Schattenwandler 02. Gideon
worüber du dir Sorgen machst.“
„Hör sofort auf, mich zu analysieren, Legna!“, befahl Noah.
„Seit dem Tag meiner Geburt hattest du immer meine ungeteilte Liebe und Aufmerksamkeit, Noah. Bist du noch nie auf den Gedanken gekommen, dass du mich einfach nicht mit irgendjemandem teilen willst? Du machst Scherze darüber, aber es gibt Gründe, warum du nicht daran interessiert bist, eine Gefährtin für dich zu finden. Warum solltest du auch? Du hast ein perfekt in Schuss gehaltenes Heim, eine schöne Gastgeberin, die sich um deine sozialen Kontakte kümmert und die emotional gesehen ziemlich pflegeleicht ist. Ich schenke dir ganz unvoreingenommen meine Liebe, meinen Respekt und meine Bewunderung. Ich bin bei dir, weil keiner von den Leuten um dich herum dir so nahesteht, dass er ein zuverlässiger Vertrauter des Königs sein könnte. Es gibt nur eine Sache, die ich nicht für dich tun kann, und ich weiß schon, dass du Mittel und Wege kennst, auch das zu erreichen.“
„Legna“, protestierte er und wurde rot, „das ist nicht wahr.“
„Welcher Teil?“, entgegnete sie und hob eine Augenbraue.
„Ic h … “ Er zögerte und wandte den Blick von ihren durchdringenden Augen ab, und ihm wurde wieder einmal bewusst, dass sie viel mehr sah, als er ihr zugetraut hätte. „Zum einen sind die Dachsparren meines ‚perfekt in Schuss gehaltenen Heims‘ voller Spinnweben“, sagte er mit einem Schmunzeln.
Legna musste lachen. Es war ein kurzer Heiterkeitsausbruch, der die geradezu schmerzhafte Spannung zwischen ihnen sofort löste.
„Du könntest sie mit einem einzigen Gedanken verschmoren lassen und sie selbst loswerden, das würde dich auch nicht umbringen.“
Noah musste unwillkürlich lächeln und schüttelte feierlich den Kopf. Er stieß einen tiefen Seufzer aus. „Hör zu, ich kann nicht zu dir sagen, ich freue mich für dich, wenn es nicht stimmt. Ich kann nicht so tun, als wollte ich dich ermutigen, mich zu verlassen, wenn es mir doch das Herz bricht. Ach, wahrscheinlich will ich einfach nur sage n … “
„Du brauchst Zeit“, beendete sie den Satz für ihn. „Ein Satz, den ich mir in letzter Zeit selbst oft gesagt habe. Ich verstehe, wie du dich fühlst, Noah. Und ich wäre sehr froh, wenn du auch allmählich versuchen würdest, zu verstehen, wie ich mich fühle, ja?“
Der Dämonenkönig nickte stumm. Dann drückte er die Hand seiner Schwester liebevoll und legte in diese Geste das hinein, was er ihr im Moment nicht sagen konnte.
„Ich gehe dann, damit du dich umziehen kannst“, sagte er. Er öffnete die Tür, zögerte aber noch einen Moment. „Willst d u … noch weggehen?“
„Ja.“
„Tust du mir einen Gefallen? Iss bitte morgen mit mir zu Abend.“ Er rüttelte ein wenig am Türknauf, als wolle er prüfen, wie fest er saß. „Es fällt mir bestimmt leichter, mit der Situation fertig zu werden, wenn du dir die Zeit nimmst und mir zeigst, dass es dir gut geht.“
„Nur wenn du mir schwörst, dass Hannah und die Kinder meilenweit weg sein werden“, forderte sie.
„So wie deine Fähigkeiten sich entwickeln“, entgegnete er, und ein kleines Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, „bist du, glaube ich, bald selbst in der Lage, dafür zu sorgen.“
Noah ging hinaus und zog die Tür sanft hinter sich ins Schloss. Kaum war er verschwunden, ging Legna schnell zu ihrem Bett und ließ sich mit einem Seufzer der Erleichterung darauffallen.
Gut gemacht, Nelissuna . Sehr gut gemacht.
Danke. Gideon?
Mmh?
Bitte sag mir, dass wir meine Familie nicht zerstören.
Alles wird gut. Vergiss das nicht. Ich warte auf dich, Liebste. Übrigens, ich weiß, dass du noch nach Isabella sehen willst. Das wäre allerdings ganz gegen meine ärztliche Anweisung.
Also, das geht mir langsam auf die Nerven. Weißt du noch, wie du gesagt hast, wir müssten Noah davon überzeugen, dass du mich glücklich machen wirst?
Natürlich.
Also, es würde mich sehr glücklich machen, wenn du meinen Kopf eine Weile räumen könntest.
Du weißt, dass das so gut wie unmöglich ist.
Versuch es!
Wie du willst. Für den Momen t …
Und dann spürte sie, wie er aus ihren Gedanken verschwand.
7
Mit dem leise platzenden Geräusch, das gewöhnlich ihr Erscheinen ankündigte, tauchte Legna im Salon ihrer Freunde auf. Sie wandte sich dem Mann zu, der hinter ihr saß und nun sein Buch zur Seite legte, um aufzustehen.
„Legna, schön, dich wieder gesund und munter zu sehen“, begrüßte Jacob sie.
„Danke. Ja, es ist
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