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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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Stelle ein Stück voraus und bellte wieder heiser.
    Mick schaute in die Richtung.
    Plötzlich erstarrte er, taumelte zurück und packte die Leine des Hundes. Seine Hände zitterten so heftig, dass er Mühe hatte, das Halsband des Tieres zu befestigen. Schwitzend und keuchend eilte der alte Mann durch den Wald zurück und zerrte den Hund hinter sich her, bis er seinen Wagen erreichte und ins Dorf fuhr.
    Vor Danahers Kneipe hielt er an und stieg aus. Mit schwankenden Schritten ging er zum Eingang.
    Joe saß mit Frank und Richie beim Bier am Tresen, als die Tür aufgerissen wurde.
    Mick Harrington erschien. Er war kreidebleich. Als Frank den Ausdruck des Entsetzens in Micks Augen sah, sprang er auf und eilte besorgt zu dem alten Mann.
    »O Gott …«, stammelte Mick und kämpfte gegen die Tränen an. »Ich … ich war mit dem Hund unterwegs. Drüben, im Wald. In der Nähe der Klippen hab ich was gesehen … ich bin mir nicht sicher, was es war, aber«, er holte tief Luft, »es könnte Katie Lawson gewesen sein.«

12. STINGER’S CREEK
     
    North Central Texas, 1983
    Duke klopfte an die Schutztür und stieg die Treppe wieder hinunter, um einen Blick durchs Fenster zu werfen. Er konnte den Schimmer des Fernsehbildschirms auf dem glatten, kahlen Kopf des Mannes sehen.
    »Mr Riggs?«, rief Duke. »Mr Riggs?«
    Geoff Riggs drehte langsam den Kopf und winkte den Jungen zum Eingang. Dann quälte er sich aus dem Sessel hoch, ging zur Haustür und riss sie auf. Taumelnd stand er da. Er musste schon einiges gebechert haben.
    »Hallo, Mr Riggs. Ist Donnie da?«, fragte Duke.
    »Ich dachte, er wäre mit dir unten an der Bucht.«
    »Ach ja«, sagte Duke. »Stimmt. Wir wollten uns da treffen. Entschuldigen Sie die Störung.«
    »Kein Problem. So bleibe ich wenigstens in Bewegung«, sagte Riggs und hielt grinsend die Fernbedienung hoch.
    Duke lief den Pfad hinunter, der sich zwischen den Bäumen hindurchschlängelte. Er rief seinen Freund, bekam aber keine Antwort. Schließlich sah er Donnie in der Bucht unter einem Baumwollbaum liegen. Er hatte die Beine an die Brust gezogen; seine Füße ragten aus der engen Jeans hervor. Er schlief.
    »He, Donnie«, sagte Duke, beugte sich hinunter und zwickte den Freund in den Fuß.
    Donnie erwachte, drehte sich auf den Rücken, wischte sich den Schmutz von den Wangen und blickte blinzelnd zu Duke hinauf.
    »Bist du letzte Nacht nicht nach Hause gegangen?«, fragte Duke.
    »Klar war ich zu Hause, aber mein Alter hat mich mal wieder ausgesperrt. Ich hab pausenlos gegen die Tür gehämmert, aber glaub ja nicht, dass der alte Sack aus dem Sessel aufgestanden ist. Hat sich lieber mit seinem Bier und dem Schnaps beschäftigt. ›Hau ab, Junge‹, hat er gerufen, als wär ich ein Hund.« Donnie lachte und schüttelte den Kopf.
    »Zum Glück wohnst du nicht bei mir, da ist es noch schlimmer«, sagte Duke.
    »Quatsch. Deine Mutter ist in Ordnung«, meinte Donnie.
    »Meine Mutter ist schrecklich.« Duke setzte sich neben seinen Freund, lehnte sich an einen Baum und strich die Seiten eines Buches glatt, das er aus der Tasche gezogen hatte.
    »He, was soll der Scheiß«, sagte Donnie und stand auf. »Ich hab keine Lust zu lesen. Lass uns was anderes machen.«
    »Das hier ist was anderes. Das ist toll. Onkel Bill hat’s mir geschenkt.«
    Ohne Donnie eines weiteren Blickes zu würdigen, blätterte er in dem Buch, bis er die Seite fand, die er gesucht hatte.
    »Hör dir das an«, sagte er und las langsam und stockend vor. »›In der Sagenwelt heißt es, der Greifvogel besitze besondere Kräfte und großes Wissen. Ihm werden Eigenschaften wie Stolz und Würde, Mut und Weisheit zugeschrieben. Es bedeutet Glück, wenn man am Morgen als Erstes einen Greifvogel sieht.‹«
    »Dann muss Onkel Bill der glücklichste Mensch auf der Welt sein«, sagte Donnie.
    Duke las weiter. »›Hört man den Schrei eines Greifvogels, ist dies ein Zeichen, dass man sich für eine Botschaft öffnen und‹«, er verstummte und beendete feierlich seinen Vortrag, »›auf der Hut sein soll.‹ Unheimlich, was?«
    »Ja, unheimlich«, sagte Donnie. »Und jetzt lass uns was unternehmen.« Er streifte sein T-Shirt über den Kopf. Die warme Morgensonne schien ihm ins Gesicht. Duke hob den Blick zu ihm. Donnie schlug sich auf den ausgestreckten Bauch; sein Rücken schmerzte. Als er sich nackt ausgezogen hatte, rief er: »Wer zuerst im Wasser ist, hat gewonnen.«
    Er rannte zum Ufer. Duke schaute dem nackten Jungen mit der sonnengebräunten

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