Schattentag: Kriminalroman (German Edition)
Ich habe vor Bildschirmen gesessen und Computeranimationen hergestellt, vorwiegend Bildschirmschoner. Ich habe eine Firma gegründet, gemeinsam mit einem Freund, der ebenfalls Computeranimationen herstellen wollte und dessen Namen ich inzwischen vergessen habe, was nicht heißen soll, dass er mir nicht irgendwann, in einem Moment, in dem ich gar nicht damit rechne, wieder einfällt. Fast habe ich den Eindruck, dass mir der Name gerade jetzt auf der Zunge liegt, aber ich täusche mich, denn der Name bleibt, wo so vieles ist, im Dunkel.
Eines der losen Bretter hängt ungünstig, sodass es, angestoßen von einer besonders starken Böe, eine Scheibe einschlägt. Ich zucke zusammen, aber Mara, die schwer auf mir liegt, rührt sich nicht.
»Mara?«
»Hm?«
»Ist da … nicht eine Scheibe zersprungen?«
»Ja … Was für ein Sturm.«
Sie lässt sich auf die Seite fallen, ich spüre erst jetzt, dass ich eine Weile nicht atmen konnte.
»Pass auf wegen der Scherben«, sage ich, und Mara streicht mit den Händen an meiner Wange entlang, bis ich mir wünsche, sie würde nie mehr damit aufhören, und dann sagt sie, rechtzeitig: »Lass uns rausgehen und sehen, wie es ist, im Regen zu tanzen.«
Manchmal fahre ich in einem Aufzug in einem Hochhaus in den elften Stock und nach einer Weile zurück ins Erdgeschoss. Ich schwitze, und während ich zu meinem Wagen laufe, wird es schlimmer, statt nachzulassen. Ich steige ein, drehe den Schlüssel und fahre los. Ab und zu muss ich an Ampeln halten, meine Augen flackern. Dann öffne ich das Fenster, lehne mich nach draußen und spüre, wie der Wind ein wenig Schweiß von meinen Kleidern fegt. Ich komme allmählich zur Ruhe und fahre, weit jenseits der erlaubten Geschwindigkeit, durch verkehrsberuhigte Zonen auf mein Leben zu.
Mit Mara im Regen tanzen:
Ich stelle mir vor, dass Maras Augen mich anfunkeln, ihre Haare sind triefend nass und vom Wind zerzaust, und sie lacht und lacht und lacht und klammert sich an mich, bis ich sie behutsam auf das Bett sinken lasse, wo sie wohlig und verschwenderisch ihr Glück ausatmet, und bald wird sie einschlafen und gut träumen, und ich werde sie fest an mich drücken, nur daran, wie es gewesen ist, mit Mara im Regen zu tanzen, kann ich mich nicht erinnern.
7
Und der Löwe läuft federnd und guter Dinge tiefer in den Wald hinein. Zielstrebig, er scheint genau zu wissen, was er will, sein Schritt ist leicht und sein Gesichtsausdruck immer gleich, der Löwe lächelt und läuft im Schatten saftig grüner Bäume, ab und zu bricht die Sonne durch, und der Himmel ist blau.
Nach einer Weile begegnet der Löwe einer schwarz und weiß gestreiften Katze, die reglos im Schatten eines Baumes sitzt und ihn feindselig mustert. Seine Reise sei hier zu Ende, faucht sie, es sei denn, der Löwe erfülle seine zweite Aufgabe.
»Und die wäre?«, fragt der Löwe.
»Spiel mit mir Ball«, sagt die Katze und zieht hinter ihrem Rücken einen gelben Ball hervor, heller als die Sonne, und wirft ihn mit Wucht in seine Richtung. Der Löwe fängt den Ball und wirft ihn der Katze in die Pfoten, und die Katze wirft ihn wieder zurück und immer so weiter, bis die Katze irgendwann den Ball in ihrem Fell verschwinden lässt und sagt, das sei ein schönes Spiel gewesen, sie habe lange nicht so viel Spaß gehabt. »Allzeit gute Reise!«, ruft sie dem Löwen nach, und der Löwe läuft federnd und guter Dinge tiefer in den Wald hinein.
Eine einfache, nicht zu beantwortende Frage.
Ein weißer sauberer Bungalow in der Abendsonne.
Ein bunter Garten.
Ein winkender Nachbar.
Eine Einfahrt und eine Garage, in der ein Wagen zum Stillstand kommt.
Ein Wagen, der weit jenseits der erlaubten Geschwindigkeit gefahren ist.
Ein Mann, der aus dem Wagen steigt.
Ein Mädchen, das dem Mann entgegenrennt und etwas erzählt, das der Mann sogleich vergisst.
Ein Mann, der schwitzt.
Eine Frau im Türrahmen, die den Mann anlächelt.
Ein Mann, der auf die Frau zugeht.
Ein Kuss auf die Wange.
Eine Umarmung.
Ein Mann, der sich aus der Umarmung löst.
Eine Frau, die sagt, dass es ein wunderschöner Abend sei.
Ein Mann, der ins Badezimmer geht, behutsam die Tür verschließt und sich mit beiden Händen am Waschbecken abstützt.
Ein Mädchen, das nach dem Mann ruft, die Klinke herunterdrückt und fragt, warum denn abgeschlossen sei.
Ein Mann, der dem Mädchen sagt, er komme gleich, sie solle schon mal zu Mama gehen.
Eine Frau, die ruft, das Essen sei fertig.
Ein Mann, der sich die Kleider
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