SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi
muss. Kannst du uns denn sagen, ob wir es hier mit einem aktuellen Mord zu tun haben, oder war die Gebärmutter wieder in der Kühltruhe?“
Nadja zuckte bei dem Wort „Gebärmutter“ zusammen, antwortete aber sofort. „Nein, die junge Frau ist eher so vor zwei, drei Tagen getötet worden.”
„Ich frage mich“, sinnierte Wolf vor sich hin, „ob sie ihr Leben nur der Organe wegen hat lassen müssen? Warum tut der Mörder das? Warum entnimmt er den Frauen die eigenen Eingeweide und gibt ihnen andere? Mir erschließt sich das nicht. Was tut er mit denen, die er den Frauen entnimmt, hebt er die für eine der nächsten Damen auf? Alles ist so undurchsichtig. Und ich glaube, bevor wir seine Denkweise nicht verstehen, werden wir keine Chance haben, ihm auf die Spur zu kommen.”
Die Verbindung von Rieke und Leander
Dass sie sich schon über ein Jahr liebten, machte den Unterschied aus. Sie waren sich selbst zu wertvoll gewesen, jenes Gefühl an Körperlichkeiten zu verschleudern. Der Gleichklang ihrer Seelen wog mehr. Die Liebe lag in ihnen wie das tiefe Subkontra-C einer Orgelpfeife. Für die Ohren ein fast nicht mehr hörbarer, aber umso mehr fühlbarer, dunkler Ton, der mit seinem Schall in ihrer beider Mitte widerhallte und dort in Erinnerung blieb. Wann immer sie aneinander dachten, bewegte sie diese nie nachlassende Tiefe.
Anfangs war es nur eine Ahnung gewesen. Ein nicht greifbares Element im Universum, eine Bewegung, die sie streifte und vorbeihuschte, bevor sie sie erkennen oder benennen konnten. Es war eine unbewusste Äußerung gewesen, die sie damals hatte aufhorchen lassen. Das plötzliche Erkennen eines Zustandes, der lange vorhanden war, aber den sie nur zufällig entdeckten. Da standen sie und staunten in sich hinein, fielen in eine Verwunderung, die sie erst nach und nach wirklich begriffen.
Die Liebe brauchte keine Worte, um sich zu erkennen zu geben, nur diesen Moment, in dem der Ton angestoßen worden war, der in ewige Schwingung geriet. Wellen, die sie in Intervallen erreichten, von denen sie wussten, dass sie nie mehr verebben würden.
Dieses so kostbare Element des Fühlens wollten sie sich bewahren. So sprachen sie es niemals aus und ignorierten jegliche Sehnsucht des Bekennens. Sie hatten Angst, dass aus der Nähe eine Distanz erwachsen könnte, die sie nicht ertragen würden. Was niemals begann, konnte nicht enden.
Also beließen sie es dabei und vermieden zu tiefe Blicke, mit denen sie sich gegenseitig als das erkennen konnten, was sie waren – Liebende.
Wer sie miteinander arbeiten sah, hatte den Eindruck, zwei eher schüchterne, in sich gekehrte Menschen vor sich zu haben, die sich leidlich mochten, aber sich in künstlerischem Respekt voreinander verneigten.
Nadja
Es gelang Wolf an diesem Abend nicht, irgendetwas Sinnvolles aus Nadja herauszubekommen, was über die medizinische Expertise hinausging.
Irgendeine Grenze gab es dort, die er nicht überwinden konnte. Sie ließ ihn nicht in ihr Innerstes gelangen, flüchtete sich in ein Glas Rotwein zu viel und kicherte plötzlich über die banalsten Dinge.
Peter verfolgte seit zwei Stunden einen anderen Plan, als er bemerkte, dass Wolfs Theorie des gefühlvollen Zuhörers und verständnisvollen väterlichen Freundes scheiterte. Er hielt sich an seinem ersten Glas El Coto fest, indem er kaum trank.
Als Nadja plötzlich aufstand und nach Hause wollte, schien es so, als ob ihre Stimmung gewechselt hätte. Sie war auf einmal wieder melancholisch.
„Fahren kannst du aber jetzt nicht mehr!“, sagte Wolf bestimmt und nahm ihr den Autoschlüssel aus der Hand.
„Ich fahre Nadja nach Hause“, Peter nahm Hetzer den Schlüssel ab, „dann brauchst du mich auch nicht wegzubringen. Ich habe nahezu nichts getrunken, im Gegensatz zu euch.“
Nadja zuckte mit den Schultern und Wolf warf Peter einen wissenden Blick zu, den dieser mit einem Stöhnen quittierte.
Lady Gaga begleitete sie zur Tür.
Peter hielt der Rechtsmedizinerin die Beifahrertür auf und setzte sich selbst ans Lenkrad. Dann winkte er Hetzer mit einem triumphierenden Blick und fuhr bergab.
„Schon lustig, dass ich mich in meiner eigenen Karre nach Hause kutschieren lasse“, sinnierte Nadja und stierte in den Himmel.
„Wer sagt denn, dass ich dich nach Hause bringe?“, fragte Peter süffisant.
„Ach so? Wohin denn sonst?“
„Wohin du willst, damit es dir besser geht! Vielleicht an die See?“
Nadja lachte. „Du spinnst ja wohl, Peter! Aber obwohl,
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