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Schattenwandler 05. Noah

Schattenwandler 05. Noah

Titel: Schattenwandler 05. Noah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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gesehen und gefühlt hatte. Langes zuckerweißes, glattes Haar, das ihr voll und dicht bis halb über den Rücken fiel. Diesmal war es oben am Hinterkopf zu einem Zopf geflochten, der noch immer so ordentlich war wie am Anfang, obwohl sie so lange darauf geschlafen hatte.
    Wenn das überhaupt möglich war, war ihre Augenfarbe noch bemerkenswerter als ihr Haar. Die Iris war von einem erstaunlichen Hellblau, beinahe wie leicht getöntes Glas, und schillernd wie ein Diamant von besonderer Leuchtkraft. Weiße Wimpern und blonde Brauen gaben ihrem durchdringenden Blick eine schaurig schöne Note. Sie hatte ein bezauberndes Gesicht mit einer makellosen Haut, sanft geschwungenen Wangenknochen und einem Mund, der doppelt so sinnlich aussah, wie er sich angefühlt hatte, als sie sich im Traum geküsst hatten. Je länger er still dasaß und sich weder bewegte noch irgendetwas sagte, das ihre Neugier befriedigt hätte, desto mehr entspannten sich ihre Muskeln. Sie glitt langsam am Kopfende des Bettes hinauf, bis sie ihre Schultern angelehnt hatte und ihn direkt ansah. Noah entging nicht, was sie tat. Sie schützte ihren Rücken. Wenn sie sich gegen das Kopfende lehnte, fiel es ihr leichter, ihn im Auge zu behalten.
    Er ging davon aus, dass er für sie nicht gefährlicher oder weniger gefährlich war als der Mann, der es vor einer Woche geschafft hatte, sie zu töten.
    »Du solltest mir vielleicht erzählen, wer du bist und warum du in Sands Dachwohnung warst. Bist du so etwas wie ein Cop?«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte er neugierig.
    »Ich weiß nicht. Ich habe dich nicht hereinkommen hören, also nehme ich an, dass du schon da warst. Da du die bösen Jungs nicht zu mögen scheinst, dachte ich, dass du vielleicht verdeckt arbeitest und … na ja, wenn du ein Cop bist, konntest du nicht einfach dasitzen und zulassen, dass sie mich töten.«
    »Exzellente Logik«, sagte er.
    »Ah!«
    »Aber ich bin kein Cop.«
    »Oh.« Sie blinzelte verwirrt. »Muss ich erst einen Haufen Fragen stellen, oder willst du es mir erklären?«
    »Wie ich sehe, erkennst du mich nicht«, bemerkte er vorsichtig. »Ich habe dir gesagt, dass ich dich finden müsste.«
    Sie hielt inne, und sie wurde äußerst angespannt. Kestra ließ ihren Blick prüfend über ihn wandern und versuchte herauszufinden, woher sie ihn kennen sollte. Sie vergaß nie ein Gesicht. Wenn sie daran dachte, wie vielen Leuten sie auf ihren Reisen begegnete, hatte das etwas zu bedeuten. Doch sie war sich sicher, dass sie ihn in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen hatte. An ein solches Gesicht würde sie sich erinnern: dunkel und gebräunt, ernst, trotzdem den heiteren Dingen des Lebens nicht abgeneigt, wie man aus den Lachfältchen in seinen Augenwinkeln schließen konnte.
    Abgesehen davon machten Personen mit Macht und Selbstvertrauen stets Eindruck auf sie. Selbst im sanften Schein der Kerze und der bunten Lichtstrahlen, die durch die Fenster hereinfielen, konnte sie erkennen, dass er ein beeindruckender Mann war. Mächtig. Mit einer Position von gewisser Wichtigkeit in der Welt. Ein Anführer. Etwas sagte ihr, dass er ein Eroberer war. Als er ihr zu Hilfe geeilt war, hatte er in der Tat weder gezögert noch Angst gezeigt.
    Das ließ sie, verdammt noch mal, nicht kalt. Sie war nicht gerade der Typ Frau, der gerne das hilflose Blondchen spielte, während irgendein Kerl kam, um sie zu retten. Trotzdem, er hatte etwas an sich, und sie spürte, dass er im Kern in Ordnung war. Außerdem kannte sie ihn von irgendwoher.
    Seine Stimme, tief und dröhnend.
    Und sein Akzent; eine sorgfältige Aussprache bestimmter Konsonanten und die typische Angewohnheit eines Ausländers, Wörter nicht abzukürzen. Kestra spürte auf einmal, wie sich ihr die Brust zusammenschnürte und wie ihr das Blut aus dem Kopf wich.
    »Ein Eurotyp.«
    Bei der gehauchten Bemerkung musste er lachen, ein raues, humorvolles Bellen, das sie aufschrecken ließ.
    »Das … das ist …«, stammelte sie. »Nein. Nein, nein, nein, nein, nein. Das ist Schwachsinn!«
    Er war ein Traum. Nur ein Traum! Doch was noch schlimmer war, er verhielt sich so, als würde er alles über diese Träume wissen! Als wäre er wirklich die ganze Zeit da gewesen, als sie … als sie …
    Kestra presste die Hände auf die Schläfen, als wollte sie die wirbelnden Bilder aus ihrem Gehirn verbannen. Dann sprang sie auf der anderen Seite aus dem Bett und schritt hektisch über die kalten Bodenfliesen. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass er aufstand,

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