Schattenwandler 03. Elijah
hätte. Sie war kurz irritiert, doch dann erkannte sie, wo sie waren. Sie standen vor dem Eingang von Jinaeris Höhle, wo alles angefangen hatte.
Sobald sie das Gleichgewicht wiedererlangt hatte, schob sich Siena von ihm weg und starrte ihn mit flammender Wut an.
„Kannst du mir mal verraten, was du da tust?“, fauchte sie ihn an.
„Deinen verdammten Arsch retten“, fauchte er zurück.
Da bemerkte sie, dass er zornig war. Nicht ein bisschen verärgert, sondern absolut geladen. Seine Augen flackerten, und das Grün war so dunkel, dass sie fast schwarz aussahen. Plötzlich fühlte sie sich verletzlich und unterlegen, und instinktiv legte sich ihr Haar eng um ihren nackten Körper.
Wenige Augenblicke später materialisierten sich zwei weitere Wesen aus einer Staubwolke in die Gestalt des Vollstreckers und in Sienas Schwester Syreena. Syreena war es gewohnt zu fliegen, daher war sie nicht so orientierungslos wie Siena. Aber so plötzlich in seine einzelnen Moleküle zerlegt zu werden war für jeden beunruhigend, der diesen Vorgang nicht kannte. Deshalb sah auch sie etwas blasser aus als sonst.
„Das war eine Falle!“, blaffte Elijah Siena an, und sie schaute erschrocken wieder zu ihm hin. „Da waren rund hundert Nekromanten und Jäger, die uns umzingeln wollten!“
„Unmöglich!“, gab sie zurück und ballte ihre schmalen Hände zu Fäusten. „Das hätte ich doch gerochen. Du weißt genauso gut wie ich, dass Magier für uns Schattenwandler absolut ekelhaft stinkende Kreaturen sind. Es kann nicht sein …“
„Anscheinend doch!“, unterbrach Elijah sie und beugte sich so weit vor, dass sie instinktiv zurückwich. „Wir haben es hier nicht mehr bloß mit aus der Art geschlagenen Menschen zu tun, Siena. Da draußen sind Dämonen, die dich auf eine Weise täuschen können, wie du es dir nicht vorstellen kannst. Es hat einen Grund, warum dein Vater nie einen Krieg gegen uns gewonnen hat, auch wenn er sich noch so bemüht hat. Und du kannst mir glauben, dass ich deinen Untertanen, die mich für einen Schlächter halten, noch viel mehr Schaden hätte zufügen können!
Ein Geistdämon wie Ruth kann dich dazu bringen, dass du alles siehst, riechst und hörst, was er will. Das kann sie sogar mit uns machen, mit ihren eigenen Leuten, und darum kann sie das erst recht mir dir machen. Jacob und ich haben das bloß deswegen durchschaut, weil wir andere Fähigkeiten einsetzen können, um ihre Körperwärme zu spüren.“
„Was er sagt, stimmt, Siena“, schaltete sich Jacob vorsichtig ein, denn er hatte gemerkt, dass Elijah im Moment nicht besonders diplomatisch war. Jacob wusste, welches Entsetzen einen packte, wenn man mit ansehen musste, wie der eigene Partner in Todesgefahr geriet, und welche Folgen das für die eigene Persönlichkeit und für die eigene Seele hatte. „Ihr beide wärt innerhalb von ein paar Minuten abgeschlachtet worden, wenn Elijah Euch nicht gesehen hätte. Ich garantiere Euch, dass sie sich diesmal auf Lykanthropen eingestellt hatten. Ich kann alle Metalle auf der Erde spüren, und ich versichere Euch, sie hatten so viel Silber dabei, dass sie nicht nur Euch zwei nichts ahnende Gestaltwandler hätten töten können.“
„Ich habe nichts gesehen“, meinte Syreena ungläubig. „Ich bin ganz bewusst ein paarmal über dem Wald und über der Lichtung gekreist, bevor ich Siena ein Zeichen gegeben habe, dass alles in Ordnung ist.“
Aber es war klar, dass die Frau mit dem zweifarbigen Haar nicht bestreiten wollte, was Jacob und Elijah ihnen gerade erklärt hatten. Sie war lediglich zutiefst schockiert.
„Wenn du einen Beweis brauchst, kann ich dich gern zu der Lichtung zurückbringen und dich runterschmeißen, damit du einen Tritt in den Hintern kriegst“, drohte Elijah.
„Wie kannst du es wagen, so zu mir zu reden!“
Jacob zuckte zusammen, und die zweite Frau wandte sich zu ihm um und verdrehte die Augen. Da bemerkte er, dass auch sie ein kostbares Geschmeide aus Gold und Mondstein um ihren Hals trug. Ihre Kette war jedoch nur etwa zweieinhalb Zentimeter breit, während der Halsschmuck der Königin über fünf Zentimeter breit war. Jacob nahm an, dass die andere Frau ebenfalls ein Mitglied der königlichen Familie war, obwohl Gideon ihm während seiner Zeit als Botschafter nie etwas von einer Prinzessin am Hof erzählt hatte.
Die beiden Colliers waren bemerkenswert, dachte Jacob. Irgendein Zauber musste darauf liegen, sodass sie enger oder weiter wurden, wenn ihre Trägerinnen
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