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Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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gab Jacob einen Seufzer von sich und ließ sich auf den Boden fallen. In seiner plötzlichen körperlichen Schwäche konnte er nichts anderes tun, als ihr dabei zuzuschauen, wie sie verschwand. Doch es dauerte nicht lange, bis er wieder aufstand und das Gewirr aus falschen Spuren, die sein Herr und Gebieter für ihn gesponnen hatte, aufdröselte.
    »Sie zählen es nicht?«, fragte Sands.
    Sie blickte unter ihren Wimpern, die genauso weiß waren wie ihr Haar, zu ihm auf und sah ihn mit ihren hellblauen Augen an.
    »Muss ich?«
    »Natürlich nicht.«
    »Warum nicht?«, fragte sie gelassen.
    Sands lachte. »Machen Sie Witze? Jemand, der versuchen würde, Sie zu betrügen, muss verrückt sein.«
    »Und deshalb muss ich auch nicht zählen«, erwiderte sie und nahm die Schachtel, um sie in ihre Handtasche zu stecken. Dann schwang sie diese mit solcher Leichtigkeit über die Schulter, als wenn nur ein Kamm und Lippenstift darin wären und nicht noch fast eine Viertelmillion Dollar in bar.
    »Wir rufen Sie wieder an«, sagte Sands höflich.
    »Davon gehe ich aus.«
    Sands stand auf, wischte sich die Handfläche an seinem Taschentuch ab und streckte ihr die Hand hin. Kestra lächelte höflich und ließ beide Hände auf dem Riemen der Handtasche liegen.
    Jim hatte ihr immer vorgeworfen, dass sie so einen unheimlichen sechsten Sinn hatte, und das machte ihn verrückt. Der Schauer, der ihr plötzlich das Rückgrat hinaufkroch und an ihrem Haaransatz kribbelte, hatte nie getrogen, wenn es darum ging, sie vor etwas zu warnen. Sie ging davon aus, dass ihr Unterbewusstsein Hinweise zusammenfügte, die ihr Bewusstsein nicht direkt wahrnahm.
    Sie senkte ihre dichten weißen Wimpern über die diamantblaue Iris ihrer Augen. Dann blickte sie sich erneut in dem Raum um, wie sie es getan hatte, seit sie die unbekannte Umgebung betreten hatte. Diesmal bemerkte sie auch die Bewegung im Flur hinter Sands.
    Sie seufzte tief und bedauernd und musterte ihn mit eiskaltem Blick. »Was immer Sie auch vorhaben«, zischte sie, »lassen Sie sich gesagt sein, dass es keine gute Idee ist.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, holte sie mit ihrer schweren Handtasche aus und schlug sie Sands gegen den Kopf. Er hatte mit so einem überraschenden Angriff nicht gerechnet und fiel um wie ein toter Baum im Winterwald.
    Kestra sprang aus ihren Stöckelschuhen und rannte quer durch den Raum. Zur Tür hinauszustürzen wäre ein Fehler, falls die Person im Gang bewaffnet war, also hechtete sie über die Frühstückstheke in die Küche, wo sie außerhalb seiner oder ihrer Sichtweite war. Unglücklicherweise entfernte sie sich dadurch weit vom einzigen Ausgang der Dachwohnung.
    Sie griff nach der Pistole in ihrer Tasche und ließ alles andere fallen, umschloss sie mit beiden Händen und legte den Finger auf den Abzug. Sämtliche Hinweise darauf, dass es Ärger geben würde, lagen auf einmal klar vor ihr, und sie fluchte darüber, dass sie diese nicht schon zu Beginn beachtet hatte. Sands schweißnasse Hände. Die Frage, ob sie für Geld töten würde. Er war nervös gewesen und hatte irgendwie gespürt, wie gefährlich sie sein konnte. Was er dabei nicht miteinkalkuliert hatte, war, dass sie Selbstverteidigung nicht als Mord betrachtete, und sie zögerte nicht, jemanden zu töten, der das Gleiche mit ihr zu tun gedachte.
    Sie warf einen Blick auf Sands, während sie sich in den Kücheneingang wagte. Er war immer noch bewusstlos und blutete heftig auf den vormals makellosen Teppich direkt neben ihren Schuhen. Sie fragte sich, wie viele Leute noch in der riesigen Wohnung waren. Sie wickelte die Geldübergabe normalerweise nicht an einem privaten Ort ab, und jetzt fiel ihr auch wieder ein, dass das eine gute Regel war. Außerdem hatte sie Jim von seiner üblichen Pflicht befreit, sie zur Sicherheit aus einem in der Nähe geparkten Fahrzeug im Auge zu behalten.
    Aber jetzt war nicht der richtige Moment für Selbstvorwürfe, also schob sie die Sache mit ihren Fehlentscheidungen beiseite und konzentrierte sich darauf, lebend und vorzugsweise unverletzt aus der Situation herauskommen.
    In Wirklichkeit war sie geliefert, und sie wusste es.
    Und eine Sekunde später wurde es Wirklichkeit, als die Wand neben ihrem Kopf explodierte. Sie schrie auf, als Teile der Wand in alle Richtungen flogen und als gleich darauf von der anderen Seite her geschossen wurde. Alles, was sie tun konnte, war, sich auf den Boden zu werfen, als die Wand einstürzte und Putz auf sie rieselte, nachdem eine

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