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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Machthaber nämlich auch gern in einem Massengrab für Obdachlose.
    »Verflucht sei die Nacht, in der ich mich auf diese Geschichte eingelassen hab!«, murrte Gosmo.
    Wahrscheinlich war auch ihm schon der Gedanke an das Massengrab in den Sinn gekommen.
    »Nur keine Panik, das verdirbt die ganze Sache! Denk lieber an etwas Angenehmes! Deinen Anteil an dem Gold hast du bekommen?«
    »Nein!« Gosmo blickte finster drein. »Der verfluchte Fettwanst will mich erst nach Abschluss des Geschäfts bezahlen.«
    »Du wirst dein Gold schon bekommen. Genau um Mitternacht. Schenk den Jungs derweil noch ein Bier aus! Sonst kommen sie womöglich noch auf die Idee, dir die Schenke zu zerlegen!«
    »Und auf wessen Rechnung geht das?« In den Augen des alten Diebs schimmerte kaum mehr Wärme als in den Eiszapfen am S’u-dar.
    »Auf deine natürlich! Oder hast du geglaubt, ich würde auch nur einen Kupferling für Markuns Bande opfern?«
    Das schmeckte Gosmo natürlich nicht.
    »Geh jetzt und lenk sie ab! Und bring ihnen Bier! Ich verzieh mich in dein Büro.«
    »Den Weg kennst du ja«, brummte Gosmo, der bereits zur Treppe stiefelte, die ins Parterre hinunterführte.
    Gewiss, Gosmo brachte meiner Person nicht gerade viel Liebe entgegen, doch ihm entginge ein lohnendes Geschäft, verkaufte er mich an Markun. Besser also, er vertraute auf Garretts Plan und hoffte das Beste.
    Das Büro lag direkt über der Schenke. Es war ein kleiner Raum, eher eine Art Kammer, in der nur ein einzelner Stuhl stand. Bemerkenswert war jedoch der Fußboden. Diejenigen, die unten in der Schenke saßen und zur Decke hochblickten, sahen schlicht und ergreifend eine Zimmerdecke. Für mich indes, der ich mich im ersten Stock befand, war der Boden durchsichtig, weshalb ich hervorragend zu verfolgen vermochte, was sich im Erdgeschoss abspielte. Soweit ich wusste, hatte Gosmo selbst diese magische Beschaffenheit des Bodens rein zufällig entdeckt, nachdem ein angetrunkener Magier sich an der völlig unschuldigen Schenke für seinen Rausch rächen wollte und irgendetwas mit ihr angestellt hatte. Man kann sagen, was man will – manchmal taugen Magier eben doch zu etwas! Gosmo stand nunmehr ein exquisiter Beobachtungsposten zur Verfügung. Durch diese Entdeckung völlig aus dem Häuschen geraten, war Gosmo damals mir gegenüber damit herausgeplatzt. Am nächsten Tag leugnete er selbstredend zunächst alles, legte jedoch nach einer Weile, da ich nun mal nicht locker lassen wollte, die Karten auf den Tisch.
    Wie ich vermutet hatte, gab es heute keine weiteren Gäste. Wer würde sich auch schon in ein solches Wespennest wagen? Vor allem, wenn der Wespenkönig Markun höchstselbst ist.
    Von den getreuen Schakalen Markuns hatten sich rund zwanzig Stück an den Tischen verteilt. Ja, Stück! Diese Kerle waren nicht mehr als lebende Zugaben zu einem Schwert, nicht mehr als blanke Gewalt, die unverzüglich die Befehle des Haupts der Diebesgilde ausführten. Die ganze Bande war bis an die Zähne bewaffnet und gab sich den Anschein, sich nur noch schnell die Kehle befeuchten zu wollen, bevor sie in den Krieg gegen den Unaussprechlichen zog. Und das Waffenarsenal, das die Herren bei sich trugen, reichte vollauf, um einen kleinen Krieg anzuzetteln.
    Seine Hoheit, Mylord Fettarsch, das Haupt jener Bande von Leichenfledderern, die den Namen Diebesgilde nicht verdiente, saß an einem einzelnen Tisch, der genau unter mir stand. Hätte es zwischen uns nicht den Boden gegeben, ich hätte ihm mit dem größten Vergnügen auf den Glatzkopf gespuckt.
    Das feiste Oberhaupt der Gilde war prächtiger gekleidet als jeder eitle Fatzke am Hof des Sultans: mit einem dunkelbraunen samtenen Wams, das dem König gut zu Gesicht gestanden hätte, nicht aber dem Besitzer eines Dreifachkinns und kleiner Rattenäuglein. Markun widerte mich an, wie eine Nappsülze einen nur anwidern kann, die sich mit ihrem gewaltigen Hinterteil auf die einst bedeutende und herrliche Gilde der Diebe gepflanzt hatte. Früher hatten wir es geschafft, uns auf dem schmalen Pfad möglicher Aufträge aus dem Weg zu gehen, doch diese Zeit war nun vorbei. Für uns beide war der Pfad zu eng geworden.
    Markun gegenüber saß, mit dem Rücken zu mir, ein Mann in schwarzer Kleidung. Obwohl ich sein Gesicht nicht zu erkennen vermochte, ahnte ich doch, um wen es sich handelte. Bleichling, anders konnte es gar nicht sein. Ich hatte ja gewusst, dass auch er heute Nacht anwesend sein würde. Gut, damit waren die Akteure der ersten Szene

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