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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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Keryneia gekommen sind, aber das alltägliche Leben ist etwas ganz anderes als ein Urlaub, und die Wahrheit
     ist doch, dass ihr beiden euch kaum kennt.«
    »Ich weiß so viel«, erwiderte Carina. Zwischen ihren Brauen kamen zwei Fältchen zum Vorschein, als sie nach weiteren Worten
     zur Erklärung suchte. »Ich bin mit Marios seit fünf Monaten befreundet. Ich bin nicht im Urlaub. Ich lebe hier.«
    Dhespina lächelte ermunternd, aber die Wahrheit war noch immer nicht gesagt.
    »Carina, ich befürchte, dass es noch zu früh ist, über Heirat zu sprechen, bevor ihr euch ein bisschen besser kennengelernt
     habt. Marios ist …«
    »Zurückgeblieben?«, beendete das Mädchen den Satz.
    »Nun, ich wollte sagen: ›anders‹ …« Dhespina schluckte. Siewar nervös und doch erleichtert, dass sie die Defizite ihres Sohnes nicht selbst aussprechen musste.
    »Frau Economidou, ich bin kein kleines Mädchen mehr. Ich habe Freunde gehabt, manche hatten viel im Kopf, manche wenig. Sehen
     Sie dieses Ohr?« Carina deutete auf ihr rechtes Ohrläppchen. »Dieses Ohr ist taub. Das hat ein Mann mit viel im Kopf getan.
     Ich weiß, dass Marios ein kleiner Junge in einem großen Mann ist, aber er ist ein guter Mann. Er ist liebevoll und mitfühlend,
     und er macht mich im Herzen und im Kopf glücklich … Er ist wie …« Carina suchte stirnrunzelnd nach einem passenden Wort auf
     Griechisch. »Er ist wie eine Burgmauer. Marios ist sehr lieb, sehr stark, sehr schön, sehr lustig, und ich liebe ihn. Wir
     werden ein gutes und glückliches und sicheres Leben miteinander haben.«
    Dhespina lächelte gerührt. Sie war zwar nach diesen Worten ein wenig beruhigt, aber doch nicht ganz überzeugt davon, dass
     Carinas Zuneigung Bestand haben würde, wenn sich ihr Wortschatz erst einmal erweitert hätte. Andererseits hatte die Kleine
     offenbar ihren eigenen Kopf. Von dem Tag an, an dem Dhespina das Wesen ihres Sohnes erkannt hatte, hatte sie sich Sorgen um
     seine Zukunft gemacht. Nun saß vor ihr eine junge, kluge Frau, die ihr diese Sorgen abnehmen wollte.
    »Nun, wenn ihr sicher seid, dass es das ist, was ihr beide wollt, dann sollten wir anfangen, das Fest vorzubereiten«, sagte
     Dhespina und stand vom Tisch auf, um das Mädchen fest in ihre Arme zu schließen.
    Nicht weit entfernt, vor einem kleinen, mit Liebe gravierten Grabstein, legte Georgios seinem Sohn einen Arm um die Schultern.
    »Sie ist wunderschön, Marios. Aber bist du bereit für die Ehe?«
    Marios sah seinen Vater an. Sein Blick war sanft und offen.
    »Ich weiß, dass ihr alle denkt, ich sei zu dumm zum Heiraten.«
    »Nein, mein Sohn, das wollte ich nicht sagen …«
    »Es ist in Ordnung, Papa. Wirklich, es macht mir nichts aus.
    Ich weiß, dass ich nicht schlau bin. Aber ich habe einen guten Arbeitsplatz bei Christakis, ich verdiene mein eigenes Geld,
     ich kann für mich selbst sorgen, und ich weiß, dass ich auch für Carina sorgen kann. Ich weiß, tief in mir drin, dass wir
     glücklich sein werden. Ich möchte, dass du das weißt.«
    Georgios nickte und wischte sich eine Träne aus dem Auge.
    »Ich bin stolz auf dich, mein Sohn. Und ich finde, du hast eine großartige Wahl getroffen.« Er machte eine kurze Pause und
     zog eine Augenbraue hoch. »Carina ist doch nicht schwanger, oder?«
    Marios antwortete mit einem Grinsen: »Noch nicht, Papa.«

22
    »Willst du mal sehen?«
    Bevor Michalakis sagen konnte, dass es eigentlich das Letzte war, was er sehen wollte, hatte Savvas schon die Pflaster abgezogen,
     die den Verband an seinem Platz hielten. Vorsichtig wickelte er die Binde ab. Michalakis pfiff durch die Zähne.
    »Der Lauf hat die Haut berührt, als der Typ abgedrückt hat, und diese sternförmige Verletzung kommt von den Gasen, die beim
     Abfeuern ausgetreten sind. Und sieh mal hier, die grauschwarze Verfärbung vom Ruß und die leichte ringförmige Abschürfung.«
    Michalakis bedachte die Verfärbung und die Abschürfung mit gebührender Aufmerksamkeit. »Tut es weh?«
    »Trägt der Erzbischof Schwarz? … Natürlich tut es weh, mir wurde ins Bein geschossen.«
    »Ja, natürlich. Tut mir leid.«
    Der AKEL-Mann war zuerst überrascht und dann angeschossen worden, als er an jenem Abend noch spät im Büro gearbeitet hatte.
     Der Benzinkanister, den die Eindringlinge zurückgelassen hatten, deutete auf geplante Brandstiftung hin, aber sie hatten nicht
     mit einem wütenden Savvas gerechnet. Plötzlich war in dem Handgemenge eine Pistole losgegangen, und der

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