Schattentraeumer - Roman
Behauptung zwar in einer Stellungnahme, aber Loukis glaubte an die Wahrheit der Anklage. Es war noch nicht allzu lange
her, dass Antoniou vor seiner eigenen Tür aufgetaucht war, um ihn zur Loyalität mit der jungen Rebellenbewegung aufzurufen.
Nach dieser Razzia, die einen neuen geplanten Anschlag auf das Leben des Präsidenten aufgedeckt hatte, fühlte Loukis sich
durch den Besuch seines Freundes leicht beschmutzt.
Michalakis befand sich gerade mit Maria im Wartezimmer des Arztes, der ihnen erklären sollte, weshalb sie einfach nicht schwanger
wurde, als eine fassungslose Sprechstundenhilfe einen erneuten Mordanschlag auf den Präsidenten verkündete. Michalakis bat
die Frau, ihr Telefon benutzen zu dürfen, und wählte die Nummer seines Büros. Die Empfangssekretärin nahm das Gespräch entgegen,
und er konnte das wilde Durcheinander im Hintergrund hören. Sie erzählte, dass es vier Minen gewesen waren, die nur wenige
Minuten, bevor Makarios auf dem Weg zu einem Gottesdienst in der Nähe von Ammochostos mit dem Auto vorbeifahren sollte, auf
der Straße detoniert waren.
»Der Mann hat mehr Leben als eine Katze«, erwiderte Michalakis und machte sich nach einer Entschuldigung bei seiner Frau auf
den Weg ins Büro. Als er fort war, erhob sich Maria ruhig von ihrem Stuhl und erklärte der Sprechstundenhilfe, dass der Termin
nicht mehr nötig sei.
Zu Hause setzte sie Kaffee auf und weinte bitterlich über ihreverpasste Chance. Gott wusste, wie viel Kraft es sie gekostet hatte, ihre Jungfräulichkeit bis zur Hochzeitsnacht zu bewahren,
und er wusste auch, wie sehr sie der freudig überraschte Gesichtsausdruck ihres Mannes gekränkt hatte, als er ihre Ehre bewiesen
fand. Auch wenn sie sich Mühe gegeben hatte, den Stich der Demütigung zu vergessen, war die Wunde vereitert, bis sie nicht
mehr an den Akt der Liebe denken konnte, ohne das Bild eines anderen heraufzubeschwören. Im grellen Licht der Küche mit dem
leeren Tisch und den sterilen Arbeitsflächen war nun deutlich zu erkennen, dass ihrer Unfähigkeit, schwanger zu werden, ein
einziger fundamentaler Makel zugrunde lag: Marias Ehemann war einfach nicht sein Bruder.
Später an diesem Abend, nachdem er die Zeitung in Druck gegeben hatte, kam Michalakis nach Hause und fand seine Frau schlafend
vor. Auf dem Laken waren dunkle Flecken getrockneten Blutes, und ihre Arme waren zerkratzt. Michalakis wusste nicht, was er
denken, und erst recht nicht, was er sagen sollte. Leise kroch er neben sie ins Bett. Er konnte an ihrem Atem hören, dass
sie noch wach war, doch er brachte nicht den Mut auf, sie anzusprechen oder auch nur in den Arm zu nehmen. Als Michalakis
am nächsten Morgen aufwachte, war Maria bereits aufgestanden und bereitete das Frühstück vor. Er tat so, als bemerkte er nicht,
dass ihre Arme von langen Ärmeln bedeckt waren. So beiläufig er konnte, fragte er sie, wie der Arzttermin gelaufen sei, und
seine Frau versicherte ihm, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchten.
»Bei manchen Paaren dauert es eben länger als bei anderen«, erklärte sie. »Besonders, wenn der Sex so unvorhersehbar ist.«
Michalakis ignorierte die Stichelei. »Lenya und Andreas haben auch eine Weile gebraucht, und jetzt haben sie eine zukünftige
Olympiasiegerin im Haus.«
»Vielleicht sollte ich es auch mal mit einem Trank von deiner Mutter versuchen und ein paar große Unterhosen anziehen.«
»Was denn, noch größer als die, die du jetzt trägst?«
Maria stellte ihren Obstsalat auf den Tisch und stocherteschweigend mit der Gabel darin herum. Michalakis seufzte. Er hatte nur einen Scherz machen wollen, aber er konnte seiner Frau
in letzter Zeit kaum ein Lächeln entlocken. Maria war empfindlich und unglücklich, und Michalakis war nicht daran gewöhnt,
dass jemand so viel Aufmerksamkeit benötigte. Nach ihrer Hochzeit hatte er geglaubt, er könnte nun gar nicht mehr glücklicher
werden – womit er recht behalten sollte. Als sie ihr Häuschen in einem Außenbezirk der Hauptstadt bezogen hatten, hatte Maria
ihren Job aufgegeben und sich darauf konzentriert, ihr Heim einzurichten. Ihr Geschmack war erlesen und teuer, und es war
zu Streit gekommen, da Michalakis’ Lohn mit den Forderungen von Maria nicht mithalten konnte. Als das verschönerte Haus schließlich
den genauen Anforderungen seiner Frau entsprach, wendete sie sich den Damenkaffeerunden zu, bei denen bald recht persönliche
Fragen zu ihrer schlanken
Weitere Kostenlose Bücher