Schau mir ins Herz
den Verlobungsring zu verkaufen, den ich mit so viel Sorgfalt für dich ausgesucht habe?“ Er sah sie von der Seite her an, und Carol wandte den Blick ab. „Meine Liebe, wenn du irgendetwas benötigst, musst du es nur sagen, und ich kaufe es dir.“
„Mein Flugticket nach England etwa?“
Nicolas antwortete nicht. Stattdessen brachte er den Wagen am Straßenrand zum Stehen und drehte sich zu ihr um. Eine Hand lag auf dem Lenkrad, den anderen Arm hatte er über die Lehne des Beifahrersitzes gelegt, ohne Carol jedoch zu berühren.
„Sieh mich an“, verlangte er ruhig und sah ihr fest in die Augen, als sie es tat. „Und nun sag mir eins: Findest du die Aussicht, mit mir verheiratet zu sein, wirklich so unerträglich?“
Es war kein Spott in seiner Miene zu lesen und keine Überheblichkeit, weder Triumph noch Verachtung, und Carol erkannte, dass sie nicht einfach kampflustig „Ja“ antworten konnte. All die Dinge, die sie durcheinanderbrachten – ihre Angst vor der Zukunft, ihr Bedauern über das, was in der Vergangenheit passiert war, die Frage, was sie für Nicolas empfand, und er für sie –, schienen plötzlich unwichtig unter dem eindringlichen Blick seiner dunklen Augen.
Nein, wenn sie ehrlich mit sich selbst war, musste sie Nicolas gestehen, dass sie die Vorstellung, mit ihm verheiratet zu sein, alles andere als unerträglich fand.
Doch sie konnte es nicht, jedenfalls nicht jetzt. Sie hob ihr Kinn. „Es gibt schlimmere Schicksale.“
„Danke.“ Seine Mundwinkel zuckten.
„Du bist wohlhabend“, fuhr Carol fort. „Du besitzt Ländereien und Häuser. Du verfügst über einen ausgeprägten Familiensinn. Was für Einwände könnte ich vorbringen?“
„Keine“, erwiderte er. Ohne Vorwarnung packte er sie bei den Schultern, beugte sich über sie und küsste sie mit einer Leidenschaft, die Carol erstaunte und erschreckte. Es überraschte sie, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, dass er es tat, und sie war erschüttert über die unerwartet heftige Reaktion ihres Körpers, der Nicolas mit jeder Faser begehrte. Ich liebe dich, wollte sie sagen. Und ich will nichts mehr, als dass du mich liebst.
Als er sie schließlich losließ, war sie zu aufgewühlt, um zu sprechen.
„Das ist alles, was ich wissen musste“, sagte Nicolas ruhig. „Ich glaube, wir werden das gut hinbekommen als Ehepaar.“
Und so kam es, dass Carol ein weiteres Mal vor einem hohen Spiegel stand und zusah, wie ihr ein Brautschleier angelegt wurde. Ta Dentella arrangierte das üppige Spitzenmeer, sodass es ihr in weichen Falten über die Schultern fiel. Und diesmal trug Carol ihr eigenes Hochzeitskleid aus schimmernder cremefarbener Seide.
„Dieser Schleier ist sehr, sehr alt“, sagte Ta Dentella und fuhr liebevoll mit ihren Fingern über das zarte Gespinst. „Er ist ein Familienerbstück, und traditionell trägt ihn die Braut des ältesten Sohnes.“
„Ich habe Angst, dass ich ihn bei der geringsten Bewegung zerreiße.“
„Er mag empfindlich aussehen“, räumte die alte Frau ein. „Aber Spitze ist widerstandsfähig, und die Zeit kann ihr nichts anhaben.“ Ta Dentella lächelte. „Darin gleicht sie der Liebe einer Frau.“
Carol holte tief Luft. Dann stellte sie die Frage, die ihr seit Langem auf der Seele brannte.
„Nicolas hätte beinahe schon einmal geheiratet. Stimmt das?“
Ta Dentella nickte bedächtig. „Eine entsetzliche Geschichte. Niemand wagt, darüber zu sprechen. Aber Sie haben ein Recht, sie zu erfahren, darum ich werde sie Ihnen erzählen.“
Carol wartete, und nach einer Weile fuhr die alte Frau fort: „Sie lief fort. An ihrem Hochzeitstag. Und Nicolas …“ Ta Dentella zögerte und verstummte.
„Wer war sie?“, fragte Carol sanft.
„Paula Hametta, die Tochter eines Nachbarn. Sie und Nicolas kannten sich von klein auf. Sie waren beide so jung, so verliebt … so schien es zumindest …“ Ta Dentellas Blick glitt in die Ferne.
„Was ist schiefgegangen?“
„Es war ein Amerikaner, sehr selbstsicher, sehr reich. Ein Freund von Nicolas. Sie hatten gemeinsam studiert. Er kam zu Besuch nach Gozo, und die drei jungen Leute unternahmen alles gemeinsam. Gingen schwimmen, tanzen, segeln, hörten Musik. Sie hatten viel Spaß zusammen und waren glücklich. Aber Nicolas … er hat nicht gemerkt, dass Paula sich in seinen Freund verliebte. Vielleicht merkte sie es selbst nicht, bis es zu spät war. Oder wollte es sich nicht eingestehen. Und dann kam der Hochzeitstag, und der Amerikaner hatte
Weitere Kostenlose Bücher