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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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lachte, offen und vergnügt, glücklich über sein Vertrauensvotum.
    »Haben Sie vor, die Todesstrafe zu verlangen?«
    »Wenn ich die Möglichkeit dazu bekomme«, antwortete Jess.
    »Und wie bringt der Staat dieser Tage die Leute um?«
    Der Kellner erschien mit zwei Gläsern rotem Burgunder.
    »Per Injektion.« Jess hob hastig ihr Glas an die Lippen.
    »Ich würde ihn ein wenig atmen lassen«, empfahl der Kellner.

    Gehorsam stellte Jess ihr Glas wieder hin. Die unbeabsichtigte Kombination von atmendem Wein und tödlicher Injektion war von zwingender Ironie.
    »Per Injektion also. Wegwerfnadeln für Wegwerfmenschen. Darin liegt wohl eine gewisse Gerechtigkeit.«
    »Ich würde Leuten wie Terry Wales keine Träne nachweinen«, sagte Jess.
    »Keinerlei Sympathie für die kriminelle Unterklasse?«
    »Nicht die geringste.«
    »Lassen Sie mich raten - Ihre Eltern waren ihr Leben lang Republikaner.«
    »Sind Sie gegen die Todesstrafe?« fragte Jess, nicht sicher, ob sie die Kraft besaß, sich auf eine lange Debatte über Pro und Kontra der Todesstrafe einzulassen.
    Schweigen.
    »Ich denke, manche Menschen verdienen es zu sterben«, sagte er schließlich.
    »Das hört sich an, als hätten Sie jemand Bestimmtes im Sinn.«
    Er lachte, aber es klang hohl. »Nein, niemand.«
    »Mein Vater ist übrigens Demokrat, immer schon gewesen«, sagte Jess nach einer weiteren langen Pause.
    Adam hob sein Glas Wein zur Nase und atmete das Bukett ein, aber er trank nicht. »Richtig, Sie haben mir ja erzählt, daß Ihre Mutter tot ist.«
    »Ganz hier in der Nähe ist ein Park«, sagte Jess wie zu sich selbst. »Der Oz Park. Da hat meine Mutter mich früher, als ich noch ein Baby war, im Kinderwagen spazierengefahren.«
    »Woran ist Ihre Mutter gestorben?« fragte er.
    »Krebs«, antwortete Jess hastig und schluckte ihren Wein hinunter.
    Adam machte erst ein überraschtes, dann ein bestürztes Gesicht. »Sie lügen. Warum?«

    Das Glas in Jess’ Hand begann zu zittern, etwas Rotwein schwappte über den Rand auf das weiße Tischtuch. Es sah aus wie Blut. »Wer sagt, daß ich lüge?«
    »Es steht Ihnen im Gesicht geschrieben. Wenn Sie an einen Lügendetektor angeschlossen gewesen wären, wäre die Nadel über die ganze Seite gehüpft.«
    »Machen Sie niemals einen Test mit dem Lügendetektor«, sagte Jess, dankbar für die Möglichkeit abzulenken.
    »Nein?«
    »Diese Maschinen sind viel zu unzuverlässig. Ein Schuldiger kann Sie täuschen, und ein Unschuldiger kann bei der Prüfung durchfallen. Wenn man unschuldig ist und durchfällt, wird automatisch angenommen, man sei schuldig. Wenn man unschuldig ist und den Test besteht, gilt man danach dennoch weiter als verdächtig. Man hat also nichts zu gewinnen und alles zu verlieren, wenn man sich dem Test unterzieht - wenn man unschuldig ist.«
    »Und wenn man schuldig ist?« fragte er.
    »Dann sollte man es ruhig versuchen.« Jess tupfte sich ihre Lippen mit der Serviette, obwohl sie trocken waren. »Wir bei der Staatsanwaltschaft halten natürlich große Stücke auf den Lügendetektor, Sie haben also nichts von alledem von mir gehört.«
    »Nichts von was?« fragte Adam, und Jess lächelte. »Warum wollen Sie mir nicht sagen, was mit Ihrer Mutter war?«
    Ihr Lächeln erlosch. »Ich dachte, wir hätten eine Abmachung.«
    »Eine Abmachung?«
    »Keine Geheimnisse, keine Lügen. Erinnern Sie sich?«
    »Gibt es denn um den Tod Ihrer Mutter ein Geheimnis?«
    »Es ist nur eine lange Geschichte. Ich will da jetzt lieber nicht einsteigen.«
    »Dann lassen wir’s.«
    Der Kellner kam mit ihrem Essen. »Vorsichtig, die Teller sind heiß«, warnte er.

    »Schaut gut aus«, sagte Jess, als er ihr den Teller mit dem rosigen Steak vorsetzte.
    »Möchten Sie Butter zur Kartoffel?« fragte der Kellner.
    »Ja, bitte, und saure Sahne«, antwortete Jess.
    »Für mich das gleiche«, sagte Adam und beobachtete Jess, wie sie von ihrem Steak abschnitt. »Mir gefallen Frauen, die mit Genuß essen«, sagte er und lachte.
    Mehrere Minuten lang aßen sie schweigend.
    »Wie war Ihre Frau?« fragte Jess und tauchte die Gabel in ihre gebackene Kartoffel.
    »Sie hat ständig gehungert.«
    »War sie denn zu dick?«
    »Meiner Meinung nach nicht.« Er schnitt sich ein großes Stück Fleisch ab und schob es in den Mund. »Aber meine Meinung zählte natürlich nicht viel.«
    »Das klingt ja nicht so, als seien Sie gute Freunde.«
    »Was denken Sie denn, warum wir uns haben scheiden lassen?«
    »Ich versteh mich gut mit meinem

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