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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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ein notorischer Schürzenjäger.“ Elaine verteilte Creme in Carols Gesicht und begann, sie so unsanft einzumassieren, dass es wehtat. „Es ist eine Frage des Stolzes für ihn“, fuhr sie fort. „Wenn er eine gut aussehende Frau sieht, muss er sie seiner Trophäensammlung hinzufügen. Ich sage Ihnen das nicht gern, aber ich finde, Sie sollten es wissen.“
    Carol fühlte sich zunehmend unbehaglich in Elaines Gegenwart. „Wie kommen Sie darauf, dass der barone an mir interessiert sein könnte?“
    „Keine Ahnung.“ Die Maskenbildnerin wandte den Blick ab. „Ein neues Gesicht, eine neue Herausforderung. Die Art, wie er Sie angesehen hat, als ich gestern die Perücke brachte.“
    Carols Herzschlag beschleunigte sich. „Wie hat er mich denn angesehen?“ Die Worte waren heraus, bevor sie sie zurückhalten konnte. Ein Ausdruck boshafter Genugtuung huschte über Elaines Gesicht.
    „Ungefähr so“, antwortete sie, „wie ein Raubvogel, der im Begriff ist, sich auf ein ahnungsloses Täubchen zu stürzen.“
    „Danke für die Blumen“, gab Carol ironisch zurück. Warum liegt Ihnen so viel daran, mich zu warnen? wollte sie weiterfragen, doch draußen ertönte erneut ein wütendes Brüllen, und Kate steckte ihren Kopf zur Wohnwagentür herein.
    „Los, beeilt euch“, rief sie. „Sonst gibt’s hier ein Blutvergießen. Varelle hat gerade den Kameramann zur Schnecke gemacht wegen der Totalaufnahmen von den Galeeren. Kann mir ein Mensch sagen, warum wir für diesen Besessenen arbeiten, wenn wir genauso gut einen friedlichen Job haben könnten, im Straßenbau zum Beispiel, oder als Raubtierdompteure?“
    „Worüber regt er sich jetzt wieder auf?“, wollte Elaine wissen und bändigte Carols Haar mit einem breiten, eng sitzenden Band. „Wen hat er nun am Wickel?“
    „Carlos. Varelle hat ihn beim Pokern erwischt. Er fegte die Karten vom Tisch und schrie Carlos an, wenn er einen Priester spielt, solle er sich auch wie einer benehmen und lieber beten. Carlos ist stinksauer. Aber egal, sieh zu, dass du mit der Perücke fertig wirst, und dann bring sie zu mir in den Garderobenwagen.“
    Als Carol kurze Zeit später zwischen den Reihen von Kostümen stand, staunte sie über die Geschicklichkeit, mit der Kate ihr das starre, einengende Mieder zuschnürte und die weiten Unterröcke um ihre Taille befestigte. Genau wie das Hemd mit den weiten, langen Ärmeln, das Carol unter dem Mieder trug, waren sie aus apricotfarbenem Seidenmaterial gefertigt. Kate half ihr in das Übergewand aus rostrotem Brokat, dessen glockenförmiger Rock steif genug war, um von alleine zu stehen, und richtete die hohen Spitzen des Kragens, sodass sie Carols Gesicht wie zwei Flügel umrahmten. Sie zupfte die Längsschlitze in den prächtig gearbeiteten Ärmeln zurecht, damit sie den Blick auf die blass schimmernde Seide des Hemdes freigaben.
    „Nun noch die bestickten Handschuhe“, sagte sie. „Den Schleier lege ich Ihnen später an, sonst sehen Sie nicht, wo Sie hinlaufen. Sie bieten einen fantastischen Anblick. Hoffen wir nur, dass Seine Exzellenz das auch findet.“
    Varelle stand am äußersten Ende einer Klippe, die schroff zum Meer hinabstürzte. Der Regisseur wirkte so aufgeräumt wie der Göttervater, der im Begriff war, Blitze zu schleudern. Er blickte auf die Straße hinab, die sich in scharfen Haarnadelkurven zur Küste schlängelte. Als er bemerkte, dass Kate und Carol auf dem Weg zu ihm waren, winkte er sie mit einer ungeduldigen Geste zu sich.
    „Sehen Sie sich diese Straße an“, sagte er an Carol gewandt. „Lassen Sie einen Moment auf sich wirken, wie sie sich den Berg hinunterwindet.“ Carol tat, wie ihr geheißen, und Varelle dämpfte seine Stimme zu einem Flüstern. „Und nun schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich sechstausend Menschen vor. Junge. Alte. Frauen. Männer. Kinder. Gesunde und Kranke. Sie alle werden diesen steilen, steinigen Weg hinuntergetrieben wie Schafe. Zu den Galeeren, die sie für immer von hier fortbringen. Sechstausend Menschen! Können Sie sie sehen? Nein, lassen Sie Ihre Augen geschlossen. Es ist ein Strom der Elenden. Eine Flut verängstigter, besiegter Adliger, Bauern und Fischer. Sehen Sie sie?“
    Carol nickte, ganz im Bann seiner hypnotischen Stimme. Sie glaubte beinah, die Schreie der Eroberer zu hören, wie sie ihre menschliche Kriegsbeute zu den Schiffen peitschten.
    „Und nun öffnen Sie Ihre Augen“, befahl Varelle. „Was sehen Sie?“
    „Nichts“, sagte Carol

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