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Schau mir ins Herz

Schau mir ins Herz

Titel: Schau mir ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Hope
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Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn Carol und Nicolas miteinander allein waren, begegnete er ihr mit förmlicher Höflichkeit, und sie reagierte mit einer kühlen Gleichgültigkeit, die seiner in nichts nachstand, sie sogar übertraf.
    „Wie war dein Tag?“, pflegte er zu fragen. „Zufriedenstellend? Findest du es nicht zu langweilig, Baronessa de Comino zu sein?“
    „Ganz und gar nicht“, erwiderte Carol dann leichthin und gab eine amüsante Darstellung ihrer Aktivitäten mit Tante Lucia, die ihm, ohne dass er es wollte, ein Lächeln entlockte. Im Gegenzug erzählte Nicolas ihr, dass er mit seinem Bewässerungsprojekt vorankam, worauf sie mit einem gleichgültigen „Ach ja?“ antwortete, das ihn verstummen ließ. Tatsächlich hätte Carol ihm gern Dutzende von Fragen gestellt und seinen begeisterten Antworten gelauscht … so, wie es einmal für einen kurzen Moment möglich erschienen war.
    Carol hatte sich vorgenommen, ihm zu zeigen, dass er ihr gleichgültig war. Doch ihr trotziger Plan war nur teilweise erfolgreich. Es gelang ihr womöglich, Nicolas zu überzeugen, aber sich selbst konnte sie nicht belügen. Sie lebte mit ihm unter einem Dach und wünschte sich sehnlichst, dass es anders zwischen ihnen wäre.
    Die ständige Anstrengung, ihre Gefühle in Schach zu halten, begann, sich auf ihre Gesundheit auszuwirken, jedenfalls nahm Carol das an. Womöglich lag es auch an der Hitze, dass sie sich oft schwindlig fühlte und dass ihr manchmal sogar regelrecht übel war.
    Anna bemerkte, dass die junge baronessa Anzeichen von Erschöpfung zeigte, wenn sie sich für keinen ihrer Menüvorschläge begeistern konnte und ihr die Entscheidung überließ.
    Und Tante Lucia fielen die Schatten unter Carols Augen auf. Sie riet ihr, sich keinesfalls vom Eheleben mit Nicolas überanstrengen zu lassen. „Spar dir deine Kraft für unser Projekt“, ordnete sie an. „Ich brauche ein paar neue Einfälle von dir.“
    Carol versuchte, ihre Lethargie zu überwinden, und begann, Ausflüge zu all den Orten zu machen, an denen sie mit Nicolas gewesen war.
    Sie fühlte sich nicht sehr glücklich dabei. Als sie die antiken Salzpfannen von Marsalforn wiedersah, waren sie ausgetrocknet – so, wie es ihre Gefühle für Nicolas auch irgendwann einmal sein würden, wie sie hoffte. Die dunkle, abweisende Silhouette des Fungus Rock erschien ihr wie ein Symbol für Nicolas’ Unerreichbarkeit. Er lebte mit ihr zusammen und hätte doch Lichtjahre entfernt sein können, so viel, wie sie miteinander zu tun hatten.
    Einmal, in Victoria, sah sie ihn zufällig. Er sprach mit jemandem in einem Auto, und der Art und Weise nach zu urteilen, wie er lächelte, musste die Person eine Frau sein. Als der Wagen anfuhr, erkannte sie Julia Gauci d’Elvidia auf dem Fahrersitz. Auch sie lächelte.
    Carol betete, dass keiner der beiden sie bemerkt hatte, und floh in die Kathedrale, wo sie sich einer Touristengruppe anschloss, die das berühmte Deckengemälde besichtigte.
    „Es ist keine echte Kuppel“, erklärte der Fremdenführer. „Dafür fehlte das Geld. Stattdessen ließ man einen italienischen Maler kommen, der dieses Gemälde schuf, das dem Betrachter vortäuscht, er stünde unter einer Kuppel.“
    „Es sieht so realistisch aus“, meinte einer der Touristen bewundernd.
    Der Fremdenführer lächelte. „Aber es ist ein Trugbild.“
    „Ein geschickter Schwindel.“ Carol fuhr zusammen, als sie Nicolas’ Stimme hinter sich hörte. Offenbar hatte er sie doch gesehen und war ihr gefolgt.
    „Wie so vieles im Leben“, entgegnete Carol leichthin und wandte sich um. „Ehen zum Beispiel. Von außen wirken sie erfüllt, aber bei näherer Betrachtung erkennt man, dass sie nur Fassade sind.“
    Für den Bruchteil einer Sekunde schien es ihr, als habe sie einen Nerv getroffen. Sie glaubte, eine Gefühlsregung in seinen Augen zu erkennen, doch im nächsten Moment hatte er sich bereits wieder im Griff.
    „Du als jemand, die sich mit derlei Dingen auskennt, musst es wohl wissen.“
    „Derlei Dingen?“, gab Carol zurück. „Sprichst du von Gemälden, Fälschungen oder Ehen?“
    „Das zu entscheiden, überlasse ich dir.“ Nicolas zuckte die Schultern und fragte übergangslos: „Hast du mich vorhin nicht gesehen, oder wolltest du mir aus dem Weg gehen?“ Er erwähnte seine Begegnung mit Julia mit keiner Silbe, und Carol war zu stolz, um ihn darauf anzusprechen.
    „Weder noch“, sagte sie gleichmütig. „Die Hitze hat mir zugesetzt, und hier drinnen

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