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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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vorstellen.
     Es bereitete ihm Schwierigkeiten, sie als voneinander getrennte Individuen wahrzunehmen: Sie waren Loukis und Praxi, zwei
     Namen, ein Wesen. Er hatte ihnen ihr ganzes Leben lang zugesehen, wie sie im Sonnenschein den Schatten des anderen jagten,
     wie sie sich wie tollwütige Hunde bekämpften und wie sie sich mit beinahe religiöser Hingabe umeinander kümmerten. Auch wenn
     sie längst erwachsen waren, blieben sie für Mehmet doch Kinder, die hoffnungslos – manche mochten es verrückt nennen – und
     mit derselben Sicherheit, die sie als Jugendliche besessen hatten, ineinander verliebt waren. Mehmet war nicht so blind, wie
     er alt war, und selbst wenn Praxi einen anderen geheiratet hatte, wusste er, dass sich das Mädchen nachts in Loukis’ Bett
     schlich. Und Loukis, der stark und gutaussehend war und jede junge Frau um den kleinen Finger wickeln konnte, hatte nie auch
     nur versucht, sein Leben ohne Praxi zu leben. Sie führten eine Beziehung im Schatten der Sünde, aber dennoch hatte Mehmet
     nie eine Liebe beobachtet, die mehr Sinn ergeben hätte. Außerdem – er hatte es nie angesprochen – hegte er bei näherem Hinsehen
     arge Zweifel an der offiziellen Version von Elpidas Abstammung.
    »Nun geh schon, Junge«, forderte Mehmet ihn auf. Loukis hob die letzte Ladung Orangen auf den Traktor und versprach, in weniger
     als einer Stunde zurück zu sein. Als er Praxi erreicht hatte, sah er sich kurz nach neugierigen Beobachtern um, küsste sie
     dann sanft auf die Lippen und fragte, weshalb sie nicht im Café sei.
    »Das Auto ist kaputt«, erklärte Praxi. »Yiannis hat mir den Tag freigegeben.«
    »Das ist nett von ihm. Was ist denn mit dem Auto?«
    »Sehe ich aus wie ein Mechaniker?«
    Loukis trat einen Schritt zurück und musterte sie belustigtvon oben bis unten. Sie trug ein hellblaues Kleid, das die Konturen ihrer Kurven erahnen ließ. Sie hatte langes, volles Haar
     und dunkle, hübsch geschwungene Wimpern. Der einzige Mechaniker, den Loukis kannte, war Theoris Moustakas, und wie er zugeben
     musste, hatte Praxi mit ihm wirklich keinerlei Ähnlichkeit.
    »Wo willst du hingehen?«, fragte er.
    »Ich fühle mich völlig ausgedörrt.«
    »Ans Meer?«
    »Großartige Idee.«
    »Hast du einen Badeanzug dabei?«
    »Nein, habe ich nicht«, beichtete Praxi mit einem Zwinkern und lief los in Richtung Strand, Loukis spurtete hinterher. Als
     sie am Meeresufer standen, rissen sie sich die Kleider vom Leib und kicherten dabei wie kleine Kinder.
    Unterdessen fühlte sich auch Yiannis, ein paar Kilometer entfernt, in der Perle von Keryneia nackt und schutzlos. Hinter ihm
     zierte eine griechische Flagge die Wand des Cafés, und die beiden Männer, die darauf bestanden hatten, dass er sie aufhängte,
     tranken draußen unter einem Sonnenschirm ein gekühltes Bier aufs Haus.
    Ohne einen anderen Mann oder zumindest seine Frau an der Seite war Yiannis zu feige gewesen, um ihnen den nachdrücklich geäußerten
     Wunsch abzuschlagen, auch wenn er seine Leidenschaft für das Mutterland längst verloren hatte. Sie hatten ihn zwar nicht direkt
     bedroht, auch hatte er keine Unheil verkündenden Ausbeulungen an ihrer Kleidung erkennen können, die auf verstecktes Metall
     hingewiesen hätten. Doch alles hatte schmerzlich klar auf Ärger hingedeutet, als die Männer an ihn herantraten und ihm nahelegten,
     das blauweiße Banner Griechenlands über die Länge der Wand zu spannen.
    »Die Zeiten ändern sich«, erklärte ihm der größere der beiden. »Und Sie wollen doch auf der richtigen Seite stehen, nicht
     wahr?«
     
    Die Stimme des Nachrichtensprechers war ruhig und gefasst, und Elena konnte über so viel Selbstbeherrschung nur staunen, als
     er den Brief des Erzbischofs an den Präsidenten von Griechenland verlas. Sie hätte nie gedacht, dass sie das noch erleben
     würde.
     
    »… Zutiefst bedauernd muss ich Sie über einige unerträgliche
    Entwicklungen in Zypern informieren, für die ich die griechische Regierung verantwortlich mache …«
     
    »Müssen wir uns das anhören?«, stöhnte Elpida.
    »Ja, das müssen wir«, teilte Elena ihrer Enkelin mit.
     
    »… Seit der heimlichen Ankunft von General Grivas im September 1971 gab es Gerüchte, die durch handfeste Beweise gestützt
     wurden, dass er auf Betreiben und mit Unterstützung gewisser Kreise in Athen herkam, woraufhin er die kriminelle Organisation
     EOKA-B gründete, die seither eine konstante Quelle schwerer Unruhen auf der Insel ist. Die

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