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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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wahrheitsgemäß.
    „Exakt.“ Der Regisseur nickte zufrieden. „Nicht einen einzigen der Bauern. Keine wehklagenden Frauen. Kein schreiendes Kind. Ich brauche keine sechstausend Menschen“, fuhr er fort. „Das würde mein Budget ohnehin sprengen. Dreihundert reichen mir. Aber, wo zum Teufel, sind diese dreihundert?“
    Dann fiel sein Blick auf den Hauptdarsteller. „Antonio!“, rief er. „Mein tapferer Piratenkapitän. Ich habe meinen Helden, ich habe die richtige Partnerin für ihn, ich habe die Seeleute – wenige, aber genug –, das Licht ist perfekt und konkurrenzlos schön.“ Er schwieg. „Aber wo sind meine Menschenmengen?“
    Tony zog seine juwelenbesetzten Handschuhe glatt.
    „Mein geschätzter Regisseur, fragen Sie den barone, nicht mich“, erwiderte er gelassen. „Wegen der Komparsen haben Sie mit ihm verhandelt. Das ist sein Bier, nicht meins.“
    „Nicolas, natürlich.“ Varelle und wirbelte auf dem Absatz herum. „Ich rufe ihn an, dass er kommen soll.“
    „Warum hat mich keiner daran erinnert, dass Volksfest ist?“, beschwerte sich Varelle, als er zehn Minuten später zurückkam. „Am zweiten Maiwochenende wird auf der ganzen Insel gefeiert. Es gibt Festzüge und Feuerwerk. In den Straßen wird getanzt, die Hälfte der Inselbewohner verkleidet sich, und die andere Hälfte findet sich als Zuschauer ein.“
    „Also drehen wir heute keine Massenszenen mehr“, stellte Tony fest. „Was machen wir stattdessen?“
    „Nicolas hat uns zum Lunch eingeladen“, sagte Varelle. „Uns alle. In seinem palazzo.“
    „Da können wir uns doch glücklich schätzen.“ Tonys Antwort klang ausgesprochen sarkastisch.
    „Hey“, wies Kate ihn in die Schranken. „Ich betrachte das als eine Ehre. Und ich wollte schon immer sehen, wo er lebt. Ich glaube, es ist ein großartiges Haus.“
    Carol wusste nicht, was sie erwartet hatte – eine düstere, bewehrte Festung, die auf einer felsigen Landzunge thronte, vielleicht auch eine gotische Burg mit Türmchen und Zinnen, aber Nicolas’ Heim war keines von beiden.
    Sie fuhren über unebenes Gelände, das von Wildblumen übersät war, und kamen auf eine Landstraße, die an Reihen stachliger Kaktusfeigen entlangführte. Schließlich erreichten sie ein offenes Tor, flankiert von eindrucksvollen Pfosten, auf deren verwitterten Steinen ein Wappen sichtbar war. Sie bogen in die Auffahrt ein, und als sie das Ende des schmalen Fahrwegs erreichten und den palazzo erblickten, war es wie eine Offenbarung.
    Die ausgebleichten rosafarbenen Mauern des alten Gebäudes waren überwuchert von Kletterpflanzen. Blühende Bäume erhoben sich vor einem Torbogen, dessen schmiedeeiserne Gittertüren einladend offen standen und ihnen den Weg durch den Innenhof zum Eingang wiesen, wo der Wagen hielt und alle ausstiegen.
    Nicolas erwartete seine Gäste am oberen Ende der Treppe. Während sie die ausgetretenen Steinstufen erklommen, schweifte sein Blick über die gesamte Filmcrew und blieb schließlich an Carol hängen. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, und hoffte, dass es keinem von den andern auffallen würde. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass ihr das Herz bis zum Halse klopfte.
    „Darf ich Sie in meinem Haus willkommen heißen“, begrüßte Nicolas sie. Er führte sie durch eine Flucht von Räumen, jedoch in einem solchen Tempo, dass Carol nur flüchtige Eindrücke wahrnahm – von langsam rotierenden Ventilatoren an hohen Decken, Porträts in vergoldeten Rahmen, schimmernden Überwürfen auf Sesseln, polierten Tischen, riesigen Blumenvasen, Marmorfußböden und hohen französischen Fenstertüren, die auf eine weitläufige Terrasse hinausgingen, auf deren Steinfliesen die Sonne gefleckte Muster malte.
    Ein Tisch, der beinahe vom einen Ende bis zum andern reichte, war dort aufgestellt. Mit dem weißen Tafeltuch und dem feinen Porzellan, dem schweren Silberbesteck, den Kristallgläsern und üppigen Blumendekorationen schien er zu einem Bankett einzuladen. Nachdem Nicolas sie platziert hatte, erschienen zwei Bedienstete und füllten die Gläser.
    „Monsieur Varelle“, wandte er sich an den Regisseur, „es tut mir leid um den verschwendeten Drehtag, aber es ist undenkbar, dass meine Landsleute am Volksfest arbeiten.“
    Varelle zuckte mit den Schultern. „Und mir“, er setzte eine bedauernde Miene auf, „tut es leid, dass ich davon ausging, nichts könne wichtiger sein als mein Film. Trotzdem frage ich mich natürlich, warum die Komparsen mir nicht gesagt

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