Schattenwandler 05. Noah
nicht auf das erschrockene Gedränge mächtiger Dämonen, die sich beeilten, ihm den Weg freizumachen und ebenfalls auf sicheren Abstand zu gehen. Auch Prinzessin Sarah hatte Angst, ihr Herz pochte wild und ihre Hände wurden feucht. Doch sie umklammerte die Armlehnen des Throns und zwang sich zu einem Lächeln, um ihm zu beweisen, dass er sie nicht einschüchtern konnte, obwohl sie ihm noch nie so nah gewesen war, wie sie es jetzt gleich sein würde.
Das Erste, was sie hören konnte, war der langsame und gleichmäßige Rhythmus eines Herzschlags.
Sie hob das Kinn, spürte die Kühle, die darüberfuhr, als sie es von dem warmen Kissen hob. Der Herzschlag wurde schwächer, als sie den Kopf höher hob und blinzelte.
Das Nächste, was sie bemerkte, war dieser durchdringende, betäubende Geruch. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, war er da. Der Geruch hatte Temperatur, falls das möglich war. Erhitzt, doch nicht ganz offenkundig. Auf einigen Ebenen war er mild, wie leichtes Moschus und spielerische Männlichkeit.
Auf anderen Ebenen war er feuriger. Gehaltvoll und rauchig.
Ja, das war es.
Rauchig. Geräucherte Zeder, glimmender Ahorn und ein süßer Hauch von Apfelholz.
Es war derselbe Geruch, der sie seit Monaten umgab. Er verfolgte sie ständig, manchmal geradezu aufdringlich, dann wieder auf unerklärlich leidenschaftliche Weise, die sie dazu brachte, sich zu winden.
Er mochte es nicht, wenn sie von ihm abrückte, was sich in der besitzergreifenden Art zeigte, mit der er ihr glattes Haar packte. Sie wusste ganz instinktiv, dass er fasziniert war von ihrem Haar. Dauernd berührte er es und hielt sie daran fest und zog es an die Lippen.
Sie war zu müde, um sich gegen ihn zu wehren. Nach sechs Monaten glückseliger, verzweifelter Folter in seinen hartnäckigen Händen und mit seinem störrischen Charakter war sie süchtig danach, wie er sie zu seinem und zu ihrem eigenen Vergnügen gefügig machte. Bevor es ihn gegeben hatte, war sie stolz gewesen auf die Disziplin, mit der sie ihren Körper behandelt hatte. Gymnastik, Kampfkunst und Marathonläufe waren ihre Messlatte gewesen, und in allem war sie irgendwann hervorragend gewesen.
Doch das alles war zum Teufel gegangen, als seine Fingerspitzen ihre Haut berührt hatten und sie seinen Atem an ihrem Ohr gespürt hatte. Er flüsterte etwas, das wusste sie, doch die Worte verschwanden unter der Hitze seines erregten Atems.
Es machte ihr nichts aus. Sie konnte seine Gesichtszüge nicht sehen, also konnte sie sich einreden, dass es nur ihre Fantasie war und sie sich dieser somit hingeben konnte.
Dann erinnerte sie sich, dass ihre Fantasie sich auf diesen geheimnisvollen Mann und seinen betörenden Duft richtete, jedes Mal, und dass sie ihr Herz schneller schlagen spürte, als sie sich eingestand, dass das mehr war als nur ein Traum. Dieser Gedanke führte jedes Mal dazu, dass sie sich gegen ihn wehrte, auch wenn sie wusste, wie sinnlos es war. Er musste sie nie gewaltsam seinem Willen unterwerfen; er konnte das mit einer bloßen Berührung, mit seinen warmen Lippen, und ihr Widerstand schmolz dahin.
Kestra schrak mit einem verstörten Brummen aus dem Schlaf hoch und zwang sich, ganz wach zu werden, um einen hörbaren Protestlaut von sich zu geben. Sie lag zwischen verschwitzten Laken, atmete schwer und spürte, wie ihre Brust unter den heftigen Herzschlägen schmerzte. Sie presste eine Hand auf ihre Brust.
»Verdammt!«, fluchte sie zur Decke hinauf, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie den Mann im Traum, Gott oder sich selbst verfluchte. Egal, wer es war, jedenfalls spielten sie ihr üble Streiche im Schlaf, wenn sie am verwundbarsten war. Es machte sie mürbe, und ihre Konzentration, ihre Stärke und ihre Ausgeglichenheit, die wichtigsten Mittel bei ihrer Arbeit, hatten erheblichen Schaden genommen. Wenn James erst bemerkte, dass sie aus dem Tritt war, dann wusste sie, dass sie in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Sie brauchte Schlaf, doch mit dem Schlaf kam er . Doch es gelang ihr auch nie, wach zu bleiben, und so endete sie wieder unter seiner Knute im Traum.
Kestra glitt aus dem Bett und kühlte ihren heißen, feuchten Körper, indem sie in ihren dünnen karierten Boxershorts, die an der Taille umgeschlagen waren, damit sie besser auf ihre schmalen Hüften passten, und dem weißem Rippenhemd auf und ab ging. Sie versuchte, die Ruhelosigkeit abzuschütteln, die diese Träume mit sich brachten.
Sie musste unbedingt flachgelegt werden.
Das war das
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