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Schattierungen von Weiß

Schattierungen von Weiß

Titel: Schattierungen von Weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ki-Ela Stories
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zwischen ihren Händen. „So hat Mia es uns nach langer Zeit des Schweigens erzählt. Und wir haben keinen Zweifel, dass es so gewesen ist.“
    „Aber warum hat der Vater sich nicht gewehrt? Mia war doch erst vierzehn.“
    „Er hat sich gewehrt, es gab deutliche Abwehrspuren an den Händen und den Unterarmen, genauso wie bei seiner Frau. Doch der Vater war noch zu betrunken, um der Lage Herr zu werden, es wurde recherchiert, dass er erst am frühen Morgen nach Hause gekommen war. Im Übrigen wird er viel zu überrascht von Mias Attacke gewesen sein. Mia hat sich nie gewehrt, genauso wenig wie ihre Mutter, wenn er die beiden geschlagen hatte. Man sollte auch nicht unterschätzten, wozu Menschen in der Lage sind, wenn sie außer sich vor Wut sind. Mia war in so einer Lage. Danach war sie wie versteinert, sie blieb bei den beiden Leichen sitzen, so fand man sie zwei Tage später, sie hatte das Messer noch in der Hand. Zwei Tage lang, wir gehen davon aus, dass sie sich nicht wegbewegt und im Blut ihrer Eltern gesessen hat.“
    Levin atmete aus, es war schwer, das Gehörte zu begreifen. Doch Abscheu vor Mias Tat konnte er nicht empfinden, sie tat ihm einfach nur unendlich leid. „Kennt das Gericht diese Version?“
    „Ja, wir haben sie vorgelegt, doch es änderte ja nichts an Mias Lage. Sie ist nicht verurteilt worden in dem Sinne, dass sie eine Strafe bekommen hätte. Mia war krank und bedurfte einer therapeutischen Betreuung – so oder so. Sie konnte erst entlassen werden, wenn sie als stabil galt und keine Gefahr für sich und andere darstellte.“
    „Mia ist… Mia ist so naiv und unbedarft. Wie konnten Sie sie entlassen mit so wenig Vorbereitung auf das Leben? Sie wäre beinahe bei einem schmierigen Typen in den Truck eingestiegen. Der Kerl hatte ihr ganz eindeutige Angebote gemacht, sie hat es überhaupt nicht verstanden.“
    „Mia ist vorbereitet worden, Levin. Sie hat einen Schulabschluss, kann kochen und weiß zu wirtschaften. Natürlich ist das nur Theorie, aber Naivität oder Unerfahrenheit ist kein Kriterium, jemanden in einer Klinik zu halten. Lebenserfahrung bekommt man nur im wahren Leben, natürlich sollte Mia betreut werden, es standen eine Sozialarbeiterin und eine Therapeutin an ihrer Seite. Wir konnten nicht vorausahnen, dass Mia trampen würde, das war ein Risiko, das wir eingehen mussten“, rechtfertigte Lydia sich. „Und Mia hätte sogar schon viel früher gehen können, aber sie blieb freiwillig. Wir haben sie immer unterstützt, aber wir haben es auch für richtig befunden, sie zurück ins Leben zu stupsen. Ich habe natürlich einen Fehler gemacht und ihre Sehnsucht nach Marokko falsch eingeschätzt, ich hätte nie geglaubt, dass sie einfach so abhauen würde.“
    „Gab es nicht die Möglichkeit, sie bei Verwandten unterzubringen?“, hakte Levin nach.
    Lydia lachte bitter auf. „Die Familie ihrer Mutter ist tot oder nicht aufzufinden, es gibt noch eine Oma, die Mutter des Vaters. Sie glaubt fest, dass Mia aus reiner Niedertracht die Eltern umgebracht hat, Mia sei immer verschlossen gewesen und ihr Sohn sei sowieso der größte Heilige überhaupt. Wenn es nach ihr gehen würde, würde man Mia für immer hier einsperren. Sie hat auch jetzt beantragt, die Betreuung für Mia zugesprochen zu bekommen.“
    „WAS?“, Levin zuckte erschrocken zusammen.
    Lydia nickte. „Wir befürchten, dass sie vorhat, Mia hier auf unbestimmte Zeit unterzubringen. Aber das wird ihr nicht gelingen, obwohl mit Mias Verschwinden ihre Chancen natürlich etwas gestiegen sind.“
    „Hat Mia einen Anwalt? Ich kenne eine gute Kanzlei in Hamburg.“
    „Sie bekommt einen zugeteilt, aber wenn Sie da Kontakte haben, dann werden wir Mia einfach fragen“, lächelte Lydia ihm zu.
    „Was meinen Sie, wie wird es weit ergehen?“
    „Natürlich ist es ein Problem, dass Mia verschwunden ist. Aber sie hat nichts Schlimmes angestellt. Wir denken, sie wird noch mal eine Weile hier bleiben müssen, wir rechnen mit schlimmstenfalls einem Jahr.“
    „So lange?“, Levin wurde richtig verzweifelt. Insgeheim hatte er gehofft, sie bald nach Berlin holen zu können.
    „Wenn Sie allerdings eine gute Sozialprognose h ätte, dann vielleicht schon schneller“, es blitzte in den Augen der Therapeutin auf.
    Levin sah sie hoffnungsvoll an, er ahnte worauf sie hinauswollte, wagte aber nicht, es auszusprechen.
    „Dann hätte die Großmutter auch noch weniger Chancen, was die Betreuung angeht“, lächelte Lydia ihm zu.
    „Ich werde

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