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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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ihres Lebens erlebte, und Nicolas blieb die ganze Zeit an ihrer Seite. Er war aufmerksam, stolz und besitzergreifend und behütete sie wie ein erlesenes Kleinod, das er lange gewollt und allen Widrigkeiten zum Trotz für sich erkämpft hatte.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, leuchteten die Lampions in den blühenden Bäumen, und die Musiker marschierten die Steinstufen zur Terrasse hinauf und sammelten sich im Salon.
    „Es ist Zeit, den Tanz zu eröffnen“, sagte Nicolas. Carol sah zu ihm auf, und sein brennender Blick raubte ihr den Atem.
    Im großen Salon des palazzo hatte man die Teppiche von dem spiegelblanken Marmorboden entfernt. Später hätte Carol nicht mehr sagen können, wie lange der Tanz gedauert hatte, ob Minuten oder Stunden. Alles, was sie wusste, war, wie sicher und fest Nicolas sie hielt – und wie sacht. So als berühre er eine empfindliche Blüte. Sie staunte, dass ein Mann seiner Statur derart leichtfüßig sein konnte.
    Es war wunderbar, auf dem Marmorfußboden zu tanzen, und der Champagner tat seine Wirkung. Sie schwebten, wirbelten, drehten sich und schwebten erneut. Aber es war Nicolas, der das Erlebnis unvergleichlich werden ließ. Mit seiner kraftvollen Anmut und seiner spürbaren Freude an der Bewegung versetzte er Carol in einen nahezu rauschhaften Zustand.
    Wenn sie sich ihm so nahe fühlte wie in diesem Moment, schien es ihr sogar denkbar, dass er sie liebte. Dass sie eine richtige Ehe führen und miteinander glücklich werden könnten.
    „Nun, meine Liebste“, fragte er sie mit einem ironischen kleinen Lächeln. „Ist diese Hochzeit ein wenig mehr nach deinem Geschmack als die letzte?“
    Carol legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihm auf. Sie schlug einen leichten Ton an, obwohl sie sich verletzlicher fühlte, als ihr lieb war. „Das ist sie. So sehr, dass du eine perfekte Entschuldigung hast, unseren Hochzeitstag zu vergessen.“
    Nicolas lachte.
    „‚Zu lieben und zu ehren‘“, zitierte er die Trauungsformel. „Beinahe wie das Motto auf unserem Familienwappen: ‚Was ich mein Eigen nenne, ist mir lieb und teuer‘. Mit wie vielen Hochzeitstagen rechnest du? Dreißig, vierzig, fünfzig? Wir sind beide jung und gesund. Das zu demonstrieren war übrigens eine wichtige Funktion des Tanzens in früheren Zeiten.“
    „Ich dachte, es wäre eher darum gegangen, dass den Leuten ein wenig wärmer wird in diesen zugigen alten Burgen. Und dass man etwas Unterhaltung hatte, da das Fernsehen ja noch nicht erfunden war.“
    „Nur zum Teil“, erwiderte Nicolas lächelnd. „Es war in erster Linie eine Art Werbemaßnahme, bei der die Frau vorführte, was sie zu bieten hatte. Ihr Vater feilschte über die Mitgift, aber sie musste ihre körperlichen Vorzüge präsentieren. Wenn sie zu tanzen verstand, war das ein Zeichen für ihre Vitalität und dafür, dass sie im Ehebett gut sein würde.“
    Er hielt sie ein Stück von sich ab und ließ seinen amüsierten Blick über sie gleiten. Sehr zu ihrem Verdruss spürte Carol, dass ihr die Hitze in die Wangen stieg.
    „Wie glücklich ich mich schätzen kann“, sagte er. „Eine errötende Braut! Bedeutet das etwa, dass du ebenfalls dieser Meinung bist?“
    „Um Himmels willen, nein“, protestierte Carol lebhaft. „Genauso könnte man behaupten, dass zwei Leute, die gut miteinander tanzen, auch im Alltag gut miteinander auskommen.“
    „Und wir beide tanzen hervorragend miteinander, meine zweifach angetraute Ehefrau, meine bezaubernde Kalypso“, gab Nicolas zurück und wirbelte sie geschickt in Richtung der offenen Fenstertüren und auf die menschenleere Terrasse.
    Carol senkte den Blick. Sie hatte Angst, dass er in ihren Augen lesen würde, wie sehr sie ihn liebte und wie sehr sie sich danach sehnte, dass er ihre Gefühle erwiderte.
    „Eine sittsame Ehefrau“, sagte er und lachte leicht. „Es gibt Gelegenheiten, da ist Sittsamkeit angebracht, aber nicht jetzt. Komm. Es ist Zeit, das Fest zu verlassen. Wenn wir noch bleiben, werden die Gäste sich fragen, warum wir überhaupt geheiratet haben.“
    „Einfach so? Ohne uns zu verabschieden?“
    „Ja“, antwortete Nicolas. „Wir sparen uns die Verabschiedungen. Ich habe meiner Mutter Bescheid gesagt, das genügt.“
    Er nahm ihre Hand und führte Carol durch einen Durchgang in der hohen Steinmauer, die den Garten umgab. Auf dem schmalen Fahrweg dahinter stand der rote Sportwagen im Mondschein, unter einem funkelnden Sternenzelt. Sie stiegen ein, und eine Minute später hatten sie

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