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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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muss mir eine Ausrüstung besorgen und mich gründlich auf diese Expedition vorbereiten. Ich persönlich möchte nämlich heil aus Hrad Spine zurückkehren. Bis zu den Wäldern Sagrabas brauchen wir einen Monat, vielleicht zwei, großzügig berechnet. Einen Monat müssen wir für Hrad Spine veranschlagen und genauso viel für den Rückweg nach Awendum. Damit schaffen wir alles mühelos bis Ende November, Anfang Dezember. Natürlich nur, wenn wir keine Schwierigkeiten bekommen. Euer Hoheit, ich brauche Zugang zur Königlichen Bibliothek.«
    In diesem Punkt hatte sich der Narr geirrt: Ich konnte hervorragend lesen.
    »Wozu denn das?«, fragte Arziwus verwundert.
    »Ich möchte in Hrad Spine nicht wie der letzte Dummkopf herumirren. Ich brauche Pläne und alte Karten, zumindest für den Teil der Menschen. Grok wurde ja wohl nicht in den unteren Terrassen beerdigt, oder?«
    »Nein, sein Grab liegt in der achten Terrasse«, antwortete der Erzmagier.
    Innerlich atmete ich auf. Wenigstens eine gute Nachricht. Wenn sie sich auch in Grenzen hielt. Zu den Terrassen der Oger vorzudringen wäre Selbstmord. So weit runter würde ich nie lebend gelangen, da würde ich eher unterwegs aufgefressen werden. Aber bis zur achten – dieses Risiko konnte ich eingehen.
    »Gut. Ich nehme doch an, dass es in der Bibliothek alte Pläne gibt?«
    »Ja.« Arziwus nickte, fügte nach kurzem Zögern jedoch hinzu: »Aber das Grab Groks wird auf ihnen nicht eingezeichnet sein.«
    »Warum nicht?«, fragte Miralissa erstaunt und riss sich von der Betrachtung des hauchzarten Pokals, der mit Wein gefüllt war, los.
    »Die Magier des Ordens haben es gut versteckt. Die achte Terrasse ist zwar nicht die achtundzwanzigste, gleichwohl haben nicht Menschen sie angelegt. Wer weiß, wer dort lebt und welche Fallen unseren Dieb dort erwarten?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Magier des Ordens keine Aufzeichnungen zur Lage von Groks Grab und zu den Fallen in Hrad Spine hinterlassen haben.« Allmählich fing alles in mir zu brodeln an. »Die muss es doch wohl geben!«
    »Sicher.« Der Alte nickte und hüllte sich noch fester in die Wolldecke.
    »Und wo?«
    Was sollte das? Sie verlangten von mir, den Kontrakt zu erfüllen, legten mir aber alle denkbaren Steine in den Weg und rückten wichtige Informationen nicht heraus.
    »Im alten Turm des Ordens.«
    »Und wo ist der?« Arziwus musste man die Würmer einzeln aus der Nase ziehen.
    »Irgendwo im Geschlossenen Viertel.«
    Da begriff ich mit aller Klarheit, dass ich in der Falle saß.

Kapitel 4

    Die Königliche Bibliothek
    Ich hatte dem König versprochen, in einer Woche wieder im Palast zu erscheinen. Damit blieben mir nur sieben Tage, um ein höchst fragwürdiges Unternehmen vorzubereiten: eine Reise nach Hrad Spine. Am nächsten Morgen begab ich mich deshalb zuallererst in die Königliche Bibliothek am Grok-Platz.
    Natürlich wäre es durch und durch unbotmäßig gewesen und eine Provokation für alle Adligen des Königreichs, wenn ich einfach durch den Haupteingang spaziert wäre. Also umrundete ich das Gebäude rechter Hand und schlängelte mich durch den Strom der bereits erwachten Städter. Der Eingang für Dienstboten lag in einer schmalen Seitengasse. Ich klopfte laut an der Eisentür. Wie immer wurde meine bescheidene Person in frechster Weise ignoriert. Ich ließ ein paar Minuten verstreichen, bevor ich mit doppelter Kraft gegen die Tür hämmerte. Erneut antwortete mir Stille. Schliefen die da alle, oder wie? Möglich wäre das, schließlich gab es nicht so viele Besucher. Die einfachen Menschen in Awendum dachten für gewöhnlich an die Familie, die sie zu ernähren hatten, nicht aber an Bücher. Nachdem ich wieder gewartet hatte, klopfte ich so laut, dass ich damit die Tauben auf den Dächern der Nachbarhäuser aufscheuchte. Ein erschreckter Schwarm stieg in den wolkenlosen Junihimmel hinauf.
    Endlich rührte sich im Schloss etwas, der erste Riegel wurde zurückgeschoben, dann der zweite, und die Tür ging einen Spalt auf. Ein verschrumpelter Alter glotzte mich aus halbblinden Augen mürrisch an. Eine massive Kette, an der man ohne Weiteres ein H’san’kor aufhängen könnte, versperrte mir den Zutritt in die Bibliothek.
    »Was soll der Krach, du Rabauke? Mach, dass du fortkommst! Wirst du frech, ruf ich die Stadtwache! Die kann dir mit ihren Hellebarden den Hintern spicken!« Der Alte lachte quäkend.
    Bevor er mir die Tür vor der Nase zuschlagen konnte, hielt ich ihm den Ring hin, den

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