Schattenwanderer
hier durchzubrechen! Die werden schön auf ihre Leute warten!«
»Wenn es von denen noch welche gibt!«, meldete sich der Bogenschütze zu Wort, den Hargan von seiner nächtlichen Runde her kannte, während er den nächsten Pfeil abschoss. »Pfeile!«
Zwischen den Linien der Bogenschützen und der Schwertkämpfer rannten Männer, um Pfeile zu verteilen. Einer von ihnen lief jetzt zu dem Bogenschützen und stopfte ihm Pfeile in den Köcher.
Bleedhurt gab ununterbrochen Befehle, änderte sekündlich die Schussrichtung und ließ die Pfeile mal im steilen Bogen, mal in fast gerader Linie fliegen. Die dritte Welle der Angreifer hatte weniger Glück als die zweite, nicht mehr als fünfzehn Mann schafften es in die Schlucht.
»Pfeile!«, schrie einer der Soldaten.
Erst in der vierten Welle rückten die Angreifer mit Bogenschützen vor, und während Bleedhurts Mannen noch mit der dritten Welle von Feinden beschäftigt waren, näherte sich ihnen die vierte – mit kurzen Bögen ausgerüstet – auf Schussweite.
Hargan schaffte es gerade noch, einen für diese Fälle aus Brettern gezimmerten Schild aufzunehmen und sich mit diesem zu schützen, ehe eine Schar von Pfeilen auf ihn zuschoss.
Die Schwertkämpfer ließen sich auf die Knie fallen und schützten die Köpfe mit den Schilden. Wer kein Schild hatte, versuchte unter die Schilde seiner Kameraden zu kriechen. Die Soldaten Bleedhurts traf es schlimmer als den Rest, nicht allen gelang es rechtzeitig, den Bogen beiseitezulegen, den Bretterschutz aufzunehmen und sich dahinter in Sicherheit zu bringen.
Hargan spürte, wie sich erst ein Pfeil in den Bretterschutz bohrte, dann ein zweiter. Ein dritter blieb neben seinem Fuß in der Erde stecken. Ein Soldat mit einem kleinen Rundschild schrie auf, als ihn ein Pfeil in den Oberschenkel traf, öffnete kurz seine Deckung – und wurde darauf sogleich von einem Pfeil in den Hals getroffen, röchelte und sank zu Boden.
Schließlich endete der Beschuss, und Hargan warf den Bretterschild fort, der mit Pfeilen gespickt war.
»Macht die Hurenböcke fertig!«, brüllte Bleedhurt. »Worauf wartet ihr noch, ihr Schnallen?«
Die Bogenschützen griffen wieder nach ihren Bögen.
»Feuer frei!«
»Vettel!«, schrie Hargan. »Verluste?!«
»Achtzehn Tote!«, erhielt er nach einer Weile Antwort. »Hauptsächlich Leute von Bleedhurt! Die Verletzten habe ich nicht gezählt!«
»Schuss!«
Eine Sehne flirrte. Und noch eine. Und dann noch eine. Die Pfeile pfiffen durch die Luft und erstickten die Schreie der Sterbenden.
Die fünfte Welle, die sich das Zögern der Bogenschützen Bleedhurts zunutze machte, verschmolz mit der vierten und rannte zur Schlucht. Hinter ihr rollte bereits die sechste heran. Die Bogenschützen des Feindes verzichteten darauf, stehen zu bleiben und zu schießen. Die Bogenschützen der Hundeschwalben eröffneten gezielt das Feuer, in einem fort fielen die Angreifer. Dennoch erreichten zahlreiche Soldaten die Schlucht.
»Schlaft nicht, ihr Schnallen! Sobald die Gegner aus der Schlucht auftauchen, zieht euch hinter die Schwertkämpfer zurück! Auf die sechste Welle! Schuss!«
»Sie sollen nicht schießen!« Siena trat an Hargan heran. Die Kettenhaube war ihr vom Kopf gerutscht, das rotblonde Haar wirkte verworren, ihr Gesicht bleich und entschlossen. »Sobald die sechste Welle in die Schlucht runterklettert, sollen sich die Männer von der Palisade zurückziehen!«
»Feuer einstellen!«, schrie Hargan. »Hinter die Schwertkämpfer!«
»Feuer einstellen! Rückzug! Rückzug!«, ging es durch die Reihen. Die Bogenschützen schossen die letzten Pfeile ab und zogen sich von der Palisade zurück.
»Ihr wisst, was Ihr tut, Lady Siena?« Hargan musste auf das Talent der jungen Zauberin vertrauen.
»Ja! Und jetzt stört mich nicht!«
Hargan stellte sich hinter sie. Sie waren nun allein, er, die Zauberin und zwei Schildträger zu ihrem Schutz.
Die sechste Welle kletterte mit Siegesgeheul in die Schlucht, die siebente und die achte Welle waren im Anzug.
»Die überrennen uns!«, presste einer der Leibgardisten von Lady Siena hervor. »Bei Sagra, die überrennen uns!«
Hargan schwieg. Nur das Geflüster von Lady Siena war zu hören, das sogar die Schreie der Feinde zu übertönen schien.
Der Nebel loderte auf und verwandelte sich in flüssiges Feuer. Das Innere der Schlucht erinnerte nunmehr an einen Schmelzofen der Gnome. Die Hitze schlug Hargan mit schwerer Hand ins Gesicht, er meinte, Brauen und Haare würden Feuer
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