Schattenwende
diese Eigenschaft niemals besitzen würde. Ehre und der Mut, seinem Gegner geradewegs ins Gesicht zu schauen, lagen den Solems fern. Diese späte Erkenntnis hatte den Kriegern drei Opfer abverlangt, und ihre Zahl war nun auf vier gesunken. Alle drei hatte man aus dem Hinterhalt und auf indirekte Weise angegriffen und getötet. Und jeden einzelnen Drahtzieher hatte Reagan ausfindig gemacht, um erbarmungslos Rache zu nehmen.
Ein plötzlicher dumpfer Aufprall über ihm riss ihn aus seinen düsteren Grübeleien und ließ ihn instinktiv aus dem Lichtkegel in den Halbschatten springen.
Die spärliche Anzahl an Nachtarbeitern in der Halle schien von dem Lärm über ihren Köpfen nichts zu bemerken, denn die Maschinen, an denen sie standen, übertönten ihn mühelos.
Reagan drehte sich um und warf einen letzten vergewissernden Blick hinter sich.
Ein unerwartetes Ziehen ergriff seinen Körper und schien ihn nach draußen zwingen zu wollen. Sein inneres Warnsystem, sein vampirischer Instinkt meldete sich. Reagan grollte wilde Flüche und seine Reißzähne fuhren aus dem Zahnfleisch. Der Krach über ihm wurde tosender und sein Instinkt wurde immer stärker und übernahm beinahe die Kontrolle über seinen Körper und seinen Verstand.
Urplötzlich zersprang die Halle hinter ihm. Die Wucht der Explosion streckte ihn nieder, die Druckwelle schleuderte ihn brutal zu Boden. Er hörte die Todesschreie der verbliebenen Arbeiter, bis sie unter der immensen Kraft der aufsteigenden Feuersbrunst verstummten.
Ein übernatürlich großer Steinbrocken raste auf ihn zu und schlug gegen seine Seite, die unter dem Aufprall aufriss. Reagan stieß ein wütendes Brüllen aus und sprang auf die Füße, ohne die Wellen des Schmerzes, die durch seinen Körper jagten, zu beachten.
Die Wände um ihn herum wackelten bedrohlich, als er blitzschnell durch den Gang schoss. Die rettende Tür war bereits halb eingestürzt und Reagan sammelte all seine Kraft, ehe er sich dagegen warf und mit einem Krachen auf der anderen Seite landete. Ein heißer Schmerz durchzuckte ihn, als er auf den Kiesboden prallte.
Für einen kurzen Moment schien ihm die Verlockung, in die Bewusstlosigkeit abzudriften, übermächtig, doch vier starke Hände hielten ihn davon ab, indem sie ihn auf den Rücken rollten.
Damir und Cayden blickten besorgt auf ihn hinab. Blut tropfte aus zahlreichen Wunden, die ihnen die Explosion zugefügt hatte. Zersplittertes Glas lag überall auf dem Kies verstreut. Vermutlich waren die beiden aus einem Fenster gesprungen, als das Gebäude in die Luft gegangen war.
„Dwight?“, würgte er hervor und ein Schwall Blut brach aus seinem Mund.
„Er ist okay. Sein Arm ist mehrfach gebrochen, aber sonst geht’s ihm gut“, beruhigte Damir ihn und beauftragte Cayden mit ruhiger Stimme, den Hummer sofort zum Haupteingang der Firma zu fahren.
„Verbind mir den Brustkorb“, befahl Reagan Damir heiser, nachdem Cayden mit untypisch bleichem Gesicht abgehauen war, um Damirs Anordnung Folge zu leisten.
Mit einer ruckartigen Bewegung riss der Krieger einen Fetzen von seinem Shirt ab und band ihn fest um den Oberkörper seines Anführers, um die blutende Wunde zu stoppen. Sofort tränkte sich das Stück Stoff mit der dunkelroten Flüssigkeit. Reagan scherte sich nicht darum, sondern hielt seinem Stellvertreter die Hand entgegen.
„Hilf’ mir hoch. Wir müssen hier weg, bevor sie kommen, um den Rest zu erledigen.“
Er versuchte, seinen Worten eine gehörige Portion Spott einzuverleiben, dennoch saß ihm die Sorge um seine Krieger tief in den Knochen.
Damir hievte ihn auf die Beine und dachte wehmütig an die makellosen Ledersitze des Hummers, die gleich über und über mit Blut beschmiert sein würden.
Doch Reagan wandte sich Dwight zu, der neben ihm lag. Der Vampir hielt den gebrochenen Arm ein Stück von sich weg. Der ungezähmte Zorn, der nur durch das Blut seiner Feinde gestillt werden konnte, verfinsterte sein Antlitz.
„Dwight.“
Der Krieger wandte ihm das Gesicht zu und für einen kurzen Moment glaubte Reagan, einen Anflug von Erleichterung über sein Gesicht huschen zu sehen. Aber er konnte sich auch geirrt haben. In der nächsten Sekunde war Dwights Miene so teilnahmslos wie immer und er drehte sich abrupt in die Richtung, aus der man das Herannahen des Hummers hören konnte, den Cayden vor dem geschlossenen Eisentor zum Stehen brachte.
Einzig der Wind wehte Dwights leise gesprochene Worte heran.
„Sie haben uns eine Falle
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