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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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Truhe?
    Tatsächlich sah ich das Geländer und die Truhe, die in einem matten Grün gestrichen war. Aber da war noch etwas. Diesmal war es kein waberndes Etwas. Meine Kamera hatte eine Schattengestalt aufgenommen. Einen Arm hatte sie über die Truhe hinweg zur Wand ausgestreckt, wo sich deutlich ein Viereck abzeichnete. Ein Viereck mit einer Klinke. Eine Tür!
    Ich keuchte auf und schloss das Display der Kamera, als hätte ich mich verbrannt. Ein unsinniger Kobold in meinem Kopf sagte mir, dass ich gleich jetzt mit Licht auf die Galerie gehen sollte, um nachzusehen, ob dort noch jemand – etwas – war. Andererseits konnte mich nichts und niemand dazu bewegen, mein Zimmer heute Nacht noch einmal zu verlassen. Unfähig zu einer Bewegung hockte ich mich auf das Bett und zog mich in den hintersten Winkel an der Wand zurück.

    Am nächsten Morgen dröhnte mein Kopf. Geschlafen hatte ich nur wenig, aber in der kurzen Zeit hatte ich mehr Albträume gehabt als in den letzten Wochen zusammen. Auf dem Weg nach unten zögerte ich, die Galerie zu betreten. Dabei wirkte im Tageslicht alles so hell und freundlich. War das mit dem Foto vielleicht nur einTraum gewesen? Aber tief in meinem Innern wusste ich, dass gestern Nacht irgendetwas geschehen war, das ich nicht leugnen konnte.
    Links von mir war das Geländer, über das ich nach unten sehen konnte, rechts gab es drei Türen. Dazwischen eine Truhe als Dekoration. Dahinter befand sich einfach eine Wand mit einer schönen cremefarbenen Tapete. Langsam fuhr ich mit der Hand darüber, um einen eventuell vorhandenen Spalt zu erfühlen. Aber da war nichts. Vorsichtig klopfte ich einmal oben, einmal weiter unten, aber es klang nicht hohl.
    »Kann ich helfen?«, fragte eine Stimme neben mir.
    Ich fuhr herum, denn ich hatte Gabriel nicht kommen hören. Für einen Moment war ich tief erschrocken. Seine Augen waren ungewöhnlich dunkel und verrieten keinen seiner Gedanken.
    »Willst du umsatteln, von Restauratorin auf Tapetendesignerin?«
    Erst jetzt schlich sich der übliche amüsierte Ausdruck in sein Gesicht. Ich lachte auf, aber es klang künstlich.
    »Bestimmt wäre das auch interessant. Und antike Tapeten interessieren mich wirklich. Die Struktur ist sehr …«
    »Interessant«, nickte er. »Du wiederholst dich. Das bedeutet, dass du dich ertappt fühlst.«
    »Ertappt ist nicht ganz das richtige Wort.«
    Ich überlegte, ob Gabriel mir glauben würde, wenn ich es ihm erzählte. Es musste ja nicht alles sein.
    »Wäre es möglich, dass es hier im Haus Geheimtüren gibt?«
    Er hob überrascht die Augenbrauen. »Wie kommst du darauf?«
    »Nur so!«, war das Einzige, was mir spontan einfiel.
    Er lächelte. »Da hättest du dir ein spannenderes und älteres Haus als unseres aussuchen müssen. In alten Burgen gibt es bestimmt Geheimgänge. In unserem langweiligen Kasten bauen höchstens die Mäuse geheime Gänge!«
    Ich lachte auf. Okay, zumindest wusste Gabriel also nichts davon. Außerdem hoffte ich, dass er mich nicht für verrückt hielt, und ging betont fröhlich und zielstrebig voraus, die Treppe hinunter.
    »Wie weit bist du mit deiner Erfindung?«, fragte er hinter mir.
    Ich stöhnte und wandte mich um. »Geht es denn nur noch darum? Warum fragt mich niemand nach den Fortschritten am Fresko?«
    »Das tut Professor Cyriel doch bestimmt dauernd«, sagte Gabriel mit einem schrägen Grinsen und legte den Arm um mich, sodass wir nebeneinander weitergingen.
    Natürlich kam Cyriel mit Herrn Nachtmann gerade jetzt aus dem Salon in die Halle. Na klasse! Ich konnte mir vorstellen, was er von mir dachte! Schnell wich ich zur Seite aus, sodass ich Gabriels Arm loswurde. Cyriels Blick wanderte kurz von mir zu ihm, wirkte dann aber wieder unbeteiligt.
    »Guten Morgen«, rief Herr Nachtmann mir zu. »Gut, dass ich Sie treffe! Ihre Chemikalien sind heute früh per Kurierdienst geliefert worden. Ich könnte Ihnen gern ein bisschen zur Hand gehen. Zu zweit sind wir bestimmt schneller.« Er lachte. »Kommen Sie, wir schwänzen heute beide unsere Arbeit und gehen in meine ›Teufelsküche‹!«
    Das passte mir nun gar nicht. Ich fühlte mich unwohl dabei, ihn zu belügen und mit ihm einen ganzen Tagdamit zu verschwenden, Dinge zusammenzumischen, bei denen nichts herauskommen würde. Ob ich ihm die wirkliche Formel zeigen sollte? Es wäre fairer und seine Hilfe würde uns wesentlich schneller ans Ziel bringen.
    Als ich ins Esszimmer abbog, blieben wir alle vor der Tür stehen.
    »Ich möchte noch

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