Schattenturm
zeigte auf den Abbeizer. »Du musst das Zeug auftragen und mit Papier abdecken, dann ein paar Tage warten und sehen, was passiert. Das ist viel Arbeit für eine kleine Lady.«
»Ich werde schon ein paar Leute finden, die mir helfen. Allein kann ich die Arbeit nicht schaffen.«
»Nein, das wäre ein Desaster.« Sie schaute ihn finster an.
Joe lachte. »Ich gehe in die Werkstatt. Petey wartet auf mich.«
Kaum hatte Joe die Werkstatt betreten, als Petey auch schon loslegte: »Haben Sie schon mal gehört, dass sich früher manche Leuchtturmwärter nebenbei Geld verdient haben? Mit Schuhmacherei, Schnapsbrennerei und Prostitution.«
»Prostitution?«, sagte Joe. »Was hier gelaufen ist, war wohl keine Prostitution. Ich nehme an, die Leuchtturmwärter haben bloß einige Räume an gewisse Damen vermietet.«
»Aber Schmuggel gab ’s«, sagte Petey. »In Waterford kamen Schmuggler mit Schnaps, Kerzen und Baumaterial an Land. Die Leuchtturmwärter haben das Zeug dann gelagert, bis die Schmuggler es verkaufen konnten.«
»Auch in kleinen Leuchttürmen wie dem hier?«, fragte Joe.
»Ja«, sagte Petey. »Sie haben …«
»Petey«, rief Anna und kam mit einem klingelnden Handy in die Werkstatt. »Hast du das Handy im Haus vergessen?«
»Oh, ja, vielen Dank«, sagte Petey und nahm den Anruf entgegen. Als er die Verbindung unterbrach, sah er betrübt aus. »Meine Mutter fährt Mae Miller irgendwohin. Sie möchte, dass ich sie begleite, damit sie auf der Heimfahrt nicht allein ist. Es ist schrecklich, wohin ich sie alles begleiten muss.«
»Diese Frau muss ihm mehr Freiraum lassen«, sagte Anna, nachdem Petey gegangen war. »Sie kann ihn doch nicht ständig wie ein kleines Kind überall mit hinschleppen.«
Es war 15 Uhr, als Duke seinen Wagen parkte und die Hauptstraße in Tipperary hinunterging. Als er durch das Fenster einer Eisenwarenhandlung blickte, sprang ein winziger grauer Terrier auf ihn zu und beäugte ihn neugierig. Duke blieb stehen, beugte sich hinunter und streichelte den Hund.
»Na, Kleiner?«, sagte er, nahm das Tier hoch, drückte es an die Brust und ließ sich von ihm beschnüffeln. »Du bist aber ein schöner Hund.«
Die Besitzerin, eine junge Mutter, näherte sich Duke, ein Kleinkind auf dem Arm.
»Vielen Dank«, sagte sie. »Er ist unmöglich. Hat sich wieder mal losgerissen. Ein verrückter Hund.«
»Ein niedlicher kleiner Racker.«
»Weiß man’s?« Sie lachte. »Nochmals vielen Dank.«
Duke schaute der Frau hinterher, drehte sich dann um und betrat die Eisenwarenhandlung. Kurz darauf kam er mit einem gelben und grünen Plastikbeutel unter dem Arm wieder heraus, setzte seinen Weg in die Stadt fort und blieb vor einem Fast-Food-Restaurant stehen. Drinnen saß eine Gruppe Jugendlicher auf gelben Tonnen, die in dem schmuddeligen Lokal verteilt standen. Duke schaute auf das Schild. American Heroes stand zwischen zwei Sternen und Streifen auf blassblauem Hintergrund. Als Duke das Restaurant betrat, erklang ein Summer. Die Kellnerin schaute ihn an, ehe sie einen Blick auf ihren Bestellblock warf. Ihre schlichte schwarze Bluse spannte sich am Busen, und unter dem schwarzen Rock malten sich ihre dicken Oberschenkel ab. Das dunkle, spröde Haar hatte sie in dicken Strähnen über den Kopf nach hinten gekämmt und im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Duke sah, dass einer der Jungen ihren Bestellblock herunterdrückte, sodass er lesen konnte, was sie gerade geschrieben hatte. Er lachte.
»Glas schreibt man mit einem s «, sagte er. »Wie Gras.«
»Ich habe mich verschrieben, weil ich mich beeilen musste«, verteidigte sich die Kellnerin, errötete, ging an die Theke zurück und blieb stehen, als sie Duke sah. »Hi«, sagte sie. »Ich bin sofort bei Ihnen.«
Sie goss ein Glas Saft für den Jungen ein und quetschte sich dann hinter die Theke.
»So. Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie.
»Könnte ich ein Beef-Taco und eine Cola haben?«, fragte Duke, lächelte sie an und spähte auf ihr Namensschild. Siobhàn. »Sy-o-ban? Ist das Ihr Name?«, fragte er.
Sie lachte. »Es wird Shivawn ausgesprochen. Ein irischer Name.«
Duke lächelte wieder. »Shivawn? Das ist ein echter Zungenbrecher.«
Die Kellnerin verschwand in einem Hinterzimmer. Duke setzte sich und lauschte den Gesprächen der Jugendlichen, die hinter ihm saßen.
»Es ist nicht deine Mutter«, sagte einer der Jungen.
»Doch«, erwiderte eines der Mädchen und duckte sich am Tisch.
»Selbst wenn es so wäre, könnte sie
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