Antwort zu erhalten.
    Auf eine günstige Gelegenheit. Darauf, in ihre Welt zurückzukehren. Sie sind ein Fehler der Götter, vielleicht auch desjenigen, den sie Schattentänzer nennen. Sie waren ein … ein Experiment, die ersten Wesen. Und beinahe hätten sie Siala ausgelöscht. Dafür wurden sie bestraft. Nun warten sie darauf, dass jemand die Ketten durchtrennt, mit denen sie in den Tiefen der Erde gehalten werden. Sie warten und träumen davon, dass ihre Welt wieder so wird wie einst. Ohne Orks, Oger, Elfen

Weitere Kostenlose Bücher