Schattenwandler 03. Elijah
eine andere Gestalt annahmen. Ein Falke hatte einen ganz anderen Halsumfang als eine Humanoide, auch wenn die Prinzessin ein kleines, zartes Wesen war. Sie konnte nicht sehr viel größer sein als einen Meter fünfzig. Doch wie ihre Schwester hatte sie eine beeindruckende Ausstrahlung, sodass sie etwas größer wirkte, als sie tatsächlich war. Und ihre zweifarbigen Haare und Augen, die an einen Harlekin erinnerten, waren schön, aber auch irritierend.
Jacob nahm die Prinzessin behutsam beim Arm und führte sie ein Stück von dem streitenden Paar weg.
„Ich bin Jacob, der Vollstrecker des Dämonenkönigs. Entschuldigt bitte, dass ich Euch ohne jede Vorwarnung einfach mitgenommen habe, aber Ihr wart beide in großer Gefahr.“
„Ich glaube Euch“, versicherte sie und nahm seine ausgestreckte Hand. „Ich bin Syreena, die Ratgeberin und die Schwester der Königin.“ Sie sah sich kurz nach ihrer Schwester um. „Täusche ich mich, oder sind wir im Moment hier so überflüssig wie ein Loch im Schirm?“, meinte sie dann.
„Wollt Ihr damit sagen, dass wir Eure Königin und meinen Heerführer ihrem Schicksal überlassen sollen?“, fragte Jacob mit einem leichten Lächeln. „Das wäre doch ganz schlechter Stil.“
„Ich weiß“, lachte sie. „Aber Ihr musstet ja in den letzten Tagen nicht am Hof leben mit ihr.“
„Glaubt mir, er war nicht viel besser.“
Sie tauschten einen letzten Blick, bevor sie sich in Staub und einen Falken verwandelten, ohne dass ihre Begleiter es bemerkten.
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„Ich bin überhaupt nicht stur“, beharrte Siena, und ihre goldenen Augen blitzten zornig. „Wenn du dich von mir ferngehalten hättest, wäre das alles nicht passiert!“
„Da wüsste ich aber wirklich gern, wie du darauf kommst“, fragte Elijah.
„Wenn du mich vorher nicht schikaniert hättest …“
„Schikaniert?“, unterbrach er sie. „Ich habe nur versucht, dir klarzumachen, wie dumm es ist, wenn du dich quälst und dich gegen etwas auflehnst, was unvermeidlich ist. Ich versuche, dich zu schützen vor …“
„Ich habe dich nicht um deinen Schutz gebeten. Und ich schwöre bei der Göttin, dass ich das auch nie tun werde!“
„Zu spät!“, erinnerte er sie mit einem gemeinen Blick voller Genugtuung. „Pass lieber auf, was du schwörst, oder du kriegst irgendwann die Rechnung präsentiert.“
„Inwiefern? Indem ich in die Hölle fahre zu den ganzen Dämonen? Ich glaube, da bin ich schon, besten Dank.“
Sie wandte sich ab, um in den Wald zu laufen und, so weit sie nur konnte, von ihm wegzukommen. Dieses Mal hatte sie schon damit gerechnet, dass er sie an den Haaren packen würde, und duckte sich geschickt weg. Mit einem Triumphschrei sprang sie zurück und lachte. Dann verwandelte sie sich so schnell, dass er kaum Zeit hatte zu blinzeln, von einer Frau in eine Werkatze.
Elijah wich klugerweise einen Schritt zurück, während er sie anstarrte, die ovalen Pupillen, die nackten Krallen und den angriffslustig hin und her schlagenden Schwanz. Sie hatte sich dreimal so stark gemacht, wie sie ohnehin schon war, und auch ihren Raubkatzeninstinkt noch verstärkt.
Mit diesem Wesen wollte er sich nicht auf einen Kampf einlassen. Er wollte überhaupt nicht mehr mit ihr kämpfen und ihr etwas klarmachen, was sie nicht verstehen wollte. Also ignorierte er ihre Herausforderung, wandte sich mit einem ergebenen Seufzer ab und ging ein paar Schritte von ihr weg. Dann veränderte er seine Gestalt und verschwand in der anbrechenden Morgendämmerung.
Siena war erstaunt, dass er sich zurückgezogen hatte, und nahm vor lauter Verwirrung wieder ihre menschenähnliche Gestalt an. Sie blickte sich um und bemerkte, dass es schnell heller wurde im Wald. Sie verschob es, darüber nachzudenken, was der Dämon jetzt wieder vorhatte, verwandelte sich in die Berglöwin und rannte nach Hause. Wenn sie so schnell lief, wie sie konnte, wäre sie nur eine Stunde nach Tagesanbruch wieder in ihrem Schloss.
Sie nahm keine Notiz von der Wolkendecke, die ihr den ganzen Weg zu folgen schien.
„Zweifellos wissen sie jetzt, dass du nicht tot im Wald liegst“, bemerkte Noah. „Und dass ihre Falle entdeckt wurde.“
Noah wartete auf eine Antwort, doch als die nicht kam, sah er von der Schriftrolle auf, die er akribisch zu entziffern versuchte. Elijah lehnte mit dem Rücken zu Noah am Schreibtisch, die Arme vor der Brust verschränkt, die Füße gekreuzt. Aber obwohl der Krieger so lässig dastand, war klar, dass er emotional und
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