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Schattenwandler 04. Damien

Schattenwandler 04. Damien

Titel: Schattenwandler 04. Damien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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sie mit einem Schulterzucken.
    Sie hatte sich in ihre Decke eingewickelt, damit sie nicht fror. Er sah den Rand eines rauchblauen Rocks um ihre Knie. Anscheinend hatte Windsong ihr ein Kleid geliehen, als Ersatz für ihr eigenes zerfetztes und schmutziges. Sie war barfuß, und allein der Anblick ihrer nackten Füße auf dem kalten Boden jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
    „Komm her“, befahl er sanft und winkte sie zu sich.
    Sie gehorchte stumm, ein Zeichen dafür, wie verletzlich sie sich noch fühlte. Er umfasste ihre zarte Gestalt, hob sie vom Boden hoch und setzte sie neben sich auf einen Findling. Die Decke schützte sie vor der Kälte des Steins.
    Er setzte sich nicht zu ihr, weil auf der leicht schrägen Oberfläche nicht genug Platz war. Stattdessen lehnte er sich neben ihren Knien mit der Hüfte dagegen und betrachtete sie von Kopf bis Fuß.
    „Ich war bis jetzt nur einmal krank in meinem Leben“, sagte sie leise und wandte den Blick hinauf zu den hellen Sternen.
    „Du bist nicht krank“, erinnerte er sie sanft.
    „Aber es fühlt sich so an. Wenn nicht sogar schlimmer.“
    „Das kann ich mir vorstellen.“
    „Es ist während der Krankheit passiert“, erklärte sie, und ihre Finger strichen zuerst durch ihre braunen Strähnen und dann durch das, was von den grauen geblieben war.
    „Welche Farbe hatten sie ursprünglich?“, fragte er aus echter Neugier.
    „Hmm. Ich erinnere mich gar nicht mehr daran. Es ist schon so lange her. Ich glaube, ich habe Siena mal in einem Brief danach gefragt, und sie hat es der Einfachheit halber ignoriert.“
    „Vielleicht wollte sie so verhindern, dass du dich gegen eine deiner beiden Hälften stellst.“
    „Stimmt“, sagte sie mit einem Nicken. „Es war anfangs sehr schwer zu akzeptieren, dass ich so anders bin. Bestimmt war es damals ganz schön anstrengend, mich um sich zu haben. Seltsam, dass man sich an Dinge, die in jungen Jahren so wichtig sind für einen, später kaum mehr erinnert.“
    „Ich kann mich an meine ersten Hundert Jahre kaum erinnern“, sagte er. „Es ist alles irgendwie verschwommen.“ Sein durchtriebenes Lächeln erreichte seine Augen und strafte ihn Lügen.
    „Ich verstehe. Du hast alles Mögliche angestellt, stimmt’s?“
    „Und ob“, lachte er. „Zu viel. Zu viel Spaß. Wenn wir jung sind, können wir das nicht verstehen. Das verstehen wir erst, wenn wir einmal auf der Schattenseite des Berges sind.“ Sein Lächeln verschwand, als sie zu ihm aufsah. „Ich bin danach eine Zeit lang in Kältestarre verfallen. Die Ernüchterung war das Schlimmste, was ich je davor oder danach gefühlt hatte. Ich habe mir buchstäblich ein Loch gesucht und mich dort hundertzwanzig Jahre verkrochen. Als ich aufgewacht bin, habe ich mit mir selbst einen Pakt geschlossen, dass ich mit meiner Zeit und mit meinen Vergnügungen vorsichtiger und achtsamer umgehen will. Seitdem bin ich nicht mehr so leicht aus der Fassung zu bringen.“
    „Weshalb du diese Kraft und diese Weisheit gewonnen hast, um der Prinz deines Volkes zu werden.“
    „Ich nehme es an.“ Er betrachtete ihre Züge eingehend. „Hat es dich nie geärgert, dass dein ganzer Lebensweg von jemand anders bestimmt wurde?“
    „Oh doch! Ärgern ist vielleicht das falsche Wort. Ärgern tun sich Kinder. Erwachsene sind eher frustriert.“
    Damien verstand diese Unterscheidung nur zu gut. Ihre Stellung erlaubte ihr nicht den Luxus des guten, alten Wutanfalls.
    „Vielleicht wirst du ja irgendwann die Gelegenheit bekommen, deinen eigenen Weg zu gehen.“
    „Vielleicht. Vielleicht, wenn Siena ihre eigene Familie hat, um das Thronerbe zu sichern. Doch selbst dann werde ich ihre wichtigste Beraterin sein. Ich bin nüchtern, wenn ihre Gefühle sie zu übermannen drohen. Sie braucht mich.“
    „Und was brauchst du, Syreena?“, fragte er sanft.
    „Ich brauche es, gebraucht zu werden“, sagte sie und versicherte sich, dass sie damit zufrieden war. Doch sie wussten beide, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach. „Warum fragst du mich das?“
    „Die Frage müsste doch eher lauten: Warum fragst du dich das nicht selbst?“, erwiderte er.
    „Verstehe. Auf einmal kennst du mich so gut?“ Ihr Ton war böse und schneidend, ein so durchschaubarer Abwehrmechanismus wie ein Neonschild, auf dem stand BETRETEN VERBOTEN .
    „Ich weiß, was es heißt, wenn man Verantwortung tragen muss und wenn sich alle Erwartungen auf einen richten. Ich weiß, was es heißt, Mitglied eines Königshauses zu

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