Schattenwandler 05. Noah
Schließlich trat er über die Schwelle und zwang sich, nicht zurückzuschauen.
»Noah, überleg dir das bitte noch einmal«, wandte Jacob leise ein, nachdem das letzte Ratsmitglied sie im großen Saal von Noahs Schloss allein gelassen hatte.
Während er in den Monarchen drang, beobachtete Jacob seine ungewöhnlich schweigsame Frau aus den Augenwinkeln und versuchte ihre Gedanken und Gefühle zu erfassen. Allerdings schloss sie ihn mit ungewohnter Härte aus, indem sie die telepathische Verbindung blockierte. Das war eine Fähigkeit, von der er nichts gewusst hatte. Doch es war ihm unbegreiflich, warum Bella sie in diesem kritischen und entscheidenden Moment gegen ihn einsetzen sollte. Er hätte ihren Rat und ihre Unterstützung gebraucht.
Er sah, wie seine Frau sich in die eine Richtung bewegte, während Noah in die andere ging, um näher beim Feuer zu sein.
»Jacob, es ist nicht nur deine Pflicht, für die Einhaltung von Recht und Gesetz zu sorgen; du musst auch die zur Verantwortung ziehen, die es brechen. Ich bin keine Ausnahme von der Regel, und ich will nicht, wie ich bereits bemerkt habe, darüber diskutieren.«
»Das wirst du müssen«, sagte Jacob schneidend und ging auf den Herrscher zu. »Ich bin seit vier Jahrhunderten dein Vollstrecker, und niemand weiß besser als ich, wie und wann das Gesetz anzuwenden ist. Die Strafe, die du für dich selbst forderst, ist dazu gedacht, Rückfälle zu unterbinden. Sie soll bewirken, dass Dämonen, die außer Kontrolle geraten sind, sich nicht mehr an Unschuldigen vergreifen. Dieses Gesetz war nie dazu gedacht, diejenigen zu maßregeln, die sich einfach nur darum bemühen, ihren wahren Partner zu finden. Vor allem dann nicht, wenn man bedenkt, dass der Wahnsinn keine Bedrohung mehr darstellt, sobald jemand mit dieser Person für immer verbunden ist. Unsere eigenen Gesetze und Traditionen geben dir das Recht, nach dem zu verlangen, was du verlangt hast. Gesetze, die ich übrigens mit entworfen habe.«
» Niemand hat das Recht, das zu tun, wenn Unschuldige dadurch gefährdet werden«, entgegnete Noah.
»Dann denk an Kestra, wenn du schon nicht an dich selbst denken willst«, sagte Jacob grimmig, und seine Stimme hallte von den steinernen Wänden wider. »Wenn du dich dem üblichen Verfahren unterziehst, wirst du körperlich und emotional schweren Schaden nehmen. Dich selbst zu bestrafen, würde bedeuten, dieser Unbekannten zu schaden. Sie wird jetzt eine Druidin. Du weißt, was das bedeutet. Sie braucht einen Teil deiner Energie. Sie braucht dich mit deiner ganzen Stärke, wenn sie eine so umfassende Veränderung ihres genetischen Codes und ihres physischen Wesens überleben soll. Keiner von uns weiß, was möglicherweise mit ihr, mit euch beiden, geschieht, wenn du an deinem Plan festhältst.«
»Nein«, murmelte Noah. »Nein. Ich kann mich nicht so ohne Weiteres aus der Affäre ziehen. Wenn nicht das übliche Verfahren, dann eben etwas anderes. Ich verlange, dass du in diesem Punkt meine Anweisung befolgst, Jacob.«
»Einverstanden.«
Die beiden Männer blickten auf, als Bella schließlich das Wort ergriff, allerdings mit einer freudlosen und erloschenen Stimme. Sie hatte die Arme fest verschränkt, als sie mit entschlossenen Schritten, die ihrem Mann eine Warnung hätten sein sollen, vor den Dämonenkönig trat.
» Ich werde dich bestrafen«, fauchte sie, und ihre Hand traf Noahs Gesicht mit einer solchen Heftigkeit, dass Jacob es bis in seine Knochen hinein spüren konnte. Er konnte sich vorstellen, wie es sich wohl angefühlt hatte, denn er wusste, wie stark Bella trotz ihrer gedrungenen Gestalt war. Doch als Noah nach dem überraschenden Schlag zurückwich, begriff Jacob den psychologischen Effekt, den der Schlag haben würde.
»Wage es nicht, jemals wieder in die Nähe meines Kindes zu kommen! Hast du verstanden?«, presste Isabella zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und Zorn und Empörung entluden sich nach Stunden. Es war eine brutale, fühlbare Geste gewesen. »Schau sie nicht einmal an! Hörst du? Ich habe dir vertraut wie niemandem sonst! Habe dir ihr Leben und ihre Sicherheit anvertraut, und du hast mich hintergangen ! Du hast sie betrogen, und du hast sie für ein unberechenbares Experiment benutzt, bei dem sie hätte …« Bellas Stimme versagte, und Tränen begannen zu fließen. »Wie konntest du das nur tun? Wie konntest du mein Kind einer so schrecklichen Gefahr aussetzen? Sie liebt dich! Ich habe dich geliebt !«
Sie hob die Hand,
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