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Schattenwende

Schattenwende

Titel: Schattenwende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Seck
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geschrillt. Sein Instinkt sagte ihm, dass er genau das sein könnte, wonach er suchte.
    Unbemerkt war er dem Mann gefolgt, der sich nun suchend zwischen all den Menschen umsah. Niemand außer ihm würde etwas Anormales bemerken, aber Lex’ außergewöhnliches Gespür für alles, was sich in eine mystische, andersartige Aura hüllte, hatte ihn auch dieses Mal nicht im Stich gelassen.
    Äußerlich völlig gelassen ließ er sich zu dem Mann treiben und zog eine Zigarette aus der Brusttasche seines Mantels. Er steckte sie sich in den Mundwinkel und beugte sich über den Mann, der ihm gerade bis zum Kinn reichte.
    „Haste ma’ Feuer?“, erkundigte er sich locker und verfolgte dabei jede Bewegung, die der junge Mann ausführte, mit akribischer Genauigkeit.
    Dieser nickte, kramte umständlich in seiner Hosentasche und zog schließlich ein Feuerzeug heraus. Lex lehnte sich vor, um sich die Zigarette anzünden zu lassen, und fixierte die Augen seines Gegenübers.
    „Achte immer genau auf die Augen, Lex. Daran kannst du ihre Identität erkennen.“
    Das hatte ihm sein Chef gesagt und Lex war gespannt, was sich ihm zeigen würde, wenn sich seine Vermutung, dieser Mann könne ein Geheimnis mit sich tragen, bestätigen würde. Seine Augen brauchten einige Sekunden, um sich in der Finsternis auf die winzigen Details in den Augen des Teenagers einzustellen. Ein kalter Triumph schoss durch seinen massigen Körper. Die schwarzen Pupillen des Mannes wiesen das Merkmal auf, an dem man sie identifizieren konnte: Gewöhnliche Augen weiteten sich bei Dunkelheit, um sich den Lichtverhältnissen anzupassen. Bei ihnen passierte das nicht. Lex ignorierte die Tatsache, dass seine Nackenhaare sich aufstellten, einem urmenschlichen Überlebensinstinkt folgend, und beugte sich noch penetranter zu dem jungen Mann hinab. Er benötigte all seine erlernte Disziplin, sein Opfer nicht sofort aus dem Menschenandrang zu zerren und es seinem Chef vorzulegen.
    Er befeuchtete sich seine trockenen Lippen mit der Zunge und krallte seine vor perverser Aufregung bebenden Hände in die Seitentaschen.
    Nachlässig wies er mit seinem breiten Kinn auf den Club.
    „Ist der gut? War noch nie drin.“
    Er brannte drauf zu wissen, ob der Junge sich öfters hier aufhielt. Vielleicht traf er sich mit Freunden? Mit Seinesgleichen?
    Der Junge zuckte die Schultern und steckte das Feuerzeug wieder ein.
    „Weiß nicht. War auch noch nie hier. Keine Ahnung“, antwortete er höflich.
    Lex’ Triumph verwandelte sich in Wut. Sollte dieser Junge nur ein Glücksfall sein, musste er zuschlagen, bevor er ihm entwischte und er sich erneut auf die Suche begeben musste. Und das war nicht seine Art – sein Opfer befand sich nur wenige Zentimeter von ihm entfernt und er wollte es jetzt .
    „Ich kenn’ ‘nen besseren Laden. Willste mitkommen?“
    Der Junge hob den Kopf und Lex konnte den Argwohn in seinem Gesicht ablesen. Doch die Gier in ihm nahm Überhand und er fühlte sichwie beflügelt, als er sich in Gedanken ausmalte, wie er den Jungen von hier fortlockte, um in einer Seitengasse auszutesten, wie er sich verhalten würde, wenn man ihn angriff. Ob er würdiger wäre als all die niederen, erbärmlichen Jammerlappen, die er schon um die Ecke gebracht hatte? Die in dem Augenblick, in dem sie erkannten, dass es keinen Ausweg mehr für sie gab, in die Hose pinkelten oder in Tränen ausbrachen und um ihr erbarmungswürdiges Leben bettelten? Lex schüttelte bei dem Gedanken an sie angewidert den Kopf und konzentrierte sich voller Verlangen auf das junge Gesicht vor sich.
    „Mh, nee. Bin hier verabredet.“
    In diesem Moment sah der Killer rot, sah seine Fantasien wie Seifenblasen zerplatzen und handelte. Eisern umklammerte er das Handgelenk des Teenagers. Er konnte die Angst, die plötzlich schwer in der Luft hing, förmlich riechen und war sofort enttäuscht. Warum hatte der Junge Angst, wenn er doch viel stärker sein sollte als er aussah? Oder hatte sein Chef doch Unrecht?
    „Was hast du für ein Problem, Mann?“
    Der Junge zögerte kurz, ehe er sich aus Lex’ Klammergriff befreite und ihn stirnrunzelnd musterte.
    Der Killer starrte auf die Leere zwischen seinen starken Fingern, dann auf die schmale Hand des Jungens, die sich so völlig problemlos aus seinem Griff gelöst hatten.
    War er etwa doch …?
    Sofort erwachte seine furchtbare Gier wieder und er wollte nach dem Jungen greifen, hatte die ganzen anderen Menschen um sich herum vergessen.
    Doch einen Augenblick

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