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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Wasser! Ich verwünschte die gelbäugige Kreatur und hoffte inständig, mein Fluch würde den Sendboten sofort treffen. Seit einer geschlagenen Stunde grübelte ich nun schon, was ich tun sollte.
    Ich misstraute dem Herrn, der erst seine Ränke schmiedete – und mir dann Hilfe anbot. Warum sollte er mit einem Mal nichts mehr dagegen haben, dass ich das Horn des Regenbogens holte? Und ich fürchtete, es könne sich etwas im Wasser verbergen. Außerdem wusste ich nicht, ob ich sechs Minuten lang die Luft anhalten konnte. Andererseits lauerten im Saal immer noch die Toten.
    Wenn ich tauchte, sollte ich wohl besser meine Stiefel anbehalten. Das machte die Sache noch schwerer – aber ohne Stiefel würde ich auf gar keinen Fall durch die Beinernen Paläste ziehen. Folglich musste ich etwas anderes opfern. Die Jacke! Als ich sie auszog, bemerkte ich in den Taschen drei Fläschchen mit magischen Elixieren. Zwei ließen dichten Nebel aufkommen und eigneten sich gut, menschliche Verfolger abzuhängen. Das dritte entlockte mir einen entzückten Aufschrei. Es enthielt eine schwarze Flüssigkeit. Honhel hatte sie mir als Gratisgabe dazugepackt (was für den geizigen Zwerg reichlich merkwürdig war). Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal brauchen könnte. Mit diesem Fläschchen würde ich unter Wasser frei atmen können – zumindest eine Minute lang.
    Nach der Jacke kam die Armbrust dran. Ein letztes Mal betrachtete ich meinen treuen Freund, ehe ich ihn ohne jedes Bedauern auf den Sarkophag legte. Ohne Bolzen nützte mir die Armbrust eh nichts. Was noch? Das Messer? Nein, wenigstens eine Waffe sollte ich behalten. Aber das Rasiermesser, das ich stets im Stiefelschaft trug, durfte der Armbrust Gesellschaft leisten. Die Leinentasche sollte ich ebenfalls mitnehmen. Für das Horn. Und der Pullover, den ich fest in Drokr eingewickelt hatte, blieb besser auch drin. Von den Smaragden behielt ich nur das »Auge« und ein Viertel der kleineren Stücke. Als ich am Boden der Tasche noch ein »Feuer« fand, entfuhr mir ein weiterer freudiger Ausruf.
    Konnte ich noch etwas zurücklassen? Nein. Das Medaillon von Kli-Kli, der Armreif von Egrassa und der Ring des Elfenkönigs wogen fast nichts. Und wer weiß, vielleicht leisteten sie mir ja noch gute Dienste.
    Das war’s. Möge irgendwann jemand diese Dinge finden und zu nutzen wissen.
    Nun gab es kein Zurück mehr.
    Mit dem Gesicht zur Wand und dem Rücken zum Saal ließ ich mich am Deckel des Sarges für den geschätzten Mundschenken des Herzogs hinunter, baumelte kurz in der Luft, löste schließlich die Finger und schoss fünf Yard in die Tiefe – hinein in das Becken.

Kapitel 10

    Die Terrasse zwischen den Terrassen
    Achtundneunzig. Neunundneunzig. Hundert.
    Ich tauchte auf, rang nach Atem und hustete. Die Abendsonne ging bereits am Horizont unter und wärmte schon nicht mehr. Nach einer Stunde im Wasser zitterte ich am ganzen Körper und hatte nur noch einen Wunsch: Aus dem Fluss des Kristallenen Traums herauszukrabbeln, mich abzutrocknen und etwas Warmes zu trinken. Zum Beispiel Wein mit Kräutern.
    »Wie viel?« Fors Stimme riss mich aus meinen Träumen.
    »Einhundertundsiebenundvierzig!«, log ich ungeniert.
    »Du lügst. Du bist nur knapp eine Minute unter Wasser gewesen.«
    Ich bedachte meinen Lehrer mit einem finsteren Blick. For blinzelte in der untergehenden Sonne wie ein Kater und nagte an einem winzigen grünen Apfel.
    »Eine Minute ist auch nicht schlecht!«, rechtfertigte ich mich.
    »Das ist zu wenig!«, widersprach mein Lehrer.
    »Aber es ist kalt.«
    Ich hoffte auf sein Mitleid, aber da hatte ich mich verrechnet. Eher würde ich einem Zwerg Gold aus den Rippen leiern, als For während einer Lehrstunde erweichen!
    »Kalt? Heute ist es ausgesprochen mild.«
    »Du kannst ja mal ins Wasser kommen. Mal sehen, was du dann sagst«, brummte ich mürrisch.
    »Für einen vierzehnjährigen Nichtsnutz redest du einfach zu viel«, erwiderte er – und schon traf mich der Rest des abgenagten Apfels mitten an der Stirn.
    »He!«, meckerte ich und rieb mir beleidigt die getroffene Stelle. »Warum muss ich diesen Quatsch machen und Bass nicht?«
    »Weil aus Bass nie ein anständiger Dieb wird.«
    »Aber aus mir schon?«
    »Wenn du weniger lügst und seltener widersprichst, dann vielleicht.«
    »So oft lüge ich gar nicht!«, ereiferte ich mich.
    »Und du widersprichst wohl auch kaum?«
    Ich war klug genug, dazu zu schweigen.
    »Komm, Kleiner, mach dich ans Werk. Du schaffst es

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