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Schattenwende

Schattenwende

Titel: Schattenwende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Seck
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nicht wissen, was passiert, wenn der Schuss nach hinten losgeht. Ein Tier zu klonen ist das eine. Aber ein Vampir ist ein ganz anderes Kaliber. Ich hoffe, sie übernehmen sich nicht und haben alles unter Kontrolle.“
    Jones hielt inne, den Blick in die Ferne gerichtet, bis ein Ruck durch seinen Körper ging und sein Gesichtsausdruck so undurchdringlich wie eh und je wurde.
    „Ich bin mir sicher, ich kann Ihnen vertrauen, mein Freund. Denn wenn Sie mich verraten, dann werden Sie bei Nacht und Nebel einfach spurlos verschwinden. Wie vom Erdboden verschluckt. Auf nimmer Wiedersehen.“
    Der Geschäftston, in dem er sprach, stand in solch perversem Widerspruch zu dem Inhalt seiner Worte, dass Smith erbleichte und mehrmals schlucken musste. Seine Kehle fühlte sich wie ausgedörrt an und er räusperte sich, um den Kloß in seinem Hals loszuwerden.
    „Ich werde Sie nicht enttäuschen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.“
    „Wunderbar. Dann wäre alles geklärt und ich kann mich wieder den wichtigen Dingen widmen. Möchten Sie sich noch ein wenig hier umsehen oder mich wieder nach oben begleiten?“
    Smith öffnete gerade den Mund, um Interesse zu bekunden, sich noch näher mit diesen Wesen zu beschäftigen, als der Mann, der vor ihm auf der kalten Liege lag, blinzelte und die Lider hob.
    Es waren nur Sekundenbruchteile, in denen sich ihre Blicke begegneten. Die Wucht, die Stärke, die ihm entgegengeworfen wurde, die Macht der Gefühle traf Smith wie einen Blitzschlag. Er, der doch keine Ahnung von Emotionen hatte, wurde von ihnen überflutet, bis er darin zu ertrinken drohte. Hass, Qual, vor allem aber Angst funkelten ihm entgegen.
    „Helfen Sie mir“, flüsterte der Vampir flehentlich.
    Smith taumelte zurück. Plötzlich hatte er das dringende Bedürfnis, dem erdrückenden Raum zu entfliehen.
    „Ich komme mit“, flüsterte er.
    Das Leben ging weiter.
    Sie hatte nicht damit gerechnet. Sie hatte fest daran geglaubt, die Welt würde aufhören sich zu drehen und einfach still stehen.
    Zur Hölle damit.
    Der Schatten, der auf ihrer Seele lastete, wollte nicht fortgehen, obwohl das Leben stetig weitereilte, so emsig, als hätte es noch viel vor mit ihr. Die Tage schritten an ihr vorüber, ohne dass sie es auch nur bemerkte. Sie ging regelmäßig zur Arbeit, sie aß, sie trank und sie war für ihre Tochter da. Doch sie hatte das untrügliche Gefühl, etwas Wesentliches verloren zu haben. Etwas, dessen Besitz sie gerade erst erlangt, und das man ihr nach ein paar Stunden der Freude wieder entrissen hatte.
    Hieß es nicht, die Zeit heile alle Wunden? Mit jedem Tag, der ins Land zog, wuchs die Sehnsucht in ihrem Herzen mehr und mehr, und irgendwann wurde ihr klar, dass es nicht nur Ria und Damir waren, die ihr fehlten. Trotz seiner schrecklichen Prognose war es auch Cayden, dessen Abwesenheit eines der vielen Löcher in ihrem Herzen verursachte.
    Das Schlimmste aber war die Erkenntnis, gegen die sie sich lange aber vergeblich gewehrt hatte.
    Sie vermisste Reagan.
    Mit jeder Faser ihres Körpers. Ihr Geist, ihr Herz, selbst ihre Seele schrie nach ihm. Sie fühlte sich auf merkwürdige Weise zu ihm hingezogen, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Ihr Herz war bereit gewesen, etwas zu akzeptieren, das ihr Verstand abgelehnt hatte.
    Natürlich war es das Beste, dass der Kontakt zwischen ihnen abgebrochen war, redete sie sich ein. Sie kannten einander nicht und irgendwann würde sie das Gefühl der seltsamen Vertrautheit überwinden und leugnen können. Vielleicht musste sie nur viel stärker darum kämpfen, auch wenn sich ein Teil in ihr dagegen wehrte, diese kostbaren Erfahrungen, die sie in den wenigen Tagen gemacht hatte, in einem entlegenen Ort ihrer Erinnerung zu verschließen.
    Ihre ständige Zerstreutheit würde sie zudem bald den Job kosten, wenn sie ihre Gedanken nicht endlich in den Griff bekam.
    Daphne holte tief Luft und wickelte die weiche Wolldecke fester um ihren Körper. Es half nichts. Sie zitterte dennoch. Gegen diese Art von Kälte konnte man auch mit Decken und Heizungen nichts ausrichten.
    „Verdammt, Reagan. Wie kannst du mir mein Zuhause, mein Leben zeigen, nur um mich dann wieder in dieses Nichts zurückzuschubsen?“, fragte sie leise in die Finsternis.
    „Vielleicht war es gerade das Leben, in das ich dich zurückgestoßen habe“, erscholl eine dunkle Stimme vom Fenster. „Vielleicht habe ich dich noch rechtzeitig vor dem Fegefeuer retten können, indem ich dich gehen ließ.“
    Er näherte

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