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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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einem Wohnungs- oder Zimmerbrand erwarten würde. Wie dem auch sei - Menschenrettung ist unsere oberste Aufgabe, die Wohnung musste nach Valeska und Georg durchsucht werden, später würden wir uns um den Brandherd kümmern. »Hallo, Valeska, Georg, wo seid ihr?«, brüllte Jupp gedämpft durch seine Atemschutzmaske. Diesmal keine Antwort. Ein wenig fühlte ich mich ans Versteckspiel in Kindertagen erinnert. Weil unser Tanzpaar meistens nachtaktiv war, vermuteten wir die beiden zu dieser Uhrzeit im Schlafzimmer. Uns war der Grundriss der Wohnung ja bestens bekannt, wir brauchten nicht lange zu suchen: Durch den kleinen Flur, vorbei an den lebensgroßen Postern von südamerikanischen Tangoprofis und dann links - die Tür war nur angelehnt. Ein Stoß mit der Axt, und sie war offen. Auch hier eine Mischung aus Rauch und Nebel. Durch das Öffnen der Wohnungstür und die gekippten Fenster war ein Sog entstanden, sodass langsam die Sicht klarer und eine Silhouette erkennbar wurde. Da stand Georg. Halb gekrümmt und hustend, als würden seine Lungenlappen gleich einen Weg nach draußen finden, fuchtelte er mit einer Zimmergießkanne herum, aus der er sinnlos Wasser auf das Bett verteilte. Georg war am Ende seiner Kräfte. Seine Löschversuche waren nicht nur sinnlos, sondern auch in hohem Maße lebensgefährlich. Es kokelte zwar lediglich das Bett, aber mit der Daunenfüllung in Kissen und Decken hatte es ordentlich geraucht. Mit zwei Sprühstößen aus unserem Strahlrohr war die Feuersbrunst schnell gelöscht. »Wo ist Valeska?«, brüllte ich Georg an. Er war nicht in der Lage zu antworten, permanentes Husten hinderte ihn daran, sich in irgendeiner Form zu artikulieren. Wild fuchtelte er mit den Armen und deutete immer wieder ins Schlafzimmer, aber offensichtlich war seine Tanzmaus nicht im Schlafgemach gewesen, als das Feuer ausgebrochen war. Wir durchsuchten auch den mittlerweile fast rauchfreien Rest der Wohnung, aber keine Spur von Valeska. Mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung brachten wir Georg ins Freie und übergaben ihn dem Rettungsdienst. Gerd kam auf uns zu: »Und, wie sieht es aus?« Wir zogen unsere Atemschutzmasken, in Fachkreisen auch »Schnüffelstück« genannt, aus, um uns besser unterhalten zu können. Kommunikation unter Atemschutz, am besten noch mit Funkgerät, ist manchmal wie »Stille Post« im Kindergarten. »Brandherd war wohl isoliert auf das Bett, Ursache unklar, Georg haben wir gerade noch rechtzeitig bei Löschversuchen gefunden, von Valeska keine Spur«, fasste Jupp unsere bisherigen Erkenntnisse zusammen. »Gut, dann gehen wir noch mal gemeinsam hoch und schauen nach verbliebenen Glutnestern«, sagte Gerd, drehte sich um und war schon auf dem Weg. Im Schlafzimmer angelangt, ließen wir das Chaos kurz auf uns wirken. Alles war vom Rauch gräulich verfärbt. Es herrschte Unordnung: Bier- und Schnapsflaschen lagen herum, ein riesiger Haufen Bettzeug blockierte den freien Zugang zum Bett, ein eingerissenes Poster hing von der Wand, darauf der schöne Satz: »Flieht, ihr Narren - hier wird gefoltert und geköpft.« Schmutzwäsche und verdorrte Zimmerpflanzen waren eine beeindruckende Symbiose eingegangen, kurz, es war richtig gemütlich. Gerd interessierte sich besonders für das Bett. In der Mitte stand eine offensichtlich umfunktionierte Klangschale. Darin befanden sich Reste von Kohlen und Räucherstäbchen, die in Löschwasser schwammen. Um die Schale herum war ein tief in die Matratze eingebrannter schwarzer Kranz. »Da haben wir wohl die Ursache«, mutmaßte Gerd. »Was haben die beiden hier veranstaltet? Heidnische Tanzrituale, Rauchopfer zur Besänftigung der Götter oder was? Ist auch scheißegal, schnapp dir die Axt und hau das Bett kurz und klein und dann noch mal Wasser drauf, ich hab keinen Bock auf irgendwelche Glutnester im Bettgestell oder Parkettboden.« Das brauchte er mir nicht zweimal zu sagen. »Bett kurz und klein schlagen«, wiederholte ich leise mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. Ich war ja nur Befehlsempfänger - schnell war die Feuerwehraxt aus dem Flur geholt. Mit vereinten Kräften wurde die Matratze an die Wand gelehnt, dann begann ich mein zerstörerisches Werk. Der Lattenrost splitterte filmreif, Holzsplitter verteilten sich im gesamten Schlafzimmer, auch der Rahmen des Bettes leistete nur geringe Gegenwehr. Das sind die Momente, in denen Feuerwehrleute wirklich Spaß an der Arbeit haben. Verstehen Sie mich nicht falsch - wir haben das Bett ja nicht

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