Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
Seite stehen. Für einen Beutel Gold würden sie sogar gegen ihre eigenen Großmütter in den Krieg ziehen. Aber die Elfen … seid Ihr Euch ihrer Treue sicher?«
    »Wir lügen nie«, mischte sich die Frau ein, die den Schleier nun endlich lüftete. »Ich habe selbst gesehen, wie die Armee des Unaussprechlichen hinter den Nadeln des Frosts zum Krieg rüstet.«
    Eine Elfin schaute mich an. Eine echte dunkle Elfin.
    Die Anmut der Elfen – jener Märchenerzähler musste sie sich ausgedacht haben, der auch die Blutdürstigkeit der Kobolde ersonnen hatte. Nur in Märchen sind Elfen bezaubernd, nur in Märchen sind sie unsterblich, nur in Märchen haben sie goldenes Haar, grüne Augen, eine melodische Stimme und einen leichten Gang. Nur in Märchen sind Elfen weise, anständig, gerecht und großherzig. Im Leben jedoch … im Leben kann ein unkundiger Mensch einen gewöhnlichen Elf aus einem der Häuser Sagrabas oder I’aljalas für einen Ork halten. Denn die märchenhafte Schönheit der Elfen, die von sturzbetrunkenen Geschichtenerzählern in den Tavernen noch aufgebläht wird, es gibt sie nicht. Sicher, auch bei dieser Rasse trifft man angenehme Gesichter, aber dass sie der Inbegriff von Schönheit sind, lässt sich wahrlich nicht behaupten. Die Elfen gleichen den Menschen, sieht man einmal von ihrer dunklen Haut, den gelben Augen, den schwarzen Lippen und dem aschgrauen Haar ab. Und die Fänge, wie sie hinter der Unterlippe hervorragen, erschrecken doch jeden. Man darf nicht an die Güte von Elfen glauben. Wer je – versehentlich natürlich – das Grüne Blatt, mit dem sie die Orks quälen, kennengelernt hat, weiß dies. Die Elfen haben ihren nächsten Verwandten, den Orks, nie verziehen, dass diese kurz vor ihnen nach Siala kamen. Die Götter schenkten den Orks Stolz und Wut, den Elfen Gerissenheit und Tücke. Die einen wie die anderen erhielten freilich noch eine andere Gabe: Hass. Bis heute bekämpfen sie einander, vernichten sich in blutreichen Schlachten in den endlosen Wäldern Sagrabas. Später tauchten Gnome und Zwerge in Siala auf, Doralisser und Menschen, Zentauren und Riesen sowie viele andere Rassen. Zuerst waren allerdings diese ungeratenen Kinder da, die Orks und die Elfen. Später teilten sich die Elfen in lichte und dunkle, wobei der einzige Unterschied zwischen ihnen darin bestand, dass die dunklen Elfen dem Schamanismus anhingen, die lichten der Zauberei. Lichte und dunkle Elfen hassen einander nicht, sondern ignorieren sich lediglich. Bis heute können die dunklen Elfen ihre lichten Artgenossen nicht verstehen, die eine ihrer Rasse fremde Form der Magie anwenden.
    »Wenn ich dir Lady Miralissa aus dem Haus des Dunklen Mondes vorstellen darf«, sagte der König und deutete auf die Elfin.
    Ich deutete eine Verbeugung an. Die Endung ihres Namens auf »ssa« verriet mir, dass sie eine Elfin aus dem Herrscherhaus war. Kurz gesagt: eine Prinzessin. »Sehr angenehm, Mylady.«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte die Elfin.
    »Verschiebt eure Höflichkeiten auf später!«, verlangte der König. »Wir haben wenig Zeit, und du, Garrett, musst uns helfen.«
    »Den Unaussprechlichen aufzuhalten?«, fragte ich skeptisch zurück.
    Wenn es das war, was sie wollten, mussten der König und seine Berater den Verstand verloren haben.
    »Ja«, bestätigte der Erzmagier.
    Ohne jeden Zweifel! In diesem Zimmer saßen lauter Verrückte! Alistan lauerte darauf, eine Andeutung von Spott gegenüber seinem König in meiner Miene zu entdecken. Ich riss mich zusammen, wenn auch mit Mühe. Kli-Kli dagegen scheiterte an dieser Aufgabe. Der Kobold brach in Gelächter aus, ließ sich auf den Teppich fallen und hielt sich den Bauch. »Das Schicksal des Königreichs in den Händen eines Diebes! Wenn er es da bloß nicht stibitzt!«
    Ich persönlich fand das überhaupt nicht komisch. Alle anderen übrigens auch nicht, von der dunklen Elfin einmal abgesehen, deren schwarze Lippen sich zu einem höflichen Lächeln kräuselten, mit dem sie dem Scherz Anerkennung zollte, gleichzeitig aber die höfische Etikette wahrte.
    »Schweig, Kli-Kli«, befahl Alistan scharf, ohne den Blick von mir zu wenden.
    »So sei es! Ich schweige, ich bereue, ich sterbe!« Der Kobold breitete mit tragischer Geste die grünen Arme aus. »Wenn Graf Ratte nicht über meinen Scherz lacht, ist es an der Zeit, mich vom Amt des Hofnarren zu entbinden. Dann muss ich arme und unglückliche Kreatur zurück in die heimatlichen Wälder und darauf warten, dass ein hitziger Ork

Weitere Kostenlose Bücher