Schattenwandler 05. Noah
von der Frau, die du für mich finden sollst. Seit sechs Monaten träume ich jeden Tag von ihr.«
Corrine zuckte zusammen, als er ihr diese Information so voller Schmerz preisgab. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass es eine solche Qual sein konnte. Ein halbes Jahr lang jede Nacht vom perfekten Partner zu träumen, das musste die Hölle sein für ein Wesen, das so intensiv empfinden konnte wie Noah.
»Warum bist du nicht früher gekommen?«, fragte sie schließlich, und sie wusste, dass es das war, was ihn zu ihr geführt hatte.
»Weil ich der König bin, meine liebe Druidin. Du stammst aus einer Kultur, der das längst nicht mehr so viel bedeutet wie uns, doch bestimmt hast du eine Vorstellung davon bekommen, seit du mit Kane zusammenlebst.«
»Ja, das habe ich. Zumindest weiß ich inzwischen, dass alle Dämonen unter deiner Herrschaft erwarten, dass du um des Königreichs willen nicht allein bleibst.« Corrine stellte sich breitbeinig hin und stemmte die Hände in die Hüften. »Tatsache ist doch, dass jeder Dämon, den ich kenne, bei dieser Vorstellung lachen würde. Gib dafür die Schuld nicht deinem Volk, Noah. Ich bin vielleicht keine Expertin, was dein Volk betrifft, aber ich weiß, dass deinen Leuten nichts lieber wäre, als wenn du deiner seelenverwandten Gemahlin dein Herz schenktest. Also lassen wir den Quatsch und kommen wir endlich zum eigentlichen Grund, warum du Tag für Tag lieber im Bett gelegen und dich lieber gequält hast, als zu kommen und um Hilfe zu bitten.«
»Verdammt«, bellte er und schlug mit der Faust so fest gegen den Fensterrahmen, dass das Glas klirrte. »Hat dein Mann dir nicht beigebracht, wie man mit jemandem in meiner Position spricht?«
»Ah, leck mich doch«, polterte Corrine, und das Temperament, das in ihrer Familie lag, ging mit ihr durch. »Wenn es dir nur darum geht, dem Protokoll und diesem ganzen selbstherrlichen Quatsch zu folgen, dann verschwende lieber nicht meine Zeit!« Sie trat näher zu ihm hin, obwohl ihr Ausbruch die Luft um ihn herum ziemlich erhitzt hatte. »Wenn du ein richtiger Monarch wärst, würdest du die Gelegenheit nutzen und deinem leidenden Volk mit gutem Beispiel vorangehen. Und es leidet wirklich, Noah. Je länger sie ohne Partner sind, desto eher werden sie ihrem Instinkt nachgeben und die Gesetze brechen und Unschuldige in Gefahr bringen. Du bist ein außergewöhnlicher Anführer und Gelehrter. Aber wo bleibt dein Verstand, wenn es um diese Sache geht? Kane hat mir erzählt, dass du seit Jahrhunderten nach einem Heilmittel für das Leiden suchst, das deine Leute in den Heiligen Nächten überkommt. Also, hier ist es, Noah«, sagte sie heftig und stieß sich mit dem Finger gegen die Brust. »In mir! Komm zu mir . Und sorg dafür, dass sie zu mir kommen.«
»Corrine …«
»Was ist? Was für eine Ausrede hast du jetzt wieder?«, schimpfte sie.
»Keine Ausrede«, versicherte er ihr leise. »Nur ein Bekenntnis. Ein Bekenntnis der einen Wahrheit, die hinter all den Fragen steckt, die du ganz zu Recht stellst.«
»Und das wäre?«, verlangte sie zu wissen.
»Angst«, antwortete er mit einem Seufzen. »Ganz einfach Angst.«
»Angst?« Corrine starrte ihn verblüfft an. »Wieso um Gottes willen sollte dir eine Prägung Angst machen? Noah, bist du blind? Hast du nicht gesehen, wie viel neue Liebe es in den letzten drei Jahren um dich herum gegeben hat?«
»Ja, natürlich«, sagte er ungeduldig, während er sich zu ihr umwandte und sie anblickte. »Ich habe ja schließlich Augen im Kopf und Gefühle. Ich sehe, wie ihr umeinander kreist wie kleine Planeten, tief in eurer kleinen Welt und die Blicke ineinander versunken. Ich schaue es mir an, bis ich blind bin vor Eifersucht, Corrine!«
»Noah, bitte … vergib mir«, bat sie ernst und mit vor Bestürzung gerunzelter Stirn. »Das verstehe ich nicht. Beim besten Willen nicht. Was ist das für eine Angst? Warum bist du eifersüchtig, wo ich dir diese Freude doch schenken kann? Du bist so klug, aber ich kann keine Logik darin erkennen.«
»Ich habe Angst …« Er zögerte, denn es war ein Satz, der ihm fremd war und der bitter klang. »Ich habe Angst, dass ich zu spät dran bin.«
»Noah …«
»Sie hat so gelitten. Sie hat so viel durchgemacht, und ich war nicht da, um es ihr zu ersparen«, gestand er hastig. »Ich weiß nicht, was es war oder ob sie noch immer leidet, denn ihre Gefühle sind so wechselhaft. Ich habe Angst, sie zu mir zu nehmen, sie in dieses Leben zu zwingen. Königin an meiner
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