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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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Lawson und die Familie«, sagte Brady.
    »Ja, ich kenne die Lawsons seit Jahren. Ich glaube, wir müssen die Sache sehr ernst nehmen«, sagte Frank. »Ich habe ein schlechtes Gefühl. Ich kenne Katie, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie von zu Hause wegläuft. Zumal sie kein Geld und keinen Pass bei sich hat, soweit wir wissen.«
    »Okay«, sagte Brady. »Dann bilden wir morgen früh einen Suchtrupp, falls das Mädchen bis dahin nicht aufgetaucht ist. Würden Sie den Kontakt zur Familie halten, Frank?«
    »Ich glaube, Richie ist der richtige Mann dafür«, sagte Frank mit dem Hintergedanken, dass Richie etwas lernen könnte, wenn ihm eine heikle Aufgabe übertragen wurde.
    Brady nickte den Männern zu.
    »Ich überlasse es Ihnen«, sagte er. »Hauptsache, wir platzen nicht alle bei der Mutter des Mädchens herein und versetzen sie noch mehr in Panik. Wir sehen uns dann morgen früh.«
    »In Ordnung«, sagte O’Connor und wandte sich dann Frank zu. »Ich glaube, wir sollten Mrs Lawson noch mal aufsuchen.«
    »Es wird sie fertig machen, wenn ihr immer wieder dieselben Fragen gestellt werden«, meinte Richie.
    »Trotzdem«, sagte O’Connor. »Sie wird später sowieso alles wiederholen müssen, wenn Superintendent Brady sie vernimmt. Und man weiß nie, was man beim ersten Mal vergisst.«
    »Was für ein Arschloch«, flüsterte Richie Frank zu, nachdem O’Connor und Brady gegangen waren. »›Man weiß nie, was man beim ersten Mal vergisst.‹ So ein Stuss.«
    »Du wirst dich an den Mann gewöhnen müssen«, erwiderte Frank.
    Joe saß am Tisch und fragte sich, was Shaun ihm verschwieg. Zuerst dachte er an Alkohol und Drogen, verwarf den Gedanken aber schnell. Er wusste, dass Shaun in New York ab und zu gekifft hatte, doch er nahm an, dass der Junge diesem Laster nicht mehr frönte. Und mehr als ein oder zwei Bier trank der Junge nicht, wenn er ausging.
    Katie trank und rauchte überhaupt nicht. Und sie war unbedarfter als die Mädchen, mit denen Shaun sich in New York getroffen hatte. Beschützte Shaun das Mädchen vor irgendetwas? War etwas geschehen, das Katie veranlasst hatte, nicht nach Hause zurückzukehren? Wollte sie dadurch etwas Bestimmtes zum Ausdruck bringen? Oder war sie schwanger? Joe bekam ein ungutes Gefühl, das er ebenso deutlich spürte wie den dumpfen Schmerz in seinem Kiefer.
    Frank Deegan und Detective O’Connor saßen bei Martha Lawson in der Küche auf unbequemen Holzstühlen mit harter Lehne. Der Heizkörper war voll aufgedreht. O’Connor rutschte an den Rand des Stuhls. Seine Anzugjacke hatte er bereits ausgezogen und über einen freien Stuhl gehängt.
    »Hatte Katie Depressionen?«, fragte er.
    Sekundenlang herrschte lastende Stille.
    »Sie ist sechzehn«, sagte Martha schließlich. »Wahrscheinlich weiß sie nicht einmal, was Depressionen sind.«
    Frank und O’Connor wechselten einen wissenden Blick. In den letzten fünf Monaten waren sie an die Schauplätze von vier Selbstmorden gerufen worden – in allen vier Fällen Jugendliche.
    »Depressionen können auch schon vor dem sechzehnten Lebensjahr auftreten«, sagte Frank. »Du brauchst es nicht einmal bemerkt zu haben, Martha.«
    »Ich kenne doch meine Katie!«, sagte Martha.
    »Hat sie viel geschlafen?«, fragte O’Connor. »Ist sie sehr empfindlich?«
    »Sind das nicht alle Jugendlichen?«, entgegnete Martha.
    »Glauben Sie, Katie war aus irgendeinem Grund traurig oder verzweifelt? Oder könnte sie sich wegen irgendetwas Sorgen gemacht haben?«, fragte O’Connor.
    »Das weiß ich nicht«, murmelte Martha. »Ich glaube nicht, dass sie es mir erzählt hätte.«
    Frank ließ den Blick über die Familienfotos auf dem Sideboard schweifen. Auf dem größten Foto war Katie in ihrem weißen Kommunionkleid mit einem Gebetbuch und einem weißen Satintäschchen in den Händen abgebildet. Ihre Eltern standen stolz hinter ihr. Auf dem zweiten Foto trug sie eine rosafarbene Hose, ein weißes Top und weiße Turnschuhe. Sie saß auf einer Bank und lachte mit ihrem Vater.
    »Könnte es sein, dass sie Matts Tod nicht überwunden hat?«, fragte Frank.
    Martha folgte seinem Blick. »Sein Tod hat sie schrecklich mitgenommen. Sie hat ihn sehr geliebt. Doch als er starb, war sie noch ein Kind. Sie wird ihn immer vermissen, das weiß ich, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass sie heute noch sehr darunter leidet.«
    Als sie sich abwandte, beugte O’Connor sich vor und drehte die Heizung kleiner. Sein Gesicht war rot, und seine Augen waren trocken

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