Schattenwanderer
dieser Summe besaßen.
»Die Anzahlung?« Ich setzte alles daran, meine Stimme fest klingen zu lassen.
»Wie viel brauchst du?«
Ich dachte kurz nach. Es brachte nichts, ständig mehr als dreihundert Goldmünzen mit mir herumzutragen.
»Zweihundert. Ich muss den Bestand aller magischen Läden der Stadt aufkaufen. Schließlich will ich gründlich vorbereitet sein, bevor ich meinen Kopf in das Maul eines Ogers stecke.«
»Du erhältst das Geld, wenn du den Palast verlässt. Und vergiss dein Spielzeug nicht, wenn du gehst. Ist das alles?«
»Ich würde Euch bitten, die offizielle Formel zu sprechen, natürlich nur, falls sie Euer Hoheit bekannt ist.«
»Ich bitte Garrett den Schatten, sich von mir unter Kontrakt nehmen zu lassen«, sprach der König die offizielle Formel aus, mit der ein Dieb und sein Auftraggeber ihren Vertrag schließen.
»Ich gehe den Kontrakt ein«, erwiderte ich seufzend.
»Wir alle haben es gehört.« Die Elfin ließ ihre Hauer aufblitzen und zupfte sich den Schleier wieder vors Gesicht.
Es folgten weder Blitz noch Donner. Sagoth machte sich einfach einen Knoten ins Taschentuch und würde jetzt aufmerksam darüber wachen, dass der Kontrakt erfüllt wurde. Oder seine Diener würden darüber wachen. Damit war mein Schicksal besiegelt. Denn ich konnte nicht nach Hrad Spine aufbrechen, mich unterwegs verstecken und dann behaupten: Tut mir leid, es hat nicht geklappt, obwohl ich mir die größte Mühe gegeben habe. Stalkon war ein kluger Kopf, das hatte er einmal mehr bewiesen. Er hatte alle Ritzen und Lücken gestopft, indem er mir eine enorme Summe angeboten hatte. Wenn ich nun scheiterte, musste ich ihm die Anzahlung zurückerstatten und einen ordentlichen Abschlag auf die Fünfzigtausend leisten. Dieses Geld hatte ich nicht – und das hieße, den Kontrakt verletzen.
»Die herzlichsten Glückwünsche, Garrett!« Kli-Kli würdigte mich einer aparten Verbeugung und zuckte mit den kleinen Beinen, als versuche er, eine Geste der mir unbekannten höfischen Etikette nachzuahmen. Das sah komisch aus, keine Frage, nur war mir gerade nicht nach Lachen zumute. »Jetzt bist du ein Mann des Königs.«
Warum ließ er mich nicht in Ruhe? Verstehe diese Kobolde, wer will!
»Ich habe noch ein paar Fragen.«
Das »Euer Hoheit« sparte ich mir für später. Jetzt ging es nur um den Auftraggeber, Garrett und Sagoth, der uns vom Himmel – oder von sonstwo – aus im Auge behielt.
»Ja?«
»Breche ich allein auf?«
In dem Fall käme ich nämlich mit Sicherheit nie am Ziel an. Entweder würde ich mich in den Wäldern Sagrabas verirren oder unterwegs erschlagen werden.
»Nein. Aber wir haben beschlossen, diesmal einen kleinen Trupp zu entsenden, der unauffällig vorwärtskommt. Jemand hat die erste Expedition ausgespitzelt, vielleicht die Diener des Unaussprechlichen, vielleicht jemand anders, das wissen wir nicht.«
»Wie klein ist ein kleiner Trupp?«, hakte ich finster nach.
»Lady Miralissa und zwei ihrer Artgenossen werden dich durch den Wald geleiten und magisch schützen.«
»Halt!« Ich achtete nicht einmal mehr darauf, dass ich dem König ins Wort fiel. Alistan verzog das Gesicht, aber der konnte mir gestohlen bleiben. Bei einem Kontrakt sind alle gleich. »Ihr habt gesagt … magisch … Wie viele Magier werden mit uns aufbrechen?«
»Kein einziger«, antwortete Arziwus scharf.
»Aber habt Ihr nicht gesagt …«
»Kein einziger«, wiederholte der Erzmagier unerbittlich. »Wir haben ohnehin schon acht unserer besten Magier in diesen verfluchten Beinernen Palästen verloren. Abgesehen davon werden alle Magier in der Stadt gebraucht, falls das Unternehmen scheitert.«
Das Ganze gefiel mir immer weniger. Wenn uns der König ins Labyrinth der Orks schickte, stünde uns wenigstens nur ein kurzer Leidensweg bevor. Ohne einen guten Magier ließ sich in den Wäldern Sagrabas nichts ausrichten, von Hrad Spine ganz zu schweigen.
»Außer den drei Elfen werden auch die zehn Wilden Herzen mit Euch aufbrechen, die Lady Miralissa bereits vom Einsamen Riesen hierher begleitet haben. Dann noch Mylord Alistan. Er wird den Befehl haben.«
Alistan warf mir einen säuerlichen Blick zu. Offenbar reizte ihn die Aussicht, mit einem Dieb zu reisen, nicht sonderlich. Graf Ratte und die Wilden hatten uns also gegebenenfalls Angreifer vom Hals zu halten. Wie viele waren wir damit? Fünfzehn.
»Gut. Wann brechen wir auf?«
»Je eher, desto besser.«
»Dann schlage ich vor: in einer Woche«, sagte ich. »Ich
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