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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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mir ab und verschwand langsam wieder in der Mauer.
    »Hervorragend!«, schrie ich. »Und wie heißt du?«
    »Varrthaufhand, du Hohlkopf!«, brüllte die Kreatur, die sich noch einmal aus der Mauer herausschob, um dann endgültig in ihr zu verschwinden.
    Immerhin hatte ich mich bei der Begegnung mit Varrthaufhand schon gelassener gezeigt als bei der mit seinem Bruder. Allmählich gewöhnte ich mich an die Herren Dämonen. Ich trat aus dem verfluchten Bogengang heraus und schwor mir: Entweder würde ich einen anderen Weg zu For finden oder unter freiem Himmel nächtigen – aber für kein Gold der Welt würde ich noch einmal durch diesen Gang gehen.
    Die ganze Geschichte wurde immer verworrener. Wie heißt es doch so schön: Je tiefer du in die Öden Lande vordringst, desto grimmiger sind die Oger. Im Schauspiel mit Garrett, dem Pferdedieb, den Doralissern, Wuchjazz, dem Orden Vagliostriens und dem Orden Filands war also eine weitere Figur aufgetaucht: Varrthaufhand. Ob sonst noch jemand Interesse hatte, mitzumachen?
    Wenn ich allerdings denjenigen fände, der das Pferd gestohlen hatte, könnte ich mich allen anderen Seiten gegenüber besser wappnen. Und wenn ich die Dämonen obendrein noch ein paar Tage hinhalten könnte, wäre ich eh aus dem Schneider, denn dann wäre ich aus der Stadt verschwunden – und sie könnten sich einen anderen Idioten suchen. In Hrad Spine würden sie mich jedenfalls nicht kriegen. Nahm ich zumindest an.
    Der Innenhof der Tempelanlage war leer, alle Besucher waren längst nach Hause gegangen. Auf dem Weg zum Ausgang warf ich einen verstohlenen Blick auf das Postament Sagoths. Ganz wie ich vermutet hatte: Auch der Bettler war längst mit meinem Geld verschwunden.
    Selbst in unseren unruhigen Zeiten bot das Viertel der Magier abends – von der Nacht ganz zu schweigen – einen überwältigenden Anblick. Breite Straßen mit prachtvollen Häusern, die mit ihren weithin leuchtenden Ziegeldächern, spitzbogigen Fenstern und verspielten Türmen eher an Paläste erinnerten. Jedes noch so kleine Haus, jeder winzige Laden versuchte das Nachbargebäude an Schönheit zu übertrumpfen. Und wie jeden Abend brannten in den Straßen Lampen in den unterschiedlichsten Farben: Blassblau, Rot, Himbeer, Grün und Orange.
    Nur in diesem Teil Awendums gab es diese Lampen, die Nacht um Nacht brannten, was auch immer in unserer Welt geschehen mochte. Hohe aparte Metallpfeiler, auf denen kleine bunte Sonnen leuchteten, die magischen Lampen Awendums, eines der Wunder Vagliostriens, über das man allerorten sprach. Die Lichter entzündeten sich von selbst, sobald sich der Abend herabsenkte, und brannten dann bis zum Morgen, bis die ersten Sonnenstrahlen aufblitzten. Sosehr der Rat der Stadt auch in die Magier drang, diese Lampen in jeder Straße aufzustellen – es nützte nichts. Die Magier wiesen stur jede Bitte zurück. Arziwus hatte es irgendwie erreicht, dass die magischen Lampen dem Viertel der Magier und dem Königspalast vorbehalten blieben.
    Heute Abend waren die Straßen rappelvoll von Menschen. Sämtliche Betrunkenen hatten sich eingefunden und fegten mit der Geschwindigkeit eines Sommerfeuers bald hierhin, bald dorthin. Das Volk feierte. Wenigstens für längere Zeit waren die Bürger Awendums frei von nächtlichen Ängsten und den Gedanken an die Armee des Unaussprechlichen. Alle priesen den Orden und den Magister Arziwus.
    Denn angeblich war es den Magiern gelungen, die Dämonen aus der Stadt zu vertreiben, weshalb man nun sorglos durch die nächtlichen Straßen schlendern durfte, ohne befürchten zu müssen, von einer solchen Kreatur gefressen zu werden.
    Ich konnte mich nur wundern. Natürlich hegte ich gegen Arziwus, der den gesamten Ruhm des Sieges über die Dämonen für den Orden eingeheimst hatte, keinen Groll. Ich persönlich konnte auf Ruhm verzichten. Nein, mich amüsierte dieses Verhalten, das eher einem tüchtigen Händler zu Gesichte gestanden hätte als dem Magister des hochmütigen Ordens. Wie viele fremde Siege der Orden wohl noch für sich hatte geltend machen können, um damit den eigenen Status zu festigen? Gut, das ging mich nichts an.
    Die breite Straße der Funken ertrank förmlich in magischen Illusionen. Jeder Laden hielt es für seine Pflicht, den Nachbarn auszustechen, wollte auf diese Weise etwaige Käufer für sich gewinnen. Über einem Geschäft loderten grelle Feuerbuchstaben auf, die sich in einen Schwarm Tauben verwandelten, welche flügelschlagend in den Abendhimmel

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