Schattentänzer
mich an. Immer hübsch weiter! Bleib auf Tuchfühlung mit der Wand! Halt nicht inne! Und denk nicht dran, dass all deine Mühen umsonst waren!
Als es unter meinen Schuhsohlen ganz leise knirschte, blieb ich stehen, ging in die Hocke und tastete über den Boden. Meine Finger stießen auf einen kleinen Gegenstand von ungleichmäßiger Form und mit spitzen Rändern. Offenbar ein Knochensplitter. Dann hatte also schon einmal jemand diesen Weg genommen – und hier seine ewige Ruhe gefunden.
Knack, knack, knack.
Das ekelhafte Geräusch brachte mich allmählich in Rage. Und es störte mich. Etwas stimmte hier nicht.
Ich blieb stehen.
Knack.
Was war das nun schon wieder für ein Wunder?! Ich machte ein paar Schritte und lauschte angespannt.
Knack, knack.
Ich blieb stehen.
Knack, knack.
»He da!«, rief ich.
Nichts. Niemand antwortete mir. Kein ziegenverdammtes Echo, um einen Ausdruck von Ohm zu gebrauchen, möge er im Licht weilen. Meine rechte Hand griff von selbst nach dem Messer. Mir schwante, worauf ich mich einstellen musste. Vorsichtig setzte ich mich wieder in Bewegung.
Knack, knack.
Ich blieb stehen – und vernahm das nun bereits vertraute Geräusch.
Das war kein Echo, das waren die Schritte von jemand anders.
Jemand folgte mir! Jemand versuchte, sich meinen Schritten anzupassen und stehen zu bleiben, sobald ich stehen blieb. Hätte er sich nur etwas geschickter angestellt, so hätte ich ihn vermutlich nicht gehört. Ich spitzte noch einmal die Ohren, aber derjenige, der hinter mir herschlich, rührte sich nicht mehr vom Fleck. Alles war totenstill.
Nun schmiegte ich mich gegen die Wand und kämpfte verzweifelt gegen meine Panik an. Jetzt nur keine abrupten Bewegungen machen! Wer weiß, was mein unsichtbarer Weggefährte unternahm, wenn er glaubte, ein Mann hole aus, um ein Messer zu werfen.
Eine Minute lang geschah nichts, dann berührte jemand sehr behutsam meine linke Schulter – und fuhr zurück. Ich musste all meine Willenskraft aufbringen, um nicht aufzuschreien und davonzustürzen. Der Jemand berührte mich erneut, diesmal schon fester. Als ich mich bewegte, ließ er sofort von mir ab.
»Mach, dass du wegkommst!«, krächzte ich mit einer mir unbekannten Stimme.
Keine Antwort.
Dann folgte die dritte Berührung. Ich wollte ihn schon packen, aber das Geschöpf erwies sich als zu geschmeidig und entschlüpfte mir, bevor ich es zu fassen bekam.
»Mach, dass du fortkommst! Hörst du?!«
Keine Antwort.
Doch dann vernahm ich plötzlich: »Mach, dass du fortkommst! Hörst du?!«
Die Stimme desjenigen, der im Dunkeln des Ganges lauerte, war dünn und pfeifend. Es kam mir vor, als ließe er sich jedes einzelne Wort auf der Zunge zergehen.
Nun traf mich ein leichter Schlag gegen die Brust.
»Mach, dass du fortkommst?«, fragte er mich.
Ich sollte mir schnellstens etwas einfallen lassen. Ich kramte in meiner Tasche. Smaragde, noch mehr Smaragde … Eine halbe Tasche voller Smaragde für eine Fackel! Die ganze Tasche! Endlich erwischten meine Finger eines der beiden Fläschchen.
»Hörst du!«, zischte es mir entgegen.
Ich schloss die Augen und warf die Flasche mit dem magischen Elixier auf den Boden. Sie klirrte, Nebel wölkte auf – und jemand schrie verängstigt. Im abziehenden Nebel vermochte ich einen unförmigen, in Schmerzen gekrümmten Schatten zu erkennen. Kurz entschlossen stürzte ich mich auf das Geschöpf. Noch ehe es wieder zu sich gekommen war, hatte ich dreimal mit dem Messer auf es eingestochen.
Bei jedem Stich flammte an der Wunde ein giftgrünes Licht auf. In meiner Panik hatte ich vermutlich kein einziges lebenswichtiges Organ getroffen. Während es fauchte und leuchtendes Blut spuckte, stieß mich das Geschöpf von sich und entschwand behände in die Dunkelheit.
Erst als die Schmerzensschreie des Wesens endgültig verstummt waren, atmete ich tief durch. Die Klinge meines Messers war vollständig mit Blut überzogen, auf dem Boden gab es zahllose giftgrün leuchtende Flecken.
Dank dieses seltsamen Blutes konnte ich immerhin wieder etwas sehen. Die Klinge strahlte förmlich. Die Hand mit dem Messer vorgestreckt ging ich weiter, wobei ich inständig hoffte, dass sich hier nicht noch mehr solcher Monster tummelten.
Erst fünfzig Yard später knackten keine Knochen mehr unter meinen Schuhen. Das Untier war diesen Gang hinuntergerannt, und die Aussicht, ihm in die Arme zu laufen, schmeckte mir gar nicht. Da der Widerling noch mehr Blut verloren hatte, zog sich eine Spur
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