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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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warmes Brötchen aus dem Brotkorb, riß es auseinander, schob sich einen Fetzen nach dem anderen in den Mund.

    »Sie haben einen gesegneten Appetit«, bemerkte er, obwohl sein Blick noch in eine andere Richtung ging.
    »Ich war immer eine gute Esserin.«
    »Ihre Mutter hat Ihnen wohl immer gesagt, Sie müßten alles aufessen, was auf dem Teller ist?«
    »Das brauchte sie gar nicht.« Jess schluckte hinunter und riß sich noch ein Stück von dem Brötchen ab.
    »Sie müssen einen hohen Grundumsatz haben.«
    »Ich habe festgestellt, daß ein hysterischer Anfall dann und wann das Gewicht unten hält«, erwiderte Jess. Sie schob sich das Brot in den Mund und fragte sich, warum sie beide so befangen miteinander waren. Sie waren lockerer miteinander umgegangen, als sie einander praktisch fremd waren. Jedes neue Zusammentreffen schien sie steifer und verkrampfter anstatt lockerer zu machen. Als ob sie einer emotionellen Totenstarre erlägen.
    »Ich mag das Wort hysterisch nicht«, sagte er nach einer langen Pause.
    »Was gibt’s daran nicht zu mögen?«
    »Es hat so einen negativen Beigeschmack«, erklärte er. »Mir gefällt energisch besser.«
    »Glauben Sie denn, daß das dasselbe ist?«
    »Zwei Seiten derselben Medaille.«
    Jess ließ sich das durch den Kopf gehen. »Ich weiß nicht recht. Ich weiß nur, daß mir, seit ich ein kleines Mädchen war, ständig gesagt wurde, ich solle lockerer werden.«
    »Und das hat natürlich das negative Bild, das Sie von sich als einer hysterischen Person hatten, nur verstärkt.« Jetzt endlich sah er ihr direkt in die Augen. Die Intensität seines Blicks erschreckte Jess beinahe. »Wenn einem die Leute sagen, man soll lockerer werden, dann heißt das gewöhnlich, daß sie diejenigen sind, die mit Ihrer Energie Probleme haben. Aber Ihnen haben sie die Schuld zugewiesen. Geschickt, wie?«

    »Wieder eine Ihrer interessanten Theorien.«
    »Sie wissen doch, ich bin ein interessanter Bursche.«
    »Und wieso verkaufen Sie dann Schuhe?«
    Er lachte. »Stört es Sie, daß ich Schuhe verkaufe?«
    »Warum sollte es mich stören?«
    »Tatsache ist, daß ich gern Schuhe verkaufe«, sagte er. Er schob seinen Stuhl zurück und streckte seine langen Beine neben dem Tisch aus. »Ich fange jeden Morgen um zehn Uhr an und höre um sechs Uhr auf. Außer donnerstags. Donnerstags fange ich um eins an und gehe um neun Uhr nach Hause. Ich brauche keine Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Ich brauche mich nicht auf den nächsten Tag vorzubereiten. Keine Hetze, keine Verantwortung. Ich gehe morgens in den Laden; ich verkaufe Schuhe; ich gehe nach Hause.«
    »Aber ist es nicht furchtbar frustrierend, wenn jemand sich stundenlang von Ihnen bedienen läßt und dann nur mit einem Paar Schuhe aus dem Laden geht oder vielleicht sogar ohne irgend etwas gekauft zu haben.«
    »Das macht mir nichts aus.«
    »Arbeiten Sie denn nicht auf Provision?«
    »Teils Gehalt, teils Provision, ja.«
    »Dann geht es aber doch um Ihren Lebensunterhalt.«
    Er zuckte die Achseln und richtete sich auf. »Ich bin ein guter Verkäufer.«
    Jess blickte zu ihren Füßen hinunter, die warm in den neuen Winterstiefeln steckten. »Das kann ich bestätigen.« Es tat ihr gut, als er lächelte. »Und was ist mit dem Geist?«
    Er schien sie nicht zu verstehen. »Wie meinen Sie das?«
    »Sie sind offensichtlich ein sehr intelligenter Mann, Mr. Stohn. Es kann doch geistig nicht sehr anregend sein, den ganzen Tag Schuhe zu verkaufen.«
    »Im Gegenteil. Ich habe im Rahmen meiner Arbeit den ganzen Tag mit allen möglichen gescheiten und interessanten Leuten zu
tun. Die liefern mir alles, was ich in diesem Abschnitt meines Lebens an geistiger Anregung brauche.«
    »Und in welchem Abschnitt Ihres Lebens befinden Sie sich genau?«
    Er zuckte die Achseln. »Das weiß ich selbst nicht.«
    »Wo haben Sie studiert?«
    »Wer sagt, daß ich studiert habe?«
    »Ich.«
    Er lächelte, eine offensichtliche Anstrengung. »An der Loyola-Universität.«
    »Sie haben an der Loyola-Universität studiert und sind jetzt Schuhverkäufer?«
    »Ist das in Cook County ein Verbrechen?«
    Jess spürte, wie sie rot wurde. »Entschuldigen Sie. Ich wirke wohl ziemlich arrogant.«
    »Sie wirken wie eine Staatsanwältin.«
    »Autsch.«
    »Erzählen Sie mir was von diesem Armbrustmörder«, sagte er, plötzlich das Thema wechselnd.
    »Wie?«
    »Ich habe Ihre Heldentaten die ganze Woche in der Zeitung verfolgt.«
    »Und was meinen Sie?«
    »Ich meine, Sie werden gewinnen.«
    Sie

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