Schattenwandler 02. Gideon

ein gutes Gefühl. Ich wollte gern schauen, wie es Bella geht.“
    Jacob ging hinüber zur Bar, nahm zwei Gläser heraus und eine Karaffe mit cremig gelber Milch.
    „Sie schläft viel. Aber das war auch nicht anders zu erwarten.“ Er wandte sich kurz ab und reichte ihr kurz darauf ein Glas, das er mit der köstlichen Flüssigkeit gefüllt hatte. „Ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit, mich bei dir zu bedanken. Ich stehe für immer in deiner Schuld, Legna. Falls du einmal etwas brauchst, frag einfach.“
    „Danke“, sagte sie erneut und schnupperte an dem Glas. „Hmm, köstlich. Giraffe?“
    „Sehr gut“, lobte der Vollstrecker. „Viele verwechseln es mit Zebra.“
    „Eine sehr forsche Wahl so früh am Abend“, bemerkte sie. „Alles in Ordnung mit dir, Jacob?“
    „Erst wenn die Krise vollständig vorbei ist.“ Er ließ die Milch einen Moment in seinem Glas kreisen. „Das Bild von Bella, wie sie in ihrem eigenen Blut liegt, hat sich in mir eingebrann t … und ich kann nich t … “
    Jacob verstummte, räusperte sich und sah hinauf zur Decke, während er stockend Luft holte.
    „Es wird mit der Zeit verblassen“, tröstete Legna ihn in ihrer beruhigenden Art. „Denk einfach immer daran, dass Bella jetzt in Sicherheit ist und dass sie bald wieder gesund wird.“
    „Ich weiß. Aber ich muss zugeben, dass ich mich kaum traue, aus dem Haus zu gehen. Trotz der Wachen draußen und obwohl Noah in Rufweite ist. Ich habe nicht gespürt, dass sie in Gefahr schwebt, bis es fast zu spät gewesen war. Ich verstehe das nicht. Sie ist vierundzwanzig Stunden am Tag in meinem Kopf. Wie kann es da sein, dass ich es nicht bemerke, wenn sie so brutal angegriffen wird, wenn sie das Bewusstsein verliert und plötzlich nicht mehr da ist.“
    „Jacob, du bist zu streng mit dir.“
    „Als sie gesagt hat, dass sie sich nicht gut fühlt, hätte ich wissen müssen, dass das irgendeine Vorahnung ist. Auch jetzt während ihrer Schwangerschaft ist Isabella eigentlich nie nervös. Sie nimmt die Dinge einfach so, wie sie kommen. Aber sie hat ständig Vorahnungen, und ich hätte wissen müssen, dass das der Grund war für ihre Unruhe, als ich sie allein gelassen habe. Ich weiß nicht, warum ich nicht daran gedacht habe. Und ich weiß auch nicht, warum sie es nicht selbst begriffen hat.“
    „Vorahnungen sind eine ganz dumpfe Fähigkeit. Das weißt du, Jacob. Und sie lebt erst seit fünf Monaten damit. Sie hat keine Ahnung, wie man sie von anderen Gefühlen unterscheidet oder wie man sie deutet. Und wie kommst du überhaupt darauf, dass du das besser können müsstest als sie? Du bist Fährtenleser und Jäger, kein Wahrsager.“
    Jacob ließ sich mit einem Seufzer wieder auf die Couch sinken und rieb sich über den Nasenrücken. Er wirkte erschöpft, und Legna spürte die widerstreitenden Gefühle in seinem Innern. Sie setzte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf das Knie.
    „Du bist dafür nicht verantwortlich, Jacob. Und wie ich Bella kenne, wird sie ziemlich wütend sein, wenn sie dich dabei erwischt, dass du dir die Schuld gibst. Wie soll sie sich denn erholen und ruhig bleiben, wenn ihr Gefährte so aufgewühlt ist? Sie schläft vielleicht, aber sie spürt dich. Das weiß ich genau.“
    Jacob sah die hübsche Schwester seines Königs an und musterte sie mit seinen scharfen Augen von Kopf bis Fuß. Dann streckte er die Hand aus und tupfte ihr leicht auf die Wangen unter ihren veränderten Augen.
    „Jetzt verstehe ich“, sagte er plötzlich. „ Du bist der Grund, warum ich Gideon spüre, auch wenn er gar nicht in der Nähe ist.“
    Legna zog ihre Unterlippe zwischen die Zähne und nickte.
    „Du trägst seinen Duf t … aber noch nicht vollständig.“ Jacob legte den Kopf schräg, um sie noch genauer zu betrachten. „Es ist lange her, dass ich es erlebt habe, wie zwei Dämonen sich aufeinander prägen. Es ist ein ganz besonderes Geschenk, Legna. Du hast wirklich Glück.“
    „Weißt du was?“, lachte Legna leise. „Du bist der Erste, der etwas Positives darüber sagt. Gideon und mich eingeschlossen.“
    „Ich nehme an, Noah steht kurz vor dem Nervenzusammenbruch?“
    Wieder nickte Legna.
    „Noah ist erstaunlich ausgeglichen für einen Feuerdämon. Die Einzige, die ihn wirklich wütend machen kann, ist deine fruchtbare Schwester.“
    „Ich weiß.“ Legna lachte. „Ich denke, ich kann mich glücklich preisen. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft Noah wegen mir wirklich ausgerastet ist.“
    „Das