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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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etwas fragen …«, fing ich unsicher an.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Cyriel mir funkelnde Blicke zuwarf. Was sollte das jetzt wieder? Aber ich konzentrierte mich und sah Herrn Nachtmann an.
    »Gestern Abend habe ich eins der Notizbücher unten liegen gelassen und bin nachts runtergegangen, weil ich noch darin lesen wollte«, log ich. »Plötzlich waren da ganz seltsame Geräusche. Wieder dieses Scharren, das ich mit Anna neulich auch gehört habe.«
    Herr Nachtmann überlegte. »Die Klimaanlage vermutlich. Sie arbeitet tags und nachts gegen Feuchtigkeit, wie Sie ja wissen, aber nachts kommt sie einem vermutlich lauter vor.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das Geräusch kam aus dem Gang. Cyriel hatte uns das letzte Mal gesagt, es gäbe dort einen Aufgang zum Heizungskeller, aber Gabriel meinte, so etwas gibt es nicht.«
    »Hat er ›Aufgang‹ gesagt?«, hakte Nachtmann nach. »Er meinte sicher das Entlüftungsrohr, das nach oben führt. Hinter der Tür ist ganz einfach ein Vorratsraum.« Er blieb stehen und sah mich nachdenklich an. »Aber wenn Sie sagen, es war ein Scharren …« Er wandte sich an Gabriel. »Würdest du bitte mal nachsehen, ob wir noch Mausefallen und Rattengift haben? Ich fürchte, wir müssen etwasdagegen unternehmen, wenn diese Viecher schon wieder an unsere Vorräte gehen!«
    Ratten! Die Vorstellung, mit ihnen im Halbdunkel zusammen im Keller zu sein, gefiel mir gar nicht. Andererseits fand ich die unterschiedlichen Erklärungen für die Geräusche ziemlich dünn. Erst ein Heizungskeller, dann die Klimaanlage, dann Nagetiere?
    »Kann ich den Vorratsraum mal sehen? So langsam bin ich neugierig auf die Gespenster«, lächelte ich Herrn Nachtmann und Gabriel ins Gesicht.
    »Wenn du scharf bist auf alte Kartoffeln und junge Ratten, gern«, erwiderte Gabriel zögernd. »Aber du weißt bestimmt, dass diese Tiere nicht ganz ungefährlich sind und manchmal Menschen anspringen, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen.«
    Huhu, jetzt wollte er mir aber Angst machen!
    »Mein bester Freund aus der Schulzeit hatte eine Ratte, mit der wir oft gespielt haben. Ich habe ihm geholfen sie zu dressieren«, sagte ich und ließ mir mein Lächeln nicht so einfach aus dem Gesicht wischen. Er musste ja nicht wissen, dass die erwachsene Kira Ratten nicht ausstehen konnte.
    Schließlich nickte Nachtmann Gabriel zu. »Zeig ihr den Raum ruhig.«
    Gabriel ging voraus, eine Fackel vor sich in den Gang haltend, während mein Gastgeber im Labor blieb.
    Ich musste zugeben, ich war nervös. Dieses flackernde Licht und eine Tür, hinter der ständig etwas scharrte … Und natürlich zuckte ich zusammen, als Gabriel die Tür öffnete. Sie war nicht verschlossen. Was auch immer dahinter lebte, hätte also hindurchkommen können.
    Gabriel stieß die Tür weiter auf und ließ mir den Vortritt. Ich wusste, er wartete darauf, dass ich zitternd verzichtete. Also nahm ich ihm die Fackel aus der Hand und ging vor. Gleich darauf stand ich in einem engen Raum voller Kisten und Säcke: Äpfel, Kartoffeln und Reis. In einem schmalen Regal an der Rückwand standen Einmachgläser mit Marmelade.
    Enttäuscht untersuchte ich die Wände. Es gab keine weiterführenden Türen. Nichts, was die nächtlichen Geräusche hätte verursachen können. Bedeutete das, dass es hier wirklich Ratten gab? Vorsichtig ging ich im Halbdunkel zu dem grinsenden Gabriel zurück. Oder gab es eine logischere Erklärung? Nur welche?

    Ich musste kurz allein sein! Angeblich, um noch etwas zu holen, verabschiedete ich mich ins Verlies. Dort stand ich verloren vor der Wand und überlegte, wie ich den Tag mit Herrn Nachtmann überstehen sollte. Schauspielerei lag mir nicht.
    Leise schloss sich die Tür hinter mir. Ich ahnte, wer es war, und drehte mich gar nicht erst um.
    »Hast du denn nichts begriffen?«
    »Oh«, sagte ich, »waren wir nicht eben noch beim Sie? Ich meine, außerhalb meines Schlafzimmers?«
    Er schwieg eine Weile. Als ich mich umwandte, war die Wut aus seinem Gesicht verschwunden. Sein Blick wirkte so vertraut, als wären wir Freunde. Oder mehr als das. Aber das konnte nur Einbildung sein.
    »Warum hast du Angst vor mir?« Er stand dicht vor mir und ein Teil von mir hatte Angst. Obwohl ich nicht wusste, wovor.
    »Etwas Ähnliches hat Anna dich einmal gefragt, als ihr euch sehr nahe wart. Warum versuchst du die gleiche Nummer jetzt bei mir?«
    »Mit Annas Verschwinden habe ich nichts zu tun«, raunte er.
    Annas Verschwinden? »Du meinst, ihre

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