SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi
war wichtiger als Nahrung. Die Beute fiel zu Boden und rettete den Fuchs, der auf einmal völlig unwichtig war.
Der Leichengeruch verzückte den Golden Retriever und lud ihn zum Wälzen ein. Die Knochen rieben bei dem Gewicht aneinander, während das faulige Fleisch zum Teil im Fell hängenblieb. Noch wurden sie aber von den Sehnen zusammengehalten.
Seinen Eigengeruch hatte der Hund gut übertüncht. Er stank einfach entsetzlich. Mit einer Trophäe im Maul lief er anschließend zu seinem Frauchen zurück. Die allerdings war wenig begeistert. Sie schrie, als sie erkannte, was ihr Hund da in seinem Fang trug und übergab sich, als sie den widerlichen Gestank einatmete.
Beim Schrei seines Frauchens hatte der Retriever den Fuß vor Schreck fallen lassen. So gelang es ihr zwischen zwei Magenentleerungen, ihren stinkenden Köter am Baum festzubinden, bevor er sich der Beute wieder bemächtigen konnte. Zwanzig Meter weiter und zehn Minuten später schaffte sie es, mit ihrem Handy die Bückeburger Polizei anzurufen. Diese roten Fußnägel jedoch würde sie nie wieder in ihrem Leben vergessen.
Nadja
Als Peter mit Nadja in der Felsspalte des Hexenteiches im Harrl stand, sprachen sie lange Zeit kein Wort.
Peter wartete geduldig ab und hielt Nadja im Arm, bis ihr Schluchzen leiser wurde. Dann strich er ihr übers wirr zerzauste Haar und legte ihren Kopf an seine Schulter.
Allmählich beruhigte sie sich.
„Ich kann mir ein Leben mit dir vorstellen“, sagte er zu ihr, „aber keins mit Kindern. Die nerven mich immer tierisch! Falls du also nicht dringend selbst welche haben willst, ich kann gut darauf verzichten.“
„Wirklich?“, fragte sie.
„Absolut!“, sagte er mit Überzeugung in der Stimme.
„Meine letzte Beziehung ist dadurch kaputtgegangen“, sagte sie leise.
„Was für ein Hornochse!“, gab Peter zurück.
„Der Hornochse ist ein bekannter Staatsanwalt. Er konnte sich eine Zukunft ohne Kinder einfach nicht vorstellen.“
„Ja, aber du musst doch auch damit klarkommen. Konnte er das als dein Partner nicht mittragen?“, fragte Peter entrüstet.
„Nein!“
„So ein Idiot! Der hat dich dann auch einfach nicht verdient, glaub mir.“
Nadja zuckte mit den Schultern.
„Doch, echt! Man hätte doch welche adoptieren können.“ Peter streichelte ihre Wange.
„Mit Mitte dreißig ist das nicht mehr so leicht, aber lassen wir das.“ Nadja wollte vom Thema ablenken.
„Magst du mir sagen, warum du keine Kinder bekommen kannst?“, fragte Peter einfühlsam und wollte sich am liebsten sofort in den Hintern beißen, weil er spürte, dass sie wieder zu schluchzen begann. Da half nur die Flucht nach vorn. Er nahm ihren Kopf in die Hände und küsste sie.
Vor dem Konzert
An jenem denkwürdigen Abend, als sich die Lippen von Peter und Nadja zum ersten Mal trafen, herrschte große Aufregung in der Bückeburger Stadtkirche. Die Premiere des „Elias“ von Mendelssohn Bartholdy stand auf dem Programm.
Es sollte Riekes erster Auftritt als vertraglich verpflichtete Sopranistin werden.
Dass auch Frank Habichthorst zum ersten Mal mit den Bückeburger Sinfonikern spielen würde, schien ihr völlig zu entgehen. Er hasste diesen Egoismus, den sie seit dem Moment an den Tag legte, als sie den Vertrag unterschrieben hatte. Als ob sie nun etwas Besseres wäre als Starsopranistin der Bückeburger Sinfoniker. Er selbst hatte auch ein Arrangement, nicht nur Rieke.
Sie jedoch lief aufgeregt wie ein verrücktes Huhn durch die Gegend und hatte keine Augen für ihn. Dabei wäre sie gar nichts ohne ihn. Nur durch seine musikalische Unterstützung hatte man sie überhaupt wahrgenommen.
Rieke war in der Tat unruhig.
Es stand viel auf dem Spiel, sie wollte um Himmels willen nichts verpatzen. Das war bei der Aufregung nicht ganz so leicht. Auf der anderen Seite führte ihr Lampenfieber auch immer zu vermehrter Konzentration.
Dass Frank so mürrisch war, ärgerte Rieke. Sie hatte etwas mehr Unterstützung von ihm erwartet.
Im Grunde konnte sich Rieke sicher sein, sie hatte wochenlang geprobt, zuletzt mit Leander die Feinheiten abgestimmt. Nicht immer hatte er es verbergen können, dass er wie entrückt ihrer Stimme lauschte. Mit geschlossenen Augen schwang er den Taktstock und blinzelte nur gelegentlich durch die Wimpern.
Einige Musiker aus dem Orchester nahmen sehr wohl eine Veränderung im Wesen ihres Dirigenten wahr. Vielleicht konnte man sogar sagen, dass sie mehr erahnten, als Leander sich selbst eingestehen
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