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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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herumging und auf die Treppe zuhielt. »Wohin führt diese Treppe?«
    »Aufs Dach!« Die Dame heftete sich misstrauisch an meine Fersen.
    »Lass uns unter vier Augen miteinander sprechen«, blaffte ich, ohne mich nach ihr umzudrehen. »Warum zahlst du nicht für Schutz?!«
    »Bist du von der Wache, oder was?«, fragte die Dame, während sie hinter mir herstapfte.
    Die Treppe knarzte erbärmlich. Ich fürchtete schon, sie hielte uns nicht aus und wir würden einbrechen. Mehr als alles andere schreckte mich dabei die Vorstellung, unter dieser Matrone zu landen und von ihr in einen Fladen verwandelt zu werden!
    »Dämmert dir das auch schon«, höhnte ich.
    »Aber ich zahle doch!«, protestierte die Dame. »In diesem Monat habe ich gezahlt!«
    »Ach ja? Und warum bin ich dann hier?«
    Im ersten Stock der Rauchhöhle stank es noch schlimmer. Gegen die Wände gesackt, hockten blasse Liebhaber des Schönen Krauts auf dem Boden. Bläulicher Rauch füllte den Gang mit dem gespenstischen Zierwerk narkotischer Träume. Wie der Blitz schoss ich durch die Schwaden – um ja nicht ins ferne Land der buntscheckigen Träume aufzubrechen und dort den Löffel abzugeben.
    Vor mir lag die Treppe, die aufs Dach führte.
    »Ich versichere Euch, mein Herr, vor einer Woche habe ich gezahlt. Fünfzehn Goldmünzen, direkt in die Hand des Korporals.«
    »Verstehe!« Ich stand bereits auf dem Dach. »Gut, wenn du dem Korporal gezahlt hast, ist die Sache ja geklärt. Nichts für ungut.«
    Ich lächelte freundlich – normalerweise gefiel Frauen mein Lächeln – und fand mich nach einem Sprung auf dem Nachbardach wieder. Für ihre Verhältnisse begriff die Dame recht schnell. Sobald ihr aufgegangen war, dass ich ihr lediglich das Hirn gepudert hatte, bedachte sie mich mit einem erlesenen Fluch, um anschließend ihr Nudelholz nach mir zu schleudern. Doch ich bin unter einem Glücksstern geboren und duckte mich rechtzeitig. Die stattliche Keule flog über mich hinweg und landete polternd auf dem Dach der Schenke. Ich werde jetzt nicht behaupten, sie habe ein Loch geschlagen, denn das hat sie nicht – aber einige Ziegel in feinen roten Staub verwandelt, das hat sie getan. Selbstverständlich wartete ich nicht, bis die Dame darauf verfiel, sich den ach so smarten Tributeintreiber mit bloßen Händen vorzuknöpfen, sondern entschwand behände durch die kleine Dachluke.
    Entschwand ist gut gesagt, denn beinahe wäre ich in ein Fangeisen getreten. Sollen mich doch die dunklen Elfen braten! Mit dem Ding konnte man einen ausgewachsenen Oburen außer Gefecht setzen! Typisch Gosmo!
    Die Luke im Boden, durch die ich in den ersten Stock des Hauses kam, fand ich erst, nachdem ich einen Berg alter Lumpen durchwühlt hatte, – und dabei wegen des Staubes unablässig hatte niesen müssen. Sie war verriegelt, noch dazu von der anderen Seite, und bevor ich sie endlich aufbekam, hatte ich ein Dutzend Flüche ausgestoßen, auf das Schloss, auf Gosmo, auf Markun und auf die dämlichen Doralisser.
    Mangels Leiter sprang ich ohne viel Federlesens hinunter – und hätte beinahe Gosmo umgerissen, der durch den Gang kam. Der Schankwirt schrie überrascht auf, presste sich gegen die Wand und hätte in seiner Angst fast Wuchjazz’ Spezialität nachgeahmt. Welche? Na, die, durch Wände zu gehen!
    »Garrett! Du bringst mich noch ins Grab!«, fuhr er mich an, kaum dass er mich erkannte. »Hättest du nicht einen weniger ausgefallen Weg wählen können, um mich aufzusuchen?«
    »Hast du getan, was ich dir gesagt habe?« Seine Frage überging ich schlichtweg.
    »Ja! Worauf habe ich mich da bloß eingelassen! Markun und seine Jungs sind schon seit über einer Stunde hier.«
    »Ach ja?« Konnte er mal wieder die Zeit nicht abwarten … »Inzwischen hat ihm die Warterei vermutlich die Laune verdorben, oder?«
    »Das fragst du noch?!« Gosmo rang verzweifelt die Hände. »Wenn er erfährt, dass er dir auf den Leim gegangen ist, machen seine Jungs Kleinholz aus uns!«
    »Hör auf zu jammern!«, brummte ich. »Jetzt gibt’s kein Zurück mehr.«
    Das stimmte. Selbst wenn sich Gosmo jetzt bei Markun anschmieren und mich ans Messer liefern wollte, wäre der Schankwirt ein toter Mann. Die dicke Nappsülze, die die Götter fälschlich zum Oberhaupt der Diebesgilde in Awendum bestimmt hatten, verzieh keinen Verrat. Wenn die Sache aufflog, landete Gosmo unter den Piers. Und danach unter einem namenlosen Grabstein. Wenn er Glück hatte. Unbekannte Tote begruben die städtischen

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