Schattentag: Kriminalroman (German Edition)
leer, meine glasig.
Im Nebenzimmer stöhnt Laura.
»Kommst du schon?«, fragt Viviana.
Durch die Jalousien bricht Sonne. Schattenspiel. Lila Licht. Der Ventilator surrt vor sich hin. Kalte Luft an meinen Beinen, in regelmäßigen Abständen. Auf meiner Stirn Schweiß, der von Zeit zu Zeit in feuchten Perlen auf Vivianas Rücken tropft.
21
Vera zaubert und
lächelt uneingeschränkt.
Sandra reitet.
Ihr Pferd heißt Lupo und
ist eine Stute.
Klarissa hat eine Affäre mit
einem Friseur.
Mein Kompagnon mit
der Dame an unserem Helpdesk.
Die Dame an unserem Helpdesk heißt
Eva.
Von Zeit zu Zeit,
in regelmäßigen Abständen
sitzen wir bei
uns im Garten und
essen und
sehen Sandra und Olli beim
Herumrennen, beim
Älterwerden zu.
Mein Vater hieß
Hans, meine Mutter
Marlies
meine Tochter Sandra hat bei
der Beerdigung geweint und
die Fahrt dauerte
vier Stunden und
der Garten lag in
Nebel und
Vera zaubert
den Karokönig auf
eine Degenspitze.
Ihre Mutter heißt
Judith und
ich weiß nicht viel über
sie, aber sie lächelt wie Vera und
einmal habe ich vor
dem Spiegel gestanden und
versucht,
dieses Lächeln zu lernen.
Ich sitze in
einem roten Holzhaus und
spüre Heißhunger auf
Chronologie
Mara
ist nicht hier, aber
ihre Stimme in
meinem Kopf
die Art, wie sie
die Worte in die Länge zieht,
wie sie
am Ende des Satzes
obwohl sie eine Aussage trifft
eine Frage zu stellen scheint
Zum Beispiel:
Rennen Sandra und
Olli noch im
Garten herum?
Und wie funktioniert eigentlich
der Trick mit
dem Degen und
den Karten und
Mara musste einen Zug erwischen und
der Hagelschauer ist in
Regen übergegangen und
der Regen in
Wasser, das durch
die Regenrinne abfließt und
von Bäumen tropft und
ich stelle mir Mara vor, so wie
ich mich an sie
erinnern möchte und
es ist einfach, aber
nicht zu beantworten und
der Löwe läuft federnd und
guter Dinge tiefer in den Wald hinein.
Sein Schritt ist federnd und leicht, sein Gesichtsausdruck immer gleich, er läuft im Schatten saftig grüner Bäume, ab und zu bricht die Sonne durch.
Nach einer Weile begegnet der Löwe einer Maus, die zwischen seinen Beinen herumwuselt. Seine Reise sei hier zu Ende, sagt sie, es sei denn, der Löwe erfülle seine achte Aufgabe.
»Und die wäre?«, fragt der Löwe.
»Na, was wohl, guck mal nach oben, was siehst du da?!«
Erst jetzt fällt dem Löwen auf, dass über ihm in einem Baum eine Eule sitzt, die im Begriff zu sein scheint, eine andere Maus in ihren Schlund zu werfen.
»Rette die Maus, rette die Maus!«, sagt die Maus, und der Löwe plustert sich mächtig auf, krallt sich in den Baumstamm und faucht ein Mal kräftig. Die Eule verharrt mit offenem Schnabel in ihrer Bewegung und lässt die Maus nach einer Weile des Abwägens in seine Tatzen fallen.
»Allzeit gute Reise!«, rufen ihm die beiden Mäuse nach, dann fallen sie sich erleichtert in die Arme, die Eule zieht sich beleidigt ins Blätterwerk zurück, und der Löwe läuft federnd und guter Dinge tiefer in den Wald hinein.
Dass ich meinen Mitschüler nach so vielen Jahren wiedersehen würde, hätte ich einfach nicht für möglich gehalten.
Mit Mara auf der Terrasse sitzen.
Sich vorstellen, dass es ewig so weitergeht. Schweigen. Warten.
Schön, dass Mara bei mir ist.
Mara gießt Tee ein, reicht Kuchen und sagt irgendwann: »Hast du Lust, mir eine Geschichte zu erzählen?«
Ich betrachte eine Weile ihren Schattenriss.
»Eine Geschichte mit Anfang und Ende«, erklärt Mara.
»Ich weiß nicht«, sage ich und kaue.
Der Kuchen schmeckt nach Zitrone, im grünen Gras versickert Wasser.
Die Luft ist klar und kalt. Warten. Schweigen.
»Komm schon. Fang einfach an«, sagt Mara.
»Hm.«
»Ohne zu viel nachzudenken.«
»Das ist nicht so einfach.«
»Jetzt mach schon, fang einfach am Anfang an!«
»Am Anfang …«
»Komm, ich weiß, dass du das kannst.«
»Also, ich sitze in einem Restaurant. Wir sind zu
dritt …«
»Wer sind die anderen?«
»Jetzt lass mich doch erzählen. Wir sind zu dritt, und auf dem Tisch liegt ein neongrünes Blatt Papier …«
»Die Geschichte gefällt mir«, sagt Mara und lacht.
»Was ich vergessen habe, wir haben Mittag, obwohl ich natürlich morgens aufgestanden bin … Willst du, dass ich mit dem Frühstück beginne, da hat Sandra Müsli gegessen und erzählt, dass sie heute zum ersten Mal wieder reiten gehen wird …«
»Nein, erzähl die Mittagsgeschichte.«
»Und am Nachmittag war ich in diesem
Weitere Kostenlose Bücher