Schattenturm
verstehen.«
Kane stieß einen Pfiff aus. »Viel Glück, Detective.«
»Sagen Sie mir einfach, was für ein Mensch er war. Sie haben fünf Jahre die Zelle mit ihm geteilt.«
»Er war verrückt.«
»Könnten Sie sich ein bisschen genauer ausdrücken?«
»Ja. Er war total verrückt.«
Danny schaute ihn an.
»Okay, okay. Was wollen Sie wissen?«
»Worauf er stand. Seine Vorlieben, seine Abneigungen, einfach alles.«
»Wie wär’s, wenn Sie dafür ein paar Scheinchen über die Theke wandern lassen?«
»Erzählen Sie mir was über die Vögel«, sagte Danny.
»Wüstenbussarde. Die Zelle war voll gestopft mit Fotos und Büchern über die Biester. Ich kam mir damals vor wie in ’nem Vogelpark.«
»Was ist mit der Entführung, die sein Freund Donnie geplant hatte?«
»Der Versager ist dabei draufgegangen. Mann, Sie hätten Reiher-Dukey an dem Tag mal sehen sollen!«
»Reiher-Dukey?«
»Das war sein Spitzname. Er ist total durchgedreht. Er hat gebrüllt, Donnie hätte so schlau sein müssen, sich nicht in eine Falle locken zu lassen. Dann hat er gekotzt.«
»Sonst noch was?«
»Er sagte, es sei das einzig Richtige gewesen, dass Donnie Mutter und Tochter in die Luft gejagt hat, als die Frau die Bullen gerufen hatte. ›Er hält wenigstens, was er verspricht‹, hat Dukey gesagt.«
»Ein Ehrenmann«, sagte Danny.
»Ja.«
»Hat er was darüber gesagt, was er machen wollte, wenn er aus dem Knast kommt?«
»Klar. Hat mir Skizzen von Banken gezeigt und mir Zeit, Datum und Ort genannt.«
»Sonst noch was?«
Kane schüttelte den Kopf, drehte sich zur Kasse um und streckte eine Hand aus. »Burger, Fritten und Cola. Macht sechs Dollar neunundneunzig.«
Danny warf ein paar Scheine auf die Theke.
»Da wäre noch was, Detective«, sagte Kane. »Wissen Sie, was lustig war?«
»Was?«
»Diese Entführungsgeschichte und die Schießerei haben Duke total aufgerüttelt, weil er glaubte, Donnies Geld würde auf ihn warten. Aber es geht das Gerücht, dass es noch einen anderen Anwärter auf den Jackpot gab …«
Joe hielt am Hafen, als eine Gruppe Kinder die Straße überqueren wollte. Er blickte auf das Verbrecherfoto von Duke Rawlins auf dem Beifahrersitz. Die Qualität des Fax war nicht besonders gut. Joe musste an den italienischen Arzt denken, der im 18. Jahrhundert Gesichter von Kriminellen studiert hatte und zu dem Schluss gekommen war, dass die meisten ein langes Gesicht, ein vorstehendes Kinn und dichtes dunkles Haar hatten. Das traf auf eine ganze Reihe von Politikern und Wirtschaftsbossen zu, nicht aber auf Duke Rawlins.
Joe parkte vor dem Revier.
»Magnum ist wieder da«, murmelte Richie Frank zu, als Joe die Wache betrat.
»Es gibt da etwas, das ihr wissen solltet«, sagte Joe. »Über Mae Miller.«
Die beiden Polizisten schauten ihn fragend an.
»Sie hat Alzheimer«, sagte Joe.
»Mit Maes Verstand ist alles in Ordnung«, sagte Frank. »Sie ist völlig klar im Kopf.« Er tippte sich mit zwei Fingern an die Schläfe. »Warum erzählst du so was?«
»Ich habe mir das nicht aus den Fingern gesogen«, sagte Joe. »John Miller hat es Anna erzählt, ganz im Vertrauen.«
»Das ist Unsinn«, sagte Frank. »Mae ist geistig voll auf der Höhe. Über John Millers Gesundheit allerdings sollte man sich Sorgen machen.«
»Ist dir denn nichts aufgefallen, als du mit Mae gesprochen hast?«, fragte Joe.
»Nein«, erwiderte Frank, obwohl er sich an die sonderbare Verabschiedung erinnerte, als die ehrbare ehemalige Lehrerin ihn stürmisch an ihre Brust gepresst hatte.
Als das Telefon klingelte, hob Richie ab. »Okay«, sagte er und wandte sich an Frank. »Die Wasserschutzpolizei. Du sollst zum Hafen kommen.«
Frank blickte Joe an. »Tut mir Leid, die Pflicht ruft.« Er nahm seine Schlüssel und ging hinaus.
Joe folgte ihm. »Frank«, sagte er, »bevor du …«
»Ich muss zum Hafen. Hat das nicht Zeit?«
»Nein«, sagte Joe. »Ich hab dir ein Verbrecherfoto mitgebracht. Von dem Kerl, von dem ich dir erzählt habe. Duke Rawlins. Für alle Fälle. Ein paar Freunde von mir in New York gehen der Sache nach. Und dann ist da noch das hier.« Joe reichte ihm einen Ausdruck der E-Mail. »Jemand hat Shaun neulich diese Mail geschickt, ohne Adresse. Lies dir mal die verschlüsselte Mitteilung durch. Das alles kann kein Zufall sein. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich weiß, wovon ich rede.«
»Okay.« Frank stieg in den Wagen. »Ich leite das morgen früh ans Revier in Waterford weiter. Die können diesen Duke
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