Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
bestimmt, noch ein paarmal zu tauchen, bevor wir nach Hause gehen müssen.«
    »Gut, Lehrer«, willigte ich mit einem schicksalsergebenen Seufzer ein. »Aber wozu ist das eigentlich gut? Ich bin doch kein Fisch!«
    »Es ist sehr wichtig, den Atem anhalten zu können. Je länger du das schaffst, desto größer sind deine Aussichten, am Leben zu bleiben.«
    »Wieso das denn?«
    »Hast du schon mal daran gedacht, dass es in dem Haus, in das du einsteigst, eine Falle mit giftigem Gas geben kann und du die Luft anhalten musst, bis du aus der Gefahrenzone heraus bist? Oder dass dich irgendein gemeiner Kerl von den Piers schmeißt. Und zwar gefesselt. Dann wirst du erst mal eine Weile brauchen, um dich zu befreien. Es kann auch vorkommen, dass du dich unter Wasser vor einem Pfeil in Sicherheit bringen musst. Das sind Gründe genug, die Tränen abzuwischen und deine Übungen fortzusetzen, oder etwa nicht?«
    »Ich heule nicht! Wie oft noch?«
    »Bis du es ohne Mühe zwei Minuten unter Wasser aushältst.«
    »Zwei Minuten?!«, entfuhr es mir entsetzt.
    »Besser noch drei.«
    »Drei?!«
    »Hör mal, Garrett!« Der Meisterdieb sah mich aufmerksam an. »Willst du mein Schüler sein oder mein Echo?«
    »Dein Schüler.«
    »In dem Fall – tauche! Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    Genau darauf hatte ich gehofft. Je länger ich auf For einredete, desto weniger Zeit blieb fürs Tauchen. Bald würde die Sonne ganz versunken sein …
    »Aber die drei Minuten schaffe ich heute ohnehin nicht mehr.«
    »Morgen ist auch noch ein Tag. Außerdem liegt der ganze Sommer vor uns. Und wenn der Winter herangekommen ist, werde ich ein Fass mit Wasser füllen, dann kannst du zu Hause üben.«
    Tolle Aussicht. Und For würde keine Ruhe geben, bis ich mir Kiemen zugelegt hätte und es diese verdammten drei Minuten unter Wasser aushielt. Wütend starrte ich ihn an, seufzte schwer und tauchte unter.
    Der gute, alte For! Ob mein Lehrer damals geahnt hat, dass mir die ewigen Übungen im Fass tatsächlich eines Tages das Leben retten würden?
    In den Beinernen Palästen wirkte das Wasser aufgrund der spärlichen Beleuchtung immer schwarz. Sobald ich jedoch untertauchte, wurde es durchscheinend wie eine Träne. Das »Feuer«, das ich mir am linken Unterarm festgebunden hatte, spendete in diesem Brunnen, den ich tiefer und tiefer hinabtauchte, ausreichend Licht. Nach vier Yard endete er.
    In einer der Wände gab es ein rundes Loch, das war mein Weg. Es folgte ein horizontaler Gang, in dem ich das »Feuer« nicht mehr brauchte, da die Wände fahlgrün strahlten.
    Ich schwamm mit kräftigen Zügen und Beinschlägen vorwärts.
    Eine Minute.
    Der Gang knickte scharf nach oben ab und führte in einen neun Yard hohen Saal, der vollständig unter Wasser stand. Die Wände spendeten genügend Licht, um noch die kleinste Marmorfliese am Boden oder die Darstellungen auf den Deckeln der Steinsärge zu erkennen. Den Durchgang in den nächsten Saal machte ich in einer Wand aus.
    Zwei Minuten.
    Auch hier bot sich der gleiche Anblick. Särge und Statuen an den Wänden, alles von elfischer Schönheit. Keine der Karten wies diese Säle aus, das wusste ich genau. Ich entdeckte den nächsten Durchlass. Allmählich wurde es mir eng um die Brust und schwarz vor Augen. Ich war am Ende meiner Kräfte. Als ich durch das Loch in einen Gang tauchte, loderte es in meinen Lungen. Nun entkorkte ich das Fläschchen. Die schwarze Flüssigkeit vermischte sich langsam mit dem Wasser. Da ich zunächst überhaupt keine Veränderung spürte, fiel ich schon in Panik.
    Drei Minuten.
    In nackter Angst öffnete ich den Mund – und atmete. Die schwarze Flüssigkeit hatte sich im Wasser aufgelöst, mich umgab jetzt eine Art großer Blase. Obwohl das Wasser ungehindert durch die Blase strömte, konnte ich frei atmen. Jedenfalls eine Minute lang.
    Ich schwamm mit verdoppelter Kraft. Der Gang nahm und nahm kein Ende. Dann gabelte er sich in drei Abzweigungen. Welche war die richtige? Die mittlere! Der gerade Weg! Also weiter!
    Kurz bevor die magische Blase platzte, holte ich noch einmal tief Luft. Der Gang endete jäh, der Durchlass im Boden führte senkrecht in die Tiefe. Nach drei Yard schoss ich durch das aufgerissene Maul eines Wasserspeiers in einen Saal hinein. Abertausende von Bläschen, die zur Decke stiegen, nahmen mir weitgehend die Sicht.
    Eine Minute.
    Ich schwamm auf gut Glück weiter, denn die gegenüberliegende Wand sah ich nicht, sosehr ich mich auch anstrengte. Ich versuchte den

Weitere Kostenlose Bücher